DOI Kapitel:
No 26-39 (März 1824)
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0137
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Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nio 31.
Sonnabend den 13. Maͤrz 182.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die Eulen und der Adler.
„Auf! Auf! ihr treuen Diener meiner Krone —
Rief einſt der Uhu durch ein alt Gemaͤuer —
Empfangt das Reich der Nacht zum Lohne,
Und alles Leben, das ſich regt, ſey euer!
Des Sonnengottes Tag hab' ich gekürzt,
Und ſeiner Strahlen elend Blendwerk iſt vernichtet,
Ja, mein Gewoͤlk hat ſeinen letzten Sohn geſtürzt,
Der aͤffend mir das Dunkel lichtet.“
Und wie das kreiſchende Geſchlecht der Eulen
Aus ſeines Hauſes morſchen Kammern ſteigt,
Und, eingeſchüchtert von dem wirren Heulen,
Die Nachtigall verſtummt, das Heim'chen ſchweigt,
Der Leuchtwurm, der ſich harmlos unter Graͤſern regt,
Die goldnen Flügel bang zuſammenſchlaͤgt:
Da fliegt der Bote Jupiters voruͤber,
Der ſtolze Aar, und wirft der Blitze Strahl
Hell durch die Nacht, die immer truͤber
Herabhaͤngt in das oͤde Thal. ö
„Rebell, der mir das Reich entwendet,
Und meine ganze Dienerſchaft verblendet,
Hinweg mit dir!“ ö ö
Kaum ruft's der Uhu aus mit heiſ'rer Stimme
So packt der Eulen Schaar in wildem Grimme
Das gottgeſandte Thier,
Und ſchleppt es voll des blut'gen Rachgelüſtes
Hinein in's Herz des faulenden Gerüuſtes.
Man ſetzt ſich zum Gericht,
Der Adler ſchweigt, der Uhu ſpricht:
„Zerreißt ihn!“ Man beginnt; ſchon flieht das Leben
Verrinnend aus des Herzens Quell;
Er kann das Haupt, die Fluͤgel nicht mehr heben,
Und ſtirbt; die Klaue ſieht man zuckend beben,
Man zerrt ſie auf — doch ſieh', da wird es hell,
Aus dieſer Klaue ſchlaͤgt der Blitz;
Das morſche Haus ergreifen Flaͤmmen,
Und ſtuͤrzen tödtend des Geſchlechtes Sitz
Auf ſeine eigne Brut zuſammen.
Die Fabel lehrt, daß auf der Erden
Die Wahrheit muß — zur Fabel werden.
Panſe.
Wer Gott vertraut, feſt auf ihn baut, wird nim-
mermehr zu Schanden.
(Sortſebzun g.)
Während dieſes in der Naͤhe von Traumanns Domicilium
ſich entſchied, waͤhrend man dorten die beiden Heerfuͤhrer ſelbſt
erwartete, hatte Traumann den größten Theil der Staabs-
offiziere in ſeinem Saale verſammelt, und Trudchens Am-
my wurde bis auf das Herz von den Herren Kriegern ver-
zehrt. ö
Dabei kam nun Gertrudens Schickſal aufs Tapet,. Der
erſtaunliche Muth, der das Maͤdchen beſeelt hatte, mitten
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Rheiniſche Morgenzeitung für gebildete Leſer.
Nio 31.
Sonnabend den 13. Maͤrz 182.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Die Eulen und der Adler.
„Auf! Auf! ihr treuen Diener meiner Krone —
Rief einſt der Uhu durch ein alt Gemaͤuer —
Empfangt das Reich der Nacht zum Lohne,
Und alles Leben, das ſich regt, ſey euer!
Des Sonnengottes Tag hab' ich gekürzt,
Und ſeiner Strahlen elend Blendwerk iſt vernichtet,
Ja, mein Gewoͤlk hat ſeinen letzten Sohn geſtürzt,
Der aͤffend mir das Dunkel lichtet.“
Und wie das kreiſchende Geſchlecht der Eulen
Aus ſeines Hauſes morſchen Kammern ſteigt,
Und, eingeſchüchtert von dem wirren Heulen,
Die Nachtigall verſtummt, das Heim'chen ſchweigt,
Der Leuchtwurm, der ſich harmlos unter Graͤſern regt,
Die goldnen Flügel bang zuſammenſchlaͤgt:
Da fliegt der Bote Jupiters voruͤber,
Der ſtolze Aar, und wirft der Blitze Strahl
Hell durch die Nacht, die immer truͤber
Herabhaͤngt in das oͤde Thal. ö
„Rebell, der mir das Reich entwendet,
Und meine ganze Dienerſchaft verblendet,
Hinweg mit dir!“ ö ö
Kaum ruft's der Uhu aus mit heiſ'rer Stimme
So packt der Eulen Schaar in wildem Grimme
Das gottgeſandte Thier,
Und ſchleppt es voll des blut'gen Rachgelüſtes
Hinein in's Herz des faulenden Gerüuſtes.
Man ſetzt ſich zum Gericht,
Der Adler ſchweigt, der Uhu ſpricht:
„Zerreißt ihn!“ Man beginnt; ſchon flieht das Leben
Verrinnend aus des Herzens Quell;
Er kann das Haupt, die Fluͤgel nicht mehr heben,
Und ſtirbt; die Klaue ſieht man zuckend beben,
Man zerrt ſie auf — doch ſieh', da wird es hell,
Aus dieſer Klaue ſchlaͤgt der Blitz;
Das morſche Haus ergreifen Flaͤmmen,
Und ſtuͤrzen tödtend des Geſchlechtes Sitz
Auf ſeine eigne Brut zuſammen.
Die Fabel lehrt, daß auf der Erden
Die Wahrheit muß — zur Fabel werden.
Panſe.
Wer Gott vertraut, feſt auf ihn baut, wird nim-
mermehr zu Schanden.
(Sortſebzun g.)
Während dieſes in der Naͤhe von Traumanns Domicilium
ſich entſchied, waͤhrend man dorten die beiden Heerfuͤhrer ſelbſt
erwartete, hatte Traumann den größten Theil der Staabs-
offiziere in ſeinem Saale verſammelt, und Trudchens Am-
my wurde bis auf das Herz von den Herren Kriegern ver-
zehrt. ö
Dabei kam nun Gertrudens Schickſal aufs Tapet,. Der
erſtaunliche Muth, der das Maͤdchen beſeelt hatte, mitten