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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 14-25 (Februar 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0114
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Dann tiefer ſtets die duͤſtern Wolken ſinken
Und roſig dann der junge Tag erwacht,
Und neue Luſt nun Blüt' und Blumen trinken,
Und Alles glänzt in neuer Lenzes-Pracht:
Da iſt auch Helmar freudig laͤngſt gegangen,
Mit Kraͤnzen die Geliebte zu empfangen.

Schon tönt das Lied der muntern Frühlingsſaͤnger,
Die Hirtenfloͤte ſchallt durch Berg und Thal.
Doch ſchlagen auch des Jünglings Pulſe bänger,
Er zäͤhlet ſie und zaͤhlt ſie abermal.
Kaum haͤlt dem Raſchen die Geduld jetzt laͤnger,
Er träumet ſchon von ſeiner Zukunft Qual:
Da ſchweigt der Hain und ſuß're Laute toͤnen —
Die Holde naht, den Schmerz mit Luſt zu krönen.

Sie ſtrahlt in ihrer Unſchuld lichtem Glanze
Der Lilie gleich, ſo ſchoͤn, ſo rein und klar.
Geſchmuͤckt mit Helmars deutungsvollem Kranze
Wallt lockenreich das blonde Seidenhaar.
Ein hoher Seelenadel hebt das Ganze:
— Denn Schöones wird durch Geiſt erſt ſchon und wahr —
So wird ſie denn des Jünglings zweites Leben,
Und iſt auch ihm in Liebe hingegeben.
Das Höchſte, was die Erde uns gewähret,
Iſt reine Lieb' in edler treuer Bruſt.
Sie iſt es, die das Irdiſche verkläret
Und ahnen laͤßt des Himmels reinſte Luſt.
Wer ſie, die zarte Pflanze, kennt und naͤhret,
Iſt ſich des Beſſern, Goͤttlichen bewußt.
O glücklich, wem das arme kurze Leben
Ein liebend Herz in treuer Bruſt gegeben! —

So hohes Glück, das herrlichſte hienieden,
Läßt kaum dem Buſen unſrer Lieben Raum.
Die ganze Welt duͤnkt ſie ein goldner Frieden,
Die holde Wirklichkeit ein ſchoͤner Traum.
Kein Schwur beſiegelt, was ein Gott beſchieden,
Nur dankend ſchwebt der Blick zum Sternenſaum.
So war das Band geknüpft mit Roſenſchlingen,
Nach dem ſo Viele ach! vergeblich ringen. —
Wie in der Kindheit lieblich ſchoͤnen Zeiten
Ein jeder Morgen neue Luſt gebiert;
So war auch jetzt mit ſtillen Herrlichkeiten
Der Blütentage jeder hold geziert.
Das Ganze war ein ſüßes Wetteſtreiten,
Wo nur gewonnen wird, wenn man verliert.
Ach! daß nicht ewig ſolche Zeit beſchieden!
Der ſchoͤnſte Himmel waͤre dann hienieden.

Doch, wie die Nachtigallen kürzer ſingen,
Daß reizender das Lied uns künftig ſey:
So ſenken ſich der Liebe kuͤhnſte Schwingen
Oft ſchnell, um aufzuſtreben friſch und neu. —
Auch unſern Beiden ſollt' es nicht gelingen,
Daß ungetruͤbt der klare Aether ſey.
Fern ſollte Helmar von der Heimath Frieden;
So hatte es das Schickſal kalt entſchieden.

Als nun genaht des Abſchieds Daͤmmerungen,
Zieht ſanft Erinn'rung ſie zu jenem Hain. —
Wo ihrer Liebe Morgenlied erklungen
An jenem Plaͤtzchen ſoll die Trennung ſeyn.
Hier halten ſie einander feſt umſchlungen,
Hier wollen ſie den fruͤhern Bund erneun.
Doch, ob im Werth auch die Minuten ſteigen,
Nur Schwermuth ſpricht, die bangen Lippen ſchweigen.

Schon naht die Nacht; des Weſtens Feuerblüte
Beleuchtet mild die herbſtliche Natur.
Jetzt wird es in Roſaliens Gemüthe
Auch licht und ſtill. — Nun eilt ſie in die Flur;
Sie ſpaͤht, ob nicht ihr Genius noch hute
Ein holdes Blümchen der Erinn'rung nur:
Da winkt ihr freundlich aus belaubtem Schooße
Gar herrlich eine dreigezweigte Roſe.

Mit zarter Hand bricht ſie das theure Zeichen
— Unendlich werther durch den Augenblick —
Und zweifelnd: ſoll ſie's dem Geliebten reichen?
Schwebt dennoch leichter ſie zu ihm zurück,
„Nein, ſpricht ſie, nein, ſo ſollſt Du nicht entweichen,
„Nimm dies und denke ſein in Sturm und Gluͤck.
„Oft liegt ein hoher Sinn in kleinen Freuden,
„Und wird ein Stern der Hoffnung uns im Leiden.“ —

Der Jungling drückt mit wieder heitern Blicken
Die Roſen kuͤſſend an ſein pochend Herz.
„Roſalie! Dein kindliches Beglücken“,
Sprach er, „verſuͤßt der Trennung bittern Schmerz.
„Die Hoffnung winkt zu ſchönerem Entzücken,
„O, laß vereint uns ſchauen himmelwaͤrts.
„Wie unſre Liebe blüht die Zwillingsroſe,
„Die Knospe birgt der Zukunft heitre Looſe.“ —

„„Ein Sommerlicht hat beide mild erzogen,
„„Ein Boden zart das Blüten-Paar genaͤhrt,
„„Die Knospe hat an gleichem Stamm geſogen;
„„Ob ſie bei treuer Pflege ſich bewaͤhrt? — —
„„Gewiß! Gewiß!““ ſprach ſanfter hingebogen
Zum Braͤutigam die holde Braut verklaͤrt.
„„Wir ſind vereint, kein Schickſal kann uns ſcheiden!““
So ſchieden ſie. — Der Himmel laͤchle Beiden.
Adolf Joſt.

—22— 22 —— — —— — —— — — —. —————

Wer Gott vertraut, feſt auf ihn baut, wird nim-⸗
mermehr zu Schanden.

(ortſetung.)
Nur dem reinen, dem unſchuldigen Menſchen wird mein
Wahlſpruch: „Wer Gott vertraut, feſt auf ihn baut, wird
nimmermehr zu Schanden“ Heil bringen; denn dieſer kennt
die Gefahren des thoͤrichten und verbrechenſchwangern Men-
ſchenlebens, und die Sünde — Gott in Verſuchung fuͤhren
zu wollen; und eben ſo iſt es da, wo menſchliche Klugheit
und Vorſicht, huͤlfreich ins Mittel treten, Frevel, unmit-
 
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