Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

DOI Kapitel:
No 14-25 (Februar 1824)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nie 21. Mittwoch den 18. Februar 182.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Li e d.

Glücklich, wer der Liebe Leiden
Noch nicht kennt,
Glücklich, wer nur zarte Freuden
Liebe nennt.

Wehe, wenn die du erkohren
In des Glüͤckes ſchoͤnen Stunden,
Falſch ſich deinem Arm entwunden,
Bricht, was ewig ſie geſchworen. —
Weh', wenn Liebe noch im Meiden
Glüͤh'nder brennt,
Wenn das Herz nur ſchwere Leide
Liebe nennt!

Glucklich, wenn mit heißen Armen
Dich die Liebſte will umfangen,
Wenn an ihrem Blick du hangen
Darfſt, an ihrer Bruſt erwarmen!
Wenn dich nie ein banges Scheiden
Ferne trennt, ö
Seligkeit dein Sinn und Freuden
Liebe nennt.

Glücklich biſt du; — doch den Weiſen,

Der die Liebe treu nur liebt,
Ohn' Begierde hin ſich gibt,
Den nur kann ich ſelig preiſen.

Der des Erdentaumels Freuden
Nimmer kennt,
Gluͤck und Unglück, Wonn' und Leiden

Liebe nennt!
C. P. B.

2.— — — —. . .——2— — — —g. —..8.8.

Blutiger Lorbeer, welke Myrthe.

(Fortſetzun g.)
Wir kamen noch zum Mittageſſen recht; aber meine Herrin
ſaß bei Tiſche wie ein Bild, und zehrte von ihrem Innern.
Einigemal verſuchte ſie, etwas zu genießen; ſchien aber
gleich zu vergeſſen, daß ſie Speiſe in den Mund genom-
men. Don Antonio griff nach ſeiner Cigarre, und meine
Herrin begab ſich auf ihr Gemach. — „Ich will mich nicht
legen“, ſagte ſie, „ich habe doch die Ruhe nicht. Geh',
Brigida, bringe mir aus dem Kiſtchen die Haare meiner
Eltern, ich will mich ein wenig mit Flechten beſchaͤftigen.“
— „O, theure Gebieterin, welche Einfaͤlle quaͤlen Euch:
der Todten Haare zu flechten? Das mag Roſine gelegent-

lich thun, fuͤr ſie iſt nichts dabei zu fürchten.“ —

„Ich bin ſo troſtlos, Duenna, und weiß nicht woruͤber:
ich hoffe Troſt beim Anblicke der Haare meiner Eltern.“ —
„Dann will ich es gern thun!“ — ſagte ich und brachte
die Haare herbei. Drauf hieß ſie mich Roſine zu rufen,
die ihr die eignen Haare ordnen ſollte, waͤhrend ſie der Tod-
ten Haare floͤchte. — Roſine ſetzte ſich raſch an ihr Werk,
hatte aber kaum der Gebieterin Haar entflochten, daß es
 
Annotationen