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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 131-143 (November 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0560

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Rheiniſche Morgenzeitung fur gebildete Leſer.

Nis 134. Montag den 8. November 184.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit

dem echten Chriſtenthum! —

Friede und Segen den Hütten! —

Sängers Hoffnung.
Hin zu meinen ſchattenreichen Linden,
Dieſen Zeugen laͤngſt entſchwund'ner Zeit,
Wo ſich Epheuranken freundlich winden
Um das Boͤrnchen traͤuter Einſamkeit;
Wo die Liebenden ſich Kraͤnze binden
In des Blumenthals Verſchwiegenheit, —
Oin, zu dieſem Tempe der Kamoͤnen,
Rief es mich in ahnungsvollen Toͤnen.
Aber ach! an meines Ouells Geſtade
BVar kein holdes Blümchen mehr zu ſehn;
Keine leichtgefluͤgelte Najade
Sah ich ſuͤße Kelche mehr durchſpaͤhn;
Nicht mehr im Gezirpe der Zikade
Saͤuſelte der Liebe ſanftes Wehn. —
Was ich ſonſt hier Herrliches gefunden,
Alles, Alles war dahingeſchwunden! —

Meiner Linden dunkle Schattenbogen
Welkten hin. — Aͤdon ſang nicht mehr.
Statt der goldbewegten Saatenwogen
Schwamm im Thal ein duͤſt'res Nebelmeer.
Progne auch, die traute, war gezogen,
Still war's in der Flur und oͤd' und leer.
Und in einer Stimme leiſem Wehen
Hört' ich: — „ſio wird Alles einſt vergehen!“

„Einſt vergehen!“ — klang's im weiten Raume;
Bange Zweifel drängten mir die Bruſt.
Täuſchen wollt' mich's da, ich ſeyz im Traume;
Doch ich fühlt's, ich war mir ſelbſt bewußt.
„Dort ſieh hin, zum roſ'gen Himmelsſaume,“
Sprach's und ſchmeck' der Troͤſtung ſchnoͤde Luſt.“
Ach, da ſank, o ew'ge Himmelsmaͤchte!
Auch die Sonne tief in Grabes Naͤchte. —

Traurig ſeufzt' ich auf zum Sternenreiche
— Eine Thraͤne fiel auf durres Moos —
Iſt kein Engel, der hernieder ſteige,
Aufzuhellen dieſes dunkle Loos? — —
Ha! da blinkt' es lieblich durch die Zweige,
Und der Vollmond ſtieg aus goldnem Schooß.
Tauſend Sterne glänzten mild hernieder —
Und den Gott im Buſen fuͤhlt' ich wieder.

Nein! was dieſe Sternenwelten ſagen,
Facht des Zweifels Ohnmacht nimmer an! —
Keine Weiſen will ich ferner fragen,
Ihr Orakel iſt doch nur ein Wahn!
Bald, ja bald wird's freundlich wieder tagen
Aus der Sonne lichtumfloſſ'nem Kahn.
Und, was unterliegt des Herbſtes Streben,‚,

Wird ein ſchoͤn'rer Frühling wieder geben, —
Adolf Joſt.
 
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