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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Editor]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 36.1935

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Mülhaupt, Berthold: Burgennachrichten aus der Rheinpfalz
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https://doi.org/10.11588/diglit.35025#0060
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Burgennachrichten aus -er Rheinpfalz.
Von Berthold Mülhaupt, Neustadt (Haardt).

Natürliche und künstliche Bergfriede.


er Wasgau in der Südpfalz und im angrenzenden Elsaß ist das klassische Burgenland Deutsch-
lands. Seit den Zeiten der Merowinger finden sich dort Bergbefestigungen, und die Meister des Burgen-
baues, die Hohenstaufenkaiser, ließen im Wasgau Dutzende von Burgen erstehen.
Aus solchem Grunde können uns die Wasgauer Burgruinen manchen Aufschluß über die Burgen-
geschichte geben. Hier sei auf den Unterschied zwischen natürlichen und künstlichen Bergsrieden hingewiesen,
der sich bei den Wasgau-Burgen feststellen läßt.
Die erste Gruppe der natürlichen Bergfriede ist die ältere und einfachere. Ihre Entstehung ist folgende:
Dem Bedürfnis, für Zeiten der Gefahr sich ein uneinnehmbares Refugium zu schaffen, kamen die hohen steilen
Felsen, die die Wasgaukuppen krönen, geradezu entgegen. Es war nur die Aufgabe zu lösen, Zugang und Aufent-
halt auf solch einem Felsen für die eigenen Leute zu ermöglichen und zugleich dafür zu sorgen, daß dem Feind die
Besteigung einer solchen Felsbefestigung unmöglich wurde. Zu diesem Zweck wurden auf dem Plateau der Felsen
ein oder, je nach den Platzverhältnissen, mehrere Holzhütten oder Steinbauten errichtet. Die auf dem Plateau-
boden solcher Felsbergfriede noch heute sichtbaren, aus dem Fels ausgehöhlten Balkenlöcher beweisen, daß solche
Bauten dort gestanden haben müssen.
Der Zugang zu dem hohen Felsplateau wurde dadurch geschaffen, daß man in einer etwa 8—15 in betragenden
Entfernung vom Erdboden einen Eingang in den Fels schuf und dann durch die Felsmasse hindurch einen Gang in
ansteigender Bogenform oder im Innern des Felsens einen senkrechten Schacht hinauf zum Plateau meißelte. Der
Zugang mußte also mit Leitern erstiegen werden. Es war durch diese Anlage ein leichtes, den Belagerern die Er-
steigung des Zugangs zu verwehren. Der Gang im Innern
des Felsens, der also häufig vom Eingang in Bogenform
hinauf zum Plateau führte, wurde so nahe an der Außen-
wand des Felsens geführt, daß nur noch eine —1 m starke
Mauerschale nach außen stehen blieb. Auf manchen Fels-
bergfrieden brach aus unbekannten Ursachen (Zerstörung,
Verwitterung?) diese Schale stellenweise aus dem Felsen
heraus (so beim Fensterfelsen auf dem Trifels, bei den
Burgen Lützelhardt und Klein-Arnsberg im elsässischen
Wasgau), so daß heute vom Erdboden aus diese Gänge
sichtbar geworden sind.
Da bei dieser Art Bergfriede der Hauptteil, der steil nach
allen Seiten abfallende Felsturm, von der Natur bereits
gegeben war, und die menschliche Hand zum Zwecke der
Schaffung einer Festungsanlage nur nachzuhelfen brauchte,
sind sie hier natürliche Bergfriede genannt.
Die künstlichen Bergfriede der mittelalterlichen
Burgen sind eine Nachbildung der römischen Wachttürme,
der turi-68, die im gesamten von den Römern besetzten ger-
manischen Gebiet errichtet worden sind. Sie stehen auf dem
Erdboden oder auf einen: großflächigen, nur einige Meter
hohen Fels, der aber meist nur als Fundament dient, auf
dem dann der massive (viereckige oder runde) Turm sich
erhebt. Hier ist also an die Stelle des von der Natur ge-
gebenen Felsturms der durch Menschenarbeit künstlich
errichtete Quadersteinturm getreten.
Auf den 3 Bergkuppen des Trifels bei Annweiler in der
Südpfalz finden sich 2 künstliche Bergfriede (auf dem eigent-
lichen Trifels und der Münz) und 4 Felstürme, von denen 3
(Anebos, Fensterfelsen, Münzfelsen) als natürliche Berg-
friede dienten, während der 4. (der Jungturm) unbenutzt
blieb, da seiu nur wenige Quadratmeter breites Plateau
Abb. 88. Fensterfelsen. Natürlicher Bergfried. Ziffer 1 kennzeichnet keinen genügenden Ausenthaltsplatz bot. Hier auf dem
den Eingang. ' Trifels finden sich also natürliche und künstliche Bergfriede.
 
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