DOI Kapitel:
No 66-78 (Juni 1824)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0311
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nis 73. Sonnabend den 19. Junj/ 18.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Ferdinands Klage-
Stumm, wie die Nacht,
Will ich nun ſeyn;
Kalt, wie die Leiche,
Hart, wie der Stein.
Die mir ſo hold
Lächelt' und ſüß,
Sie iſt's, die Falſche,
Die mich verſtieß;
Und mir zum Trotz
Frevelnd zertrat
Lieblicher Hoffnung
Keimende Saat! ö
Hoͤhnender Blick 5
Traf mich mit Graus,
Reden, wie Pfeile,
Sandte ſie aus.
Ach, und zuletzt,
Als mir das Wort
Starrte, da hüpfte
Singend ſie fort. —
Alles der Dank,
Daß ich ihr brach
Roſen der Freude
Jeglichen Tag! drhay.
Novelle von Alpin.
Nach kurzer Trennung lag die unlaͤngſt vermahlte Emilie
ſchmeichelnd und koſend am Halſe ihres Gatten, malte ihm
den Himmel ihres zukünftigen Glückes mit allem Zaͤuber der
feurigſten Beredſamkeit und ſuchte die Gramwolken, die
gerade heute an ſeinem acht und zwanzigſten Geburtsfeſt
mehr als je ſeine Stirne umlagerten, zu verſcheuchen. Der
Kriegsrath, ein junger und fuͤr alle Eindrücke des Lebens
ſehr empfaͤnglicher Mann, den aber mehr Convenienz und
die Berechnungen eines verſtaͤndig geordneten Lebens, als
wahre Liebe in Emiliens Arm gefuͤhrt hatten, ſah noch im-
mer ſtill und gedankenvoll vor ſich hin.
Getaͤuſchte Liebe, die bei ſo vielen Jünglingen zuerſt die
Ideale des Wahren, Schoͤnen und Guten truͤbt und endlich
ganz verdunkelt, wirkte zwar auch mit zur menſchenfeind-
lichen Stimmung ſeines ſonſt tiefen und edeln Gemuͤths,
aber mehr noch der Druck ungünſtiger Umgebungen, laͤſti-
ger Verhaͤltniſſe. Durch widrige Geſchicke an einen Platz
geſetzt, wo er nach ſeinem eignen Gefuͤhl nur Unbedeuten-
des wirken konnte, weil ihm die Luſt, der erſte und hef-
tigſte Drang zu jeder Unternehmung im Geſchaͤftleben fehlte;
überſann er im Geiſt die Plane ſeiner Juͤnglingsjahre; er
fand getraͤumte Thaten — zerplatzte Seifenblaſen!
Emilie, welche nur zu bald ſeine Verſtimmung und den
daraus fließenden Ernſt düſterer Schwermuth bemerkt
Nis 73. Sonnabend den 19. Junj/ 18.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Ferdinands Klage-
Stumm, wie die Nacht,
Will ich nun ſeyn;
Kalt, wie die Leiche,
Hart, wie der Stein.
Die mir ſo hold
Lächelt' und ſüß,
Sie iſt's, die Falſche,
Die mich verſtieß;
Und mir zum Trotz
Frevelnd zertrat
Lieblicher Hoffnung
Keimende Saat! ö
Hoͤhnender Blick 5
Traf mich mit Graus,
Reden, wie Pfeile,
Sandte ſie aus.
Ach, und zuletzt,
Als mir das Wort
Starrte, da hüpfte
Singend ſie fort. —
Alles der Dank,
Daß ich ihr brach
Roſen der Freude
Jeglichen Tag! drhay.
Novelle von Alpin.
Nach kurzer Trennung lag die unlaͤngſt vermahlte Emilie
ſchmeichelnd und koſend am Halſe ihres Gatten, malte ihm
den Himmel ihres zukünftigen Glückes mit allem Zaͤuber der
feurigſten Beredſamkeit und ſuchte die Gramwolken, die
gerade heute an ſeinem acht und zwanzigſten Geburtsfeſt
mehr als je ſeine Stirne umlagerten, zu verſcheuchen. Der
Kriegsrath, ein junger und fuͤr alle Eindrücke des Lebens
ſehr empfaͤnglicher Mann, den aber mehr Convenienz und
die Berechnungen eines verſtaͤndig geordneten Lebens, als
wahre Liebe in Emiliens Arm gefuͤhrt hatten, ſah noch im-
mer ſtill und gedankenvoll vor ſich hin.
Getaͤuſchte Liebe, die bei ſo vielen Jünglingen zuerſt die
Ideale des Wahren, Schoͤnen und Guten truͤbt und endlich
ganz verdunkelt, wirkte zwar auch mit zur menſchenfeind-
lichen Stimmung ſeines ſonſt tiefen und edeln Gemuͤths,
aber mehr noch der Druck ungünſtiger Umgebungen, laͤſti-
ger Verhaͤltniſſe. Durch widrige Geſchicke an einen Platz
geſetzt, wo er nach ſeinem eignen Gefuͤhl nur Unbedeuten-
des wirken konnte, weil ihm die Luſt, der erſte und hef-
tigſte Drang zu jeder Unternehmung im Geſchaͤftleben fehlte;
überſann er im Geiſt die Plane ſeiner Juͤnglingsjahre; er
fand getraͤumte Thaten — zerplatzte Seifenblaſen!
Emilie, welche nur zu bald ſeine Verſtimmung und den
daraus fließenden Ernſt düſterer Schwermuth bemerkt