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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 1-13 (Januar 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0025

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nis 5. Montag den 122. Januar 18N.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Sehnſucht zur Heimath. Geſchichte des Prinzen Kodadad.

(Fortſetzung.)
Dieſer Sohn wuchs allmaͤlig heran. Er war ſehr wohlge-
ſtaltet, und ſeine geiſtige Bildung entwickelte ſich ſo vor-
theilhaft, daß mein Vater ſeine Sorgfalt hinlaͤnglich be-
lohnt ſah. Er zeichnete ihn darum ſehr aus, und alle Hof-

Wollte wohl zur Heimath ziehen,
Ach, zur Heimath lockts mich hin!
Mocht' aus dieſen Bergen fliehen,
Wo ich ganz verlaſſen bin!

Gerne mied' ich dieſe Höhen,
Dieſe bluͤhende Natur,
Um ſie einmal noch zu ſehen
Die mir ewig theure Flur.

Gern verließ ich dieſe Thale,
Dieſes reichbegabte Land;
In der Heimath Sonnenſtrahle
Hab' ich nur das Glück gekannt.

Alles kommt mir dort entgegen,
Alles lacht mir freundlich zu; ö
Hier kann nichts mir Luſt erregen,
Hier gibt nichts mir Seelenruh.

Drum mocht' ich zur Heimath ziehen,

Ach, zur Heimath lockts mich hin!“
Will aus dieſen Bergen fliehen,
Wo ich ganz verlaſſen bin.

Herrmann von Hinüber.

beamten glaubten, er habe den Plan, mir dieſen Jüng-
ling zum Gemahl zu geben, und ihn zu ſeinem Nachfolger
zu erheben. In dieſer Vorausſetzung bewarben ſich ſchon
alle Hofbedienten, hohe und niedere, um ſeine Gunſt, und
der junge Mann naͤhrte am Ende ſelbſt dieſe Hoffnung.
Da ihm mein Vater aber zu lange zoͤgerte, und ihm meine
Hand nicht antrug, hatte er ſelbſt die Kühnheit, ihn darum
anzuſprechen.
Mein Vater ſtrafte dieſe Verwegenheit nicht, ſondern
ſagte ihm nur, er habe ganz andere Abſichten mit mir.
Allein der junge Mann war ſchon ſo ſehr verwöhnt, daß
ihn dieſe abſchlaͤgliche Antwort ſehr erbitterte. Er beſchloß
ſich zu raͤchen. Das Volk hatte er ſich ſchon fruͤher gewon-
nen; er leitete eine Verſchwoͤrung ein, ließ meinen Vater
ermorden und ſich zum Koͤnig ausrufen. Es waͤre mir
ſchrecklich geweſen, wenn ich die Gemahlin dieſes Menſchen
haͤtte werden muͤſſen, der meines Vaters Moͤrder war.
Darum entfloh ich gerne mit dem treuen Großweſſir, der
mich ſo lange in einer Huͤtte verborgen hielt, bis ein Schiff
ausgerüſtet war. Wir gingen heimlich an Bord, und woll-
ten zu den benachbarten Koͤnigen reiſen, um ſie zur Rache
 
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