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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

DOI Kapitel:
No 26-39 (März 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0161

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2——
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*

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

ro 37. Sonnabend

den 7. Maͤrz 1824.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Ohne Freundſchaft, ohne Liebe.

Lied.
Ohne Freundſchaft, ohne Liebe,
Sagt ihr Sterblichen, was bliebe? —
Leiden und Befehdung!
Ohne Freundſchaft, ohne Liebe
Iſt die Welt — Veroͤdung.

Ohne Freundſchaft, ohne Liebe —
Sagt, ihr Brüder! Wer erhuͤbe
Noch die Pilgerjahre?
Ohne Freundſchaft, ohne Liebe
Locken Tod und Bahre.

Ohne Freundſchaft, ohne Liebe —
Sagt, ihr Holden! Wer beſchriebe
Hier noch — Himmelsſtunden?
Ohne Freundſchaft, ohne Liebe
Iſt was lohnt, verſchwunden!

Ohne Freundſchaft, ohne Liebe —
Lehre, wer da will, und uͤbe
Weisheit in der Zelle!
Ohne Freundſchaft, ohne Liebe
Wird die Welt zur Holle!
— Fr. Haug ⸗

Die Erhebung.
Viſion.
Das menſchliche Leben wird ſtets reich an Klage und Zwei-
fel ſeyn; oft unglücklich, weil es unzufrieden iſt mit ſeinem
Glücke. Der Menſch erkennt nur ſelten, oder will es min-
deſtens nur ſelten erkennen, wie Gott ſelbſt in ſeinen
furchtbarſten Erſcheinungen allliebend iſt, und er verwirft
den pruͤfenden Glauben, der in mancher Ueberfuͤlle des Er-
dengluͤcks Verderben ſucht. Zufriedenheit iſt die Seligkeit
der Erde. Aber wir gleichen hierin der Fliege, die dem
blendenden Lichtſtrahle unwiderſtehlich folgt und in ihrer
ſinnloſen Begierde den Tod findet. Eben ſolche glaͤnzende
Außenwinke und ſchillernde Luftgebäude ziehen auch uns
mit Allgewalt zu ſich hin, und ich preiſe den glücklich, der
in ſeinem kleinen oder großen Wirkungskreiſe nach innen
ſchauend, thaͤtig lebt und ſtrebt, dieſen nicht von außen
groß und groͤßer zu machen ſucht, ſondern die Triebe ſei-
nes innerſten Herzens aufſpaͤht und verwirklicht und der
ſtets ſeiner beſten Ueberzeugung, als dem untruͤglichſten
Fuͤhrer, und keinem Irrlichte folgt.
Ungluͤcklicher, mit mehr Recht unzufrieden iſt der, der
jenen Zweifel aus ſeinem beſſern Ich, aus ſeinen ihm von
Gott gebornen Geiſteskraͤften ſchöͤpft. Ihm kann eine gluͤ⸗
hende Phantaſie ſeinen Zweifel zur Verzweiflung ſteigern,
wenn er mit Waͤrme den Buſen der Natur ſuchte und nicht
fand, wenn er all' ſeine Willenskraft und die ſuͤßen Hei-
 
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