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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 40-51 (April 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0177

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E*
S

Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

ro 40. Sonnabend den 3. April 184.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Die Mu ſe. Durchwuͤhle ihres Tempels hohle Truͤmmer,

Und ſuche Ruh' im aͤngſtlichen Gewimmer,
Wo find' ich, Muſe, deine Blumenhüugel, Das durch v.al gebrannte Oede beult:
Den Silberbach, wo im kryſtall'nen Spiegel ‚ Dir wird bein Friedensgenius erſcheinen
Die ew'gen Geiſter deine Wahrheit ſeh'n? Und deines Letens Geiſter werden
O! laß mich aus dem engen Thale wallen, Du ſuchſt umſonſt, wo nicht ihr Fluͤgel weilt!

Und leite mich zu jenen Sternenhallen,

Von ſchroffen Felſenwaͤnden rings umſchauert,
Dort oben müſſen deine Tempel ſteh'n!

Wo nur der Tod aus jedem Riſſe lauert,

Bewachſt du, wie die fernen Hesperiden Kein Morgen auf die Bluͤthen miederthaut,

Am Meeresſtrand die gold'nen Apfel-Bluͤthen, Saͤß nur in dieſer Schlucht der kranke Jammer,
In eines Haines Nacht dein Heiligthum? Und ihren Altar haͤtt' in oͤder Kammer

Und ſendeſt du aus dunkelheller Ferne, Nur grauſige Verweſung ſich gebaut!

Uns, wie den matten Blick die Nebel-Sterne,

Und blickte dann mit halberſtorb'nem Blicke
Nur einem Strahl aus dem Elyſium?

Dein weinend Auge auf die morſche Brucke,

Du hullteſt einſt bei deiner Weihe Feier, Die nach dem fernen Uferlande tragt:

Dich keuſch, wie Artemis, in einen Schleier, Es würde nur verzweifelnd niederſinken,
Dem ſelbſt die Gottheit heil'ge Ehrfurcht weiht. Kein Retter wuͤrde aus der Hohe winken,
Doch nur an deines Altars Stufen ſinken, Der kühn die zorn'gen Wellen niederſchlagt.

Den leiſen Hauch von deinem Athem trinken,

Iſ auf der Erde Gotterſeligkeit! Doch auf der Morgenroͤthe gold'nem Wagen
auf der Erde Götterſeligkeit!

Zeigt ſich, ein Bildniß aus beglückten Tagen,

Zertruͤmm're Wahn von taͤuſchenden Geſtalten, Die Himmelstochter mit dem Blumenkranz;
Im engen, dumpfen Kerker hingehalten, Sie reicht, wie Hebe in dem Gotterſaale,
Wo dich die Nacht mit ihren Schrecken faßt, Uns laͤchelnd ihres Nektars reine Schaale,
Zertrümm're ihres Daſeyns letzte Spuren, Und ſchlingt ſich in der Stunden Kettentanz:

Durchkrieche dann die Reiche der Naturen — Wenn dann entzückt im ſeligen Berauſchen,
Mit deines Irrthums furchterlicher Laſt. — Der Goͤttin Zauberreitze zu belauſchen,
 
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