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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 92-104 (August 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0432

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nie 103. Sonnabend, den 2. Auguſt 184.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Huͤtten! —

Morgenſtrahlen.

20. Der Arme.

Da ſteh ich an der Kirchenthuͤr
Und harr auf eure Gabe, —
O reicht ſie, — fraget nicht wofuͤr;
Man opfert gern dem Grabe,
Ich ſteh darin mit einem Fuße,
Hab jetzt nur Leben noch zur Buße.
O fraget nicht, was ich beging;
Die Andacht moͤchte fliehen. —
Zur Kette ſchlang ſich Ring an Ring,
Mich tief hinab zu ziehen;
Erſt als ich ewig war verloren,
Fuͤhlt ich zu Hoͤh'rem mich geboren.
Da ſteh ich an dem Gotteshaus,
Wag nicht hinein zu treten;
Beſeeligt kommt ihr all heraus,
Ich nur — ich kann nicht beten.
O ſchenket mir ein mild Erbarmen,
O betet, betet fuͤr den Armen,

21. Todteng raͤber.

Kommt herein, was wollt ihr ſaͤumen? —
Ewge Pforten ſind euch aufgethan.
Ruhen koͤnnt ihr hier und traͤumen
Nach der muͤhevollen Lebensbahn;
Sturmlos iſt des Grabes ewge Nacht,
Sorget nicht, daß ihr zu fruͤh erwacht.

Einmal muͤßt ihr, muͤßt ihr kommen!
Waͤhnet nicht, daß ihr mir je entgeht;

Alle hab ich aufgenommen,
Ihre Namen hat die Zeit verweht,

Manchen Saͤugling — von der Mutterbruſt,

Manchen Braͤutigam — von ſuͤßer Luſt!

Nichtig iſt des Menſchen Treiben,

Weil er friedlos durch das Leben irrt. —

Dieſe Wohnung nur kann bleiben,
Da ſie mit euch ſelbſt zerſtieben wird.
Ruhe hab ich keinem noch verſagt;

Keiner, den ich aufnahm, hat geklagt.
 
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