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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 144-157 (Dezember 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0600

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V.

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Ni 144. Mittwoch den 1. Dezember 1824.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Hütten! —

Morgenſtrahhen

von Fritz Max Heßemer.

11. Sie und die Blumen.

Die Theure ging in ſuͤßer Morgenſtunde
An einem ſonnenhellen Frühlingstag,
Traum in dem Auge, Laͤcheln auf dem Munde,
Zum Garten hin, ich folgte lauſchend nach.

In kühlem Schatten, unter einem Strauche
Fand ſie ein Veilchen, dieſes ſprach zu ihr:
Ich lieb' mein Ebenbild in deinem Auge,
O nimm mich auf, verein' uns beide hier!

Sie nahm es auf und nah am Laubengange
Fand ſie ein Röschen, dieſes ſprach zu ihr:
Du ſuͤße Roſe, dort auf ſuͤßer Wange,
Wie ſchmacht' ich und verlang' ich, ach, nach dir!

Sie nahm die Roſe auf zum Liebesbunde
Und eine dunkle Nelke ſprach zu ihr:
Dort blüht die Sel'-eit, auf jenem Munde
Du ſüße Nelke d.. „waͤr ich bei dir!

Ich, der dies hoͤrte war entfernt geblieben,
Jetzt trat' ich eilig nah und ſprach zu ihr:

Du holdes Weſen, wenn dich Blumen lieben
Nimmſt du ſie auf, o goͤnn' ein Gleiches mir!

Sie ſah auf mich und dann in ſel'gen Worten
Sie leiſ' und ſchüchtern zu den Blumen ſprach:
Sucht Gegenliebe euch an andern Orten,
Nur einer folgt mein ganzes Weſen nach.

12. Schlußgedicht.
An die Leſer.

Das Spiel iſt aus, nun richtet nicht zu ſcharf,
Wohl iſt es Spiel nur, leichtes Spiel geweſen.
Doch daß Ihr es mit Unluſt nicht geleſen,
Dies iſt, was ich beſcheiden hoffen darf. —

Das Spiel iſt aus, des Lebens Ernſt beginnt,
Gerichtet iſt der Blick nach hoͤh'rem Ziele,
Und was einſt folgen wird dem leichten Spiele,
Ich wünſche, daß es Eure Gunſt gewinnt. —

Das Spiel iſt aus, doch meines Buſens Drang
Iſt über allen Stuͤrmen wach geblieben,
Denn ewig neu ſind Kunſt und treues Lieben,
Eins mit dem Andern, Liebe und Geſang.

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