Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nre 113. Montag, den 20. September 1844.
Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Huͤtten! —
Das eheſtiftende Bad.
(Fortſetzunng.)
Mit beſonderem Geſchmack ordnete der Dichter des Tages
die Beleuchtung an, er ließ es nicht an wohlgeſetzten, zier-
lichen und wie Echo klingenden Blumen fehlen, welche der
Graͤfin Anna, als Goͤttin des Lebens und der Jugend, in
den ſonnenloſen Gruͤften, gleich einem Sterne huldigen muß-
ten, ja die Erze zwiſchen tauſend Lampen ihren lichten Schim-
mer verbreitend, wurden beredt und zu der Macht des Goldes
und Silbers ſah man ſich die Kraft des Wortes geſellen.
Alles war Entzuͤcken; Anna ſchien dieſer Tiefe einen neuen
Himmel zu geben, allgemein verbreitete ſich das Vergnuͤgen, nur
die Baronin und ihr Sohn theilten es nicht; ſie wandte ſich
ab, und verbarg ſchweigend ihren Aerger; ihn aber erzuͤrnte
dieſes unerwartete Hinderniß in Erreichung ſeiner Abſichten ſo
ſehr, daß er ſchwur, alles daran zu ſetzen. So gekraͤnkt
fuͤhlte ſich ſein Stolz, daß daruͤber ſein weiches Herz und
ſeine liebliche Philippine — ſo gar das Repreſentations⸗Recht
im Rath ſeines Geiſtes verloren. — ͤ ö
Es fehlte bei dem Feſte nichts. Der Maltheſer und vor-
zugsweiſe der Stiftsherr ließen ſich alles ſo wohl gefallen, und
nachher Speiſ und Trank ſo wohl ſchmecken, daß man haͤtte
glauben ſollen, ſie waͤren ſelber Gaͤſte. Ein koͤſtlicher Tag —
rief jeder heimkehrend, die Graͤfin iſt mein!! Sehr entgegen-
geſetzte Gedanken bewegten die Baronin, ſie meinte, ſchnell
muͤſſe die Sache gethan und abgemacht ſeyn, denn allerlei Dreh-
nen bedroheten ihrem ſuͤßen Bienenkorb. Ernſter als gewoͤhn-
lich ſprach ſie ihrem Sohne von der Gefahr, in welcher ihre
und ſeine Hoffnungen ſchwebten, und wie er durchaus das Eiſen
ſchmieden muͤſſe ſo lange es waͤrm ſey, ſonſt waͤre es nicht mehr
biegſam. Sie belehrte ihn ferner, welche Schritte er zu thun,
und eilte in ihre Wohnung Thereſen mit einigen Blumen, in
bedeutſamem Strauße, vorauszuſenden, damit die Graͤfin Anna
aufs neue durch die lieben Zuͤge geruͤhrt werde, welche ſie beim
geſtrigen Bade faſt gar nicht bemerkt hatte; ja Thereſe wunde auch
halb und halb beauftragt, etwas von ſchweſterlicher Liebe
fallen zu laſſen — und — daß der Bruder die Graͤfin außer-
ordentlich reizend finde.
Thereſe war nicht dumm, und machte ihre Sache feiner
als ihr Bruder, der bald folgte und viel verlegner war, als
man ihm haͤtte zutrauen ſolleu, da er doch ſchon einen Lie-
bes⸗Roman durch alle Taͤnze eines Winters durchgefuͤhrt hatte;
dennoch war es ihm hier ganz anders, und die Graͤfin Anna
wurde endlich ſo geruͤhrt uͤber die halbſtumme, halb im ge-
brochenen Toͤnen ihre kundgewordenene Liebeserllaͤrung, daß
Nre 113. Montag, den 20. September 1844.
Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Huͤtten! —
Das eheſtiftende Bad.
(Fortſetzunng.)
Mit beſonderem Geſchmack ordnete der Dichter des Tages
die Beleuchtung an, er ließ es nicht an wohlgeſetzten, zier-
lichen und wie Echo klingenden Blumen fehlen, welche der
Graͤfin Anna, als Goͤttin des Lebens und der Jugend, in
den ſonnenloſen Gruͤften, gleich einem Sterne huldigen muß-
ten, ja die Erze zwiſchen tauſend Lampen ihren lichten Schim-
mer verbreitend, wurden beredt und zu der Macht des Goldes
und Silbers ſah man ſich die Kraft des Wortes geſellen.
Alles war Entzuͤcken; Anna ſchien dieſer Tiefe einen neuen
Himmel zu geben, allgemein verbreitete ſich das Vergnuͤgen, nur
die Baronin und ihr Sohn theilten es nicht; ſie wandte ſich
ab, und verbarg ſchweigend ihren Aerger; ihn aber erzuͤrnte
dieſes unerwartete Hinderniß in Erreichung ſeiner Abſichten ſo
ſehr, daß er ſchwur, alles daran zu ſetzen. So gekraͤnkt
fuͤhlte ſich ſein Stolz, daß daruͤber ſein weiches Herz und
ſeine liebliche Philippine — ſo gar das Repreſentations⸗Recht
im Rath ſeines Geiſtes verloren. — ͤ ö
Es fehlte bei dem Feſte nichts. Der Maltheſer und vor-
zugsweiſe der Stiftsherr ließen ſich alles ſo wohl gefallen, und
nachher Speiſ und Trank ſo wohl ſchmecken, daß man haͤtte
glauben ſollen, ſie waͤren ſelber Gaͤſte. Ein koͤſtlicher Tag —
rief jeder heimkehrend, die Graͤfin iſt mein!! Sehr entgegen-
geſetzte Gedanken bewegten die Baronin, ſie meinte, ſchnell
muͤſſe die Sache gethan und abgemacht ſeyn, denn allerlei Dreh-
nen bedroheten ihrem ſuͤßen Bienenkorb. Ernſter als gewoͤhn-
lich ſprach ſie ihrem Sohne von der Gefahr, in welcher ihre
und ſeine Hoffnungen ſchwebten, und wie er durchaus das Eiſen
ſchmieden muͤſſe ſo lange es waͤrm ſey, ſonſt waͤre es nicht mehr
biegſam. Sie belehrte ihn ferner, welche Schritte er zu thun,
und eilte in ihre Wohnung Thereſen mit einigen Blumen, in
bedeutſamem Strauße, vorauszuſenden, damit die Graͤfin Anna
aufs neue durch die lieben Zuͤge geruͤhrt werde, welche ſie beim
geſtrigen Bade faſt gar nicht bemerkt hatte; ja Thereſe wunde auch
halb und halb beauftragt, etwas von ſchweſterlicher Liebe
fallen zu laſſen — und — daß der Bruder die Graͤfin außer-
ordentlich reizend finde.
Thereſe war nicht dumm, und machte ihre Sache feiner
als ihr Bruder, der bald folgte und viel verlegner war, als
man ihm haͤtte zutrauen ſolleu, da er doch ſchon einen Lie-
bes⸗Roman durch alle Taͤnze eines Winters durchgefuͤhrt hatte;
dennoch war es ihm hier ganz anders, und die Graͤfin Anna
wurde endlich ſo geruͤhrt uͤber die halbſtumme, halb im ge-
brochenen Toͤnen ihre kundgewordenene Liebeserllaͤrung, daß