Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

DOI Kapitel:
No 26-39 (März 1824)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0121

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nio Y.

Mittwoch den 3. Maͤrz 1824.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Auf ein en Blinden.

Ach, ſein Auge, das trunken hing
An der ſammtenen Moosroſe, dem Feuerfax,.
An Ranunkeln, den ſchillernden,
An des Rebengeranks kochendem Saftgewaͤchs, —
Plötzlich deckt' es ein Daͤmon zu!
Doch die hehre Geduld reichte dem Maͤrtyrer
Dar den Kubus der Feſtigkeit.
Lichtvoll blieb ihm der Geiſt, trotz der Verkerkerung,
Scherz und Laun' ihm unabgeſtumpft,
Und er ſchöpft' aus dem Born tiefer Vergangenheit,
Unterſtützt von der Phantaſie, *
Die den Eimer herabſenkt' und den Eimer hob,

Friſchkryſtalle der Gegenwart.
Fr. Raßmann.

—— — — — ——— — — —— — — — —2V³ↄ.·

Wer Gott vertraut, feſt auf ihn baut, wird nim-⸗
mermehr zu Schanden.

(Fortſetzun g.)
Guſtav Adolph hatte ſein Heer vor unendlich wichtigern Be-
gebenheiten zu ſchuͤtzen; darum konnte das Große, das er
zu vollbringen gedachte, nur langſam Wurzel faſſen. — Ehe
er nicht mit Brandenburg einig war, konnte er ſeine Operatio-
nen nicht uͤber die Elbe ausdehnen; denn im Fall eines
ungluͤcklichen Ausgangs, blieb ihm nichts übrig, als den

Weg nach der Oſtſee wieder zurück zu nehmen, die er in
weit freudigern Hoffnungen hinter ſich gelaſſen hatte, als
ſie nun das kalte bedaͤchtige Zaudern der Proteſtanten be-
leben konnte. — So ging Magdeburg verloren, weil es
im Vertrauen auf menſchliche Hülfe ſeiner eigenen Kraft
mehr zutraͤute, als einer friedlichen Unterhandlung, in der
Gott ſo maͤchtig gewaltet haben würde, als in neuerer Zeit
es geſchah, nachdem man feſte Punkte, ohne einen Schuß
zu thun, dem Feinde uͤberließ, die nachher dennoch fuͤr
ihn ohne Nutzen blieben. —
Orczamy flog mit dem halbtodten Maͤdchen dem immer
ſtärker bruͤllenden Kanonen- und kleinen Gewehrfeuer ent-
gegen. — Um ſeine Truppen zu ſchonen, ließ Pappenheim
das Dorf, an das ſich Traumanns Adelshof lehnte, in
Brand ſchießen. In einigen Minuten ſtaͤnd es, von ſeinen
Einwohnern laͤngſt verlaͤſſen, in hellen Flammen; die Ver-
bündeten warfen ſich in die Veſtung, und Pappenheim ſah

keinen Feind mehr vor ſich, als den, der hinter den Waͤl—

len Magdeburgs ihm noch ſein Daſeyn ſignaliſirte. — Eine
halbe Stunde ohngefaͤhr mogte der Obriſt mit ſeiner Beute
noch vom graͤßlichen Ziel entfernt ſeyn, als ſich der Hori-
zont in der anbrechenden Daͤmmerung immer ſtaͤrker röthete
und Trudchen, die halbtodten Blicke hinrichtend, mit ei-
nem — barmherziger Gott! ohnmaͤchtig in Orczamys Ar-
me zurückſank. Orczamy ließ halten; ſeine Huſaren ſam-
melten ſich um ihn her; ſtarrend in das fuͤr ihn empoͤrende
Schauſpiel menſchlicher Eigenmacht, ſagte er kalt: Freunde,
wir müͤſſen hin! Der Feind kann ſich nicht halten; auch er-
 
Annotationen