Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0099
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No 14-25 (Februar 1824)
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- Einband
- [Vorbemerkung]
- Inhalt
-
No 1-13 (Januar 1824)
-
No 14-25 (Februar 1824)
-
No 26-39 (März 1824)
-
No 40-51 (April 1824)
-
No 52-65 (Mai 1824)
-
No 66-78 (Juni 1824)
-
No 79-91 (Juli 1824)
-
No 92-104 (August 1824)
-
No 105-117 (September 1824)
-
No 118-130 (Oktober 1824)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
N
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
N 2. Sonnabend den à. Februar 18.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Schifferdie
Wohlauf! ihr gerüſteten Leute!
Herunter das Schiff vom Geſtad!
Wir kennen die Fluten des Lebens;
Wir ſehn den geraͤumigen Pfad.
Wir ſteuern gewandt durch die Wogen
Und ſingen manch frohliches Lied,
Und lauſchen gern lieblichen Tönen
Und haben ein kindlich Gemüth.
Das Meer erſchließt uns die Wunder,
Die tiefer ſein Schooß noch verhüllt.
Der Himmel iſt freundlich und heiter,
Von Minnegeſaͤngen erfüllt.
Die duftenden Blüthen vom Lande
Wehn koͤſtlich um jeglichen Kahn.
Und wenn wir die Bluͤthen uns wünſchen,
So halten am Ufer wir an.
Und ſchwaͤrmen dann froh durch die Fluren,
Und haͤngen uns Kraͤnz' um den Hals;
Und alleſamt ſind wir ſo glücklich,
Und die Maͤgdelein ebenfalls.
Es bieten geſegnete Palmen
Uns manch paradieſiſches Mahl;
Noch beſſerer Wein, als Burgunder
Perlt rings in dem vollen Pokal.
Und haben wir ſo uns beluſtigt,
Dann ſegeln wir weiter und friſch;
Und ſchwäͤrzt ſich der blauliche Himmel,
Erfreut uns der Blitze Geziſch.
Dann kaͤmpfen wir groß mit den Stuͤrmen,
Und ſegeln durchs Dunkel der Nacht.
Kein Ungethum kann uns erſchrecken,
Vernichten der Jünglinge Macht.
Zwar liegt er noch ferne, der Hafen;
Doch finden wir endlich ihn auch.
Gefunden, umtanzt uns die Freude;
Das iſt nun ſo einmal der Brauch.
Eduard Bernſtein.
—— ———— ——— — — —.—8— ————
Blutiger Lorbeer, welke Myrthe.
(Schlu ſß.)
Bei allen Heiligen! ich wußte nicht, was das Alles bedeutete,
aber ich fuͤhlte wohl, daß es Qual genug enthielt. Die
arme Roſine hing an Amintas Arme, und weinte laut;
Diego ruͤhrte ſich nicht, und meine Herrin blickte ihn ſelt-
ſam an, und kuͤßte ihn auf die Stirne. Ich ſtaunte über
ſie, doch als ſie ſich zu mir umwendete, und ſchalt — vich
habe Godoi geheirathet, und ſey eine Verraͤtherin“ — ſo
zitterte ich, denn es ward mir nun klar, daß ſie irre
ſprach. — Roſine wollte ſie beſaͤnftigen, ſchrack aber ſelbſt
von ihren Blicken zuruͤck. Ich kniete, ihre Hand faſſend,
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
N 2. Sonnabend den à. Februar 18.
Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.
Schifferdie
Wohlauf! ihr gerüſteten Leute!
Herunter das Schiff vom Geſtad!
Wir kennen die Fluten des Lebens;
Wir ſehn den geraͤumigen Pfad.
Wir ſteuern gewandt durch die Wogen
Und ſingen manch frohliches Lied,
Und lauſchen gern lieblichen Tönen
Und haben ein kindlich Gemüth.
Das Meer erſchließt uns die Wunder,
Die tiefer ſein Schooß noch verhüllt.
Der Himmel iſt freundlich und heiter,
Von Minnegeſaͤngen erfüllt.
Die duftenden Blüthen vom Lande
Wehn koͤſtlich um jeglichen Kahn.
Und wenn wir die Bluͤthen uns wünſchen,
So halten am Ufer wir an.
Und ſchwaͤrmen dann froh durch die Fluren,
Und haͤngen uns Kraͤnz' um den Hals;
Und alleſamt ſind wir ſo glücklich,
Und die Maͤgdelein ebenfalls.
Es bieten geſegnete Palmen
Uns manch paradieſiſches Mahl;
Noch beſſerer Wein, als Burgunder
Perlt rings in dem vollen Pokal.
Und haben wir ſo uns beluſtigt,
Dann ſegeln wir weiter und friſch;
Und ſchwäͤrzt ſich der blauliche Himmel,
Erfreut uns der Blitze Geziſch.
Dann kaͤmpfen wir groß mit den Stuͤrmen,
Und ſegeln durchs Dunkel der Nacht.
Kein Ungethum kann uns erſchrecken,
Vernichten der Jünglinge Macht.
Zwar liegt er noch ferne, der Hafen;
Doch finden wir endlich ihn auch.
Gefunden, umtanzt uns die Freude;
Das iſt nun ſo einmal der Brauch.
Eduard Bernſtein.
—— ———— ——— — — —.—8— ————
Blutiger Lorbeer, welke Myrthe.
(Schlu ſß.)
Bei allen Heiligen! ich wußte nicht, was das Alles bedeutete,
aber ich fuͤhlte wohl, daß es Qual genug enthielt. Die
arme Roſine hing an Amintas Arme, und weinte laut;
Diego ruͤhrte ſich nicht, und meine Herrin blickte ihn ſelt-
ſam an, und kuͤßte ihn auf die Stirne. Ich ſtaunte über
ſie, doch als ſie ſich zu mir umwendete, und ſchalt — vich
habe Godoi geheirathet, und ſey eine Verraͤtherin“ — ſo
zitterte ich, denn es ward mir nun klar, daß ſie irre
ſprach. — Roſine wollte ſie beſaͤnftigen, ſchrack aber ſelbſt
von ihren Blicken zuruͤck. Ich kniete, ihre Hand faſſend,