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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 105-117 (September 1824)
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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nee 117. Mittwoch, den 29. September 1824.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit

dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Huͤtten! —.

Das Erdbeben zu Raguſa.

Die traurigen und ungewoͤhnlichen Verheerungen, welche
dieſes Jahr das Ungewitter, beſonders in unſern Gegenden,
angerichtet — Phaͤnomene, wie ſie kaum in den aͤlteſten Ur-
kunden zu finden ſind — erinnern um ſo lebhafter an die noch
weit ſchrecklicheren Naturrevolutionen, welche in jeder Zeitpe-
riode die ſuͤdlichen Laͤnder heimſuchten. Man kennt aus der

neueren Geſchichte das fuͤrchterliche Erdbeben, das (1783) die

Stadt Meſſina verwuͤſtete. Ein aͤhnlicher Unſtern traf im J.
1667 Raguſa in Dalmatien. Wir geben daruͤber aus einer
Chronik des 17ten Jahrhunderts Folgendes: ——
Alm 6. April (gedachten Jahrs) hat gegen die Stadt Ra-
guſa, an der Muͤndung des adriatiſchen Golfs, das Erdbeben
ſo ungeheuer gewuͤthet, daß in einem Augenblick, ſo lange als
man etwa zehn zaͤhlen oder ein haͤlbes Vaterunſer beten moͤch-
te, die ganze Stadt in einen Steinhaufen verwandelt wurde.
Durch dieſen uͤberraſchenden Fall ſind an 6000 Menſchen um
das Leben gekommen, etliche hundert aber beſchaͤdigt worden.
Mit erſchrecklichem Krachen fielen alle großen Haͤuſer und
Kloͤſter zuſammen, und begruben ihre Bewohner in Steine

und Kalk; dies widerfuhr den meiſten Geiſtlichen und Edlen,

ſo daß von dieſen etwa 25 Perſonen uͤbrig blieben. Die Re-

gierung war eben zum Rathe verſammelt, als das Haus fiel
und ſie bedeckte. Der Herzog verſank mit ſeiner ganzen Fa-
milie unter ſeinen Pallaſt. Dieſes Ungluͤck vermehrten noch
die von den Bergen herabfallenden Steine, und. zugleich der
Wind, welcher das Feuer, ſo zum Kochen der Speiſen allent-
halben angezuͤndet war, aufblies, ſo daß der Brand, zur gro-
ßen Beſtuͤrzug der noch lebenden Perſonen, einige Tage lang

gezahret, und, nebſt dem eingefallenen Holzwerk, viele ſchoͤne
Poeraͤthſchaften in Aſche verwandelt wurden. Jaͤmmerlich

war es zu ſehen, wie dieſe Leute, voller Schrecken und To-
desangſt, mit verzweifelten Gebaͤrden, die Straßen auf⸗ und
abliefen; noch erbaͤrmlicher war zu hoͤren das Winſeln der
zwiſchen den Steinhaufen halb zerſchmetterten Menſchen, wel-
che aͤngſtlich nach Errettern ſchrieen, deren doch wenige da wa-

ren. Die See hatte ſich oftmals ergoſſen, und eben ſoſoft

wieder verſchloſſen, ſo daß ſelbſt die Brunnen in der Stadt
trocken wurden und nicht ein Trunk Waſſer zu erlangen war.
Die Erde that ſich auf, und verſchlang Einige wohl 24. Mann
tief, worauf die Haͤuſer uͤber ſie zuſammen fielen. Mehrere,
die aus ihrer Betaͤubung erwachten, glaubten geſchlafen zu.

haben. Der nach Conſtantinopel beſtimmte hollaͤndiſche Reſi-

dent, der auf ſeiner Hinreiſe vier Tage vor dieſem: Anfall in


 
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