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Die Bücherstube: kleine Mitteilungen aus der Bücherstube — 2.1922/​1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.41355#0013
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Oeäsnken rum illustrierten sckönen Kucke

Z

war, wieder zu beleben, d. h. die Arbeit wird geteilt, der Künstler macht seine Zeich-
nung aus den Holzstock oder läßt sie photomechanisch übertragen, ein berufsmäßiger
Holzschneider schneidet danach den Stock. Dem Künstler wird so zwar die manchem
trocken-handwerklig erscheinende Arbeit des Schneidens erspart, dem Holzschnitt aber
das Ursprüngliche genommen. Der „Künstler-Holzschneider" schneidet ja seinen Stock
nicht wie der reproduzierende Holzschneider indem er eine bis ins kleinste ausgeführte
Vorlage sklavisch kopiert, sondern er schafft eigentlich mit dem Messer, im Spiel oder
im Kamps mit dem Holz, ihm ist das Messer das, was dem andern die Feder, die
Materie, das Holz, bestimmend für das Gepräge des Bildes. Darin, in der vom Geist
und von der Hand des Künstlers belebten Art der Wiedergabe, in der unmittelbaren
Verwirklichung des künstlerischen Gedankens, rubt der Zauber eines Originalholz-
schnittes. Die Hand des fremden Holzschneiders, mag sie noch so geschickt sein, beein-
flußt wegen der Unzulänglichkeit des Menschen als aussüyrende Maschine immer,
mehr oder weniger, den Ausdruck des Originals.
Die Illustrationen müssen mit dem Buch verwachsen sein, in der aestyetischen Wir-
kung des Zusammenpassens von Schrift und Bild wie in der äußeren Einordnung.
Sie dürfen den Fluß des Textes nicht hemmen, sollen ihn vielmehr ruhig weiter-
leiten. In der Breite und, bei ganzseitigen Bildern, in der Höhe verlangen sie die
genaue Größe des Satzspiegels. Die Rückseite eines Vollbildes leer zu lassen ist Bar-
barei : die große weiße Fläche gegenüber der bedruckten Seite gähnt wie ein Loch.
Das Vollbild gehört doch ebenso wie ein kleineres Textvild in den Block des Buches ;
gibt man ihm statt einer Seite gleich ein ganzes Blatt des Bogens, so fällt es mit
seinem frierenden, unbedeckten Hinterteil heraus. Druckt man die Vollbilder nicht mit
in die Bogen, sondern aus besondere Blätter, gar von anderem Papier und klebt
sie bei, so gibt's kein illustriertes Buch, sondern ein Taselwerk mit Text, bet einem
kräftigen Zugriff flattert es auseinander.
„Vom Künstler mit der Hand ausgemalte Holzschnitte" gelten bei manchem Luxus-
drucke als besondere Auszeichnung, — in einem schwarzen Buche wirken sie wie ein
wehender bunter Schlips zum Frack. Die Anwendung von Farben in einem Buche
ist ein heikel Ding. Farbige Initialen, auch farbige Kapitelüberschriften und Kolumnen-
titel, sind oft ein schöner, unaufdringlicher Schmuck, ausgemalte Bilder sprengen ein
Buch. Wer Wert daraus legt, die Illustrationen eines Buches koloriert zu besitzen,
dem soll sie der Verleger oder der Künstler als ausgemalte Sonderdrucke in einer
Mappe liefern. Ich kann mir aber nicht denken, wie ein Künstler seine Illustrationen
schwarz oder ausgemalt in die Welt gehen lassen kann. Entweder er hat sie schwarz
gedacht, dann verdeckt er mit den Farben die Reize der Zeichnung, oder er hat sie
farbig gedacht, dann bekommt der ärmere Sterbliche, der sich nicht die teure ausge-
malte Luxusausgabe kaufen kann, etwas Falsches. - Bei den Prachthandschristen
des Mittelalters und vielen früheren Holzschnittbüchern beschränkt sich die Farbe nicht
 
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