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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 52-65 (Mai 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0274

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nio 64. Sonnabend den 20. Mai 1824.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Elegie.

Blüthen bringet der Mai, Geſang der Voͤgel, und neue
Luſt auf grünender Au und im bemooſeten Hain;
Lieb' auch bringet der Mai: die holde Schäferin laͤchelt
In der Zephyre Weh'n freundlich dem Hirten der Flur.
Aber es eilet ſo ſchnell die Luſt des Maien voruͤber,
Auch die Blume verbluͤht, und es verhallt der Geſang.
Darum weckt auch Trauer die Zeit: ſie folget zum Haine
Mir, auf lachendes Feld, und zu dem ſilbernen Bach.
Dorten ſchauend hinab in raſch enteilende Wellen,
Klag' ich: „Fliehet nur, flieht Wieſen und Felder hindurch!
Munter ſpielet ihr noch und frei im Blumengeſtade,
Doch bald endet der Lauf in dem gewaltigen Strom,
Der euch nimmer entlaͤßt; ach! ſo verrinnen im Zeitſtrom
Auch Aeonen — es kehrt nie der entſchwundene Tag.“ —
Drauf erklang es, wie Ton der goldenen Harf' aus des Baches
Hüpfender Wog', und ſang troͤſtende Worte mir zu:
Fern' im Thal, wo der kühlende Wald die Auen beſchattet,
Strömen aus Felſengeklüft wir, und im munteren Lauf
Sieht uns die ebene Flur; wir traͤnken die Blumen der Wieſe,
Und in den herrlichen Strom fluten wir maͤchtiger ein.
Aber es wellen noch viele der Waſſer aus heiligem Urborn;
Dieſe bilden mit uns jene gewaltige Flut.
Ewig quillet der Born, und nie verrinnet im Strome
Dieſe Welle; ſie reiht ſich an das ſilberne Band.“ —

Alſo lehrſt du, Natur! daß nimmer dein Leben verſieget,
Daß wir auch ewig mit dir, Goͤttliche, bleiben vereint;
Daß, im Wechſel des Sturms und der Fruͤhlingshell, auf
des Daſeyns
Pilgerpfaden wir geh'n, bis der Vollkommenheit Land
Uns empfaͤngt und Wiederverein der ſeligen Lieben:
„Floͤße mir Ruh' in das Herz, du, die allmaͤchtig der Welt
Geiſt belebet! O bluͤhe noch, Mai! O laͤchle noch, Liebe!
Wohl entfliehet, doch kehrt wieder die roſige Zeit
Mit dem Tanze der Horen: er wird ſich noch feſtlicher ſchlingen
In der Vollkommenheit Land; hoffe! Das ernſte Geſchick
Prüft und hellt abwechſelnd das Leben; die irdiſche Freude
Iſt auch ſüße, doch Leid ſchmerzt ach! ſchmerzet ſo tief.“ —
Alſo dacht' ich; noch ſchwebte die Trauerwolke; da röthet'
Abendſonne den Hain und die kryſtallene Flut,
Bei den Erlen des Vatergefildes erklang die Syringe,
Und es laͤchelten hold Blumen der grünenden Au.
Leichter hob ſich das Herz, und laͤngs dem traulichen Haine
Wallt' ich; vom Abendgewoölk ſtieg der Friede herab. —
— Karl Geib.

Die beiden Ringe.

ö (Sortſetzun g.) ö
Marie litt an den Folgen der hoͤchſten Erſchuͤtterung ihres
Gemuͤths, welche wohl auch auf ihren Körper nachtheilig
wirken mußten. Erſt, als ſie wieder geneſen war, und
 
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