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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 1-13 (Januar 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0042

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nio 9. Mittwoch den A. Januar 18.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Rathan die Schönen.

Holde, jung und luſtbeſeelt,
Die Ihr funfzehn Sommer zaählt!
Schnell voruber flieht die Zeit
Da Ihr Roſenknospen ſeyd.
Wenn das zärtliche Verlangen
Nicht vom lauen Weſt gekühlt,
Mit der Unſchuld Blume ſpielt,
Iſt die Friſchheit auch vergangen.

Floh'n in ſüßer Schwaͤrmerei
Zwanzig Sommer Euch vorbei
O ſo nützt die ſchone Zeit,
Die noch Reiz und Sieg verleiht!
Wie die Knospe zum Verlangen
Lockt die Roſe zum Genuß.
Faſſe ſchleuniger'n Entſchluß
Oder Schönheit iſt vergangen.

Muſtert, dreißig Sommer alt,
Ihr im Spiegel die Geſtalt,
Waltet Jugendreiz nicht mehr,
Aber Geiſt und Anmuth ſehr.
Freundſchaft, Frieden, Glück erlangen,
Iſt dann weiſer Hang und Drang;
Aber ziert Ihr Euch zu lang,

Iſt die Freundſchaft auch vergangen.

Doch verließ der Amorn Schar
Euch mit vierzig Jahren gar,
Zaͤhlt Ihr ſtille Freuden doch
Und willkomm'ne Tage noch.
Ohne Sorgen, ohne Bangen,
Seyd Ihr gut und mild und froh,
Taͤuſcht die raſche Zeit, und ſo
Iſt das Leben raſch vergangen!
— Fr. Haug.

—— — ——— — — — —— — — — — ——k — —. 2—

Geſchichte des Prinzen Kodadad.

(Fortſetzung.)
Achtes Kapitel.
Haſſan, der Großweſſir, war ein ſehr thaͤtiger Mann; er
beſorgte jeden Auftrag ſeines Herrn aufs Pünktlichſte. So
erhob ſich denn auch in kurzer Zeit ein großes rundes
Gewoͤlbe von dem ſchönſten gehauenen weißen Marmor.
In dem Gewoͤlbe war ein ſchoͤnes Denkmal errichtet. Als
das Grabmal nun fertig war, verordnete der König oͤf⸗
fentliche Gebete für ſeinen Sohn, und beſtimmte einen
Tag zu ſeinem feierlichen Leichenbegaͤngniſſe. ö
Alles Volk, Jung und Alt, ſtrömte an dem fruͤhen
Morgen des beſtimmten Tages ſchon hinaus auf die Ebene,
und ſammelte ſich in der Naͤhe des Grabmales, um den
Trauerzug mit anzuſehen. Gegen neun Uhr begann der
Zug. Zuerſt ritt der Koͤnig und hinter ihm folgte der
Großweſſir und die übrigen Kronbeamten und koͤniglichen
 
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