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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nie 25. Sonnabend den W. Februar 184.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die dreigezweigte Roſe.
In jener Jugend zaͤubervollen Tagen,
Wo Spiel und Scherz uns kindlich noch entzuͤckt,
Wo ſanfte Töne heimlich in uns fragen:
Warum der Mai die Flur mit Blumen ſchmückt,
Und wo denn bald uns tauſend Stimmen ſagen:.
„Der Liebe Geiſt iſt's, der das All begluckt.“
In dieſer Zeit voll Luſt und ſußer Traͤume,
Sang Helmar einſt im Schatten kuͤhler Baͤume.
Des Jünglings Bruſt ging maͤchtig auf und nieder;
Dennstraͤumend ſchaut' er ſeines Sehnens Bild: —
Ein holdes Kind im einfach keuſchen Mieder
Den Engeln gleich, ſo freundlich, ſchoͤn und mild. —
Und lauter ſtimmt' entzückt er in die Lieder
Dies Säͤngerchors im bunten Maigefild.
Was ihm die Goͤtter jetzt im Traum vertrauen,
Das will er nun auch ſchon im Leben ſchauen.
Und, kaum geendet, ſchweben Silbertoͤne
In Himmelsmelodieen an ſein Ohr.
Sein Herz ruft laut: „ſo ſingt nur deine Schoͤne!“
— Die Liebe ruft ja Wunder noch hervor. —
Er ſpaͤht umher, ob bald das Gluck ihn kroͤne:
Da oͤffnet ſich der Hoffnung goldnes Thor,
Und, was er nur im Geiſt ſo hold geſehen,
Sieht herrlicher er nun im Leben ſtehen.
Er naht der Jungfrau freudig, doch beſcheiden,
Und, in Bewundrung, ſenkt er ſeinen Blick.
Sie aber, die die Grazien beneiden,
Giebt ihm durch Huld bald ſeinen Muth zurück.
Ihr blaues Aug', die Heimath ſtiller Freuden,
Verkuͤndet ihm der Zukunft hohes Gluͤck: —
Denn wo das Herz zum Herzen ſich gefunden,
Da iſt der Kranz auf ewig auch gewunden. —
Doch, wie in ſtiller Freude heiterm Schooße
Der Tag in ſchnellerm Flug vorüberzieht,
Und fluͤchtiger als in des Thales Mooſe
Das Bluͤmchen an der warmen Bruſt verbluht:
So war auch, unter lieblichem Gekoſe,
Zu ſchnell die Abendroͤthe jetzt ergluͤht.
Die Jungfrau ſchied; — doch lag in ihrem Scheiden
Die Seligkeit von künft'gen ſchoͤnern Freuden. —
Der Juͤngling eilt, halb wachend, halb im Traume,
Durch Thal und Wald, durch Wieſe, Flur und Hain.
Sein Ruf erſchallt zum blauen Himmelsraume:
„Roſalie, die Gottliche, iſt mein!“
Im Sternenlicht graͤbt er an jedem Baume
Den Namen ſeines theuern Maͤdchens ein.
Und, wo er es im Haine juͤngſt gefunden
Vertraͤumt er ſuß des naͤchſten Morgens Stunden.
Als bleicher nun die Sterne endlich blinken,
Und lichter wird die graue ſchwüle Nacht,
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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nie 25. Sonnabend den W. Februar 184.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die dreigezweigte Roſe.
In jener Jugend zaͤubervollen Tagen,
Wo Spiel und Scherz uns kindlich noch entzuͤckt,
Wo ſanfte Töne heimlich in uns fragen:
Warum der Mai die Flur mit Blumen ſchmückt,
Und wo denn bald uns tauſend Stimmen ſagen:.
„Der Liebe Geiſt iſt's, der das All begluckt.“
In dieſer Zeit voll Luſt und ſußer Traͤume,
Sang Helmar einſt im Schatten kuͤhler Baͤume.
Des Jünglings Bruſt ging maͤchtig auf und nieder;
Dennstraͤumend ſchaut' er ſeines Sehnens Bild: —
Ein holdes Kind im einfach keuſchen Mieder
Den Engeln gleich, ſo freundlich, ſchoͤn und mild. —
Und lauter ſtimmt' entzückt er in die Lieder
Dies Säͤngerchors im bunten Maigefild.
Was ihm die Goͤtter jetzt im Traum vertrauen,
Das will er nun auch ſchon im Leben ſchauen.
Und, kaum geendet, ſchweben Silbertoͤne
In Himmelsmelodieen an ſein Ohr.
Sein Herz ruft laut: „ſo ſingt nur deine Schoͤne!“
— Die Liebe ruft ja Wunder noch hervor. —
Er ſpaͤht umher, ob bald das Gluck ihn kroͤne:
Da oͤffnet ſich der Hoffnung goldnes Thor,
Und, was er nur im Geiſt ſo hold geſehen,
Sieht herrlicher er nun im Leben ſtehen.
Er naht der Jungfrau freudig, doch beſcheiden,
Und, in Bewundrung, ſenkt er ſeinen Blick.
Sie aber, die die Grazien beneiden,
Giebt ihm durch Huld bald ſeinen Muth zurück.
Ihr blaues Aug', die Heimath ſtiller Freuden,
Verkuͤndet ihm der Zukunft hohes Gluͤck: —
Denn wo das Herz zum Herzen ſich gefunden,
Da iſt der Kranz auf ewig auch gewunden. —
Doch, wie in ſtiller Freude heiterm Schooße
Der Tag in ſchnellerm Flug vorüberzieht,
Und fluͤchtiger als in des Thales Mooſe
Das Bluͤmchen an der warmen Bruſt verbluht:
So war auch, unter lieblichem Gekoſe,
Zu ſchnell die Abendroͤthe jetzt ergluͤht.
Die Jungfrau ſchied; — doch lag in ihrem Scheiden
Die Seligkeit von künft'gen ſchoͤnern Freuden. —
Der Juͤngling eilt, halb wachend, halb im Traume,
Durch Thal und Wald, durch Wieſe, Flur und Hain.
Sein Ruf erſchallt zum blauen Himmelsraume:
„Roſalie, die Gottliche, iſt mein!“
Im Sternenlicht graͤbt er an jedem Baume
Den Namen ſeines theuern Maͤdchens ein.
Und, wo er es im Haine juͤngſt gefunden
Vertraͤumt er ſuß des naͤchſten Morgens Stunden.
Als bleicher nun die Sterne endlich blinken,
Und lichter wird die graue ſchwüle Nacht,