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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 105-117 (September 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0456

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nie 109. Sonnabend den 10. September 1824.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Huͤtten! —

Das eheſtift ende Bad.

(Forrſetzung.)

Denn waͤhrend die muͤtterliche Sorgfalt ſich ganz ſtill mit einer
Wahl beſchaͤftigte, war er ſchneller zu Werke gegangen, und hatte
die Schwuͤre ſeiner Terpſichore erfleht, und empfangen. Alles
fuͤgte ſich vortrefflich zur Erfuͤllung ſeiner Wuͤnſche, kein Hinderniß
war zu beſeitigen — als die beiderſeitigen Eltern; mit dem Muth,
den ihm die Zuverſicht ſeines Gluͤckes gab, trat er gleich den
Vater ſeiner Philippine an. Aber wie war er erſtaunt, als die-
ſer ſeinen Stand verwarf und ihm erwiederte, jeder muͤſſe in
ſeinem Kreiſe bleiben, das ſey zum Lebensgluͤck durchaus er-
forderlich. Das erſtemal, ſo lange er gelebt, war der junge
Baron in ſeinem Rechte gekraͤnkt. Mit großer Indignation
antwortete er dem achtbaren doch ſchlichten Kaͤufmann: jeden
Menſchen muͤſſe ein allgemeines Streben zum Hoͤhern beſeelen,
er ſey der erſte Baron in der Chriſtenheit, und, — wie er
meinte, mit Schlauheit fuͤgte er hinzu — durch dieſe Verbin-
dung koͤnne der Kaufmann ſelbſt noch zu einem Kronen-
Wappen⸗Schilde gelangen. Etwas entruͤſtet erwiederte jener,
ſeine Thaler haͤtten alle Kronen, ünd waͤren ſeine ſelbſt er-
worbenen Wappenſchilde, keine angebornen!

Die Unterredung nahm, natuͤrlich, keine hoffnungsreiche
Wendung fuͤr den jungen Baron. Aber er uͤberwand und be-
kaͤmpfte den Kaufmann nur mit den Waffen der Liebe, woran er
auch gar nicht uͤbel that, denn jener beſaß ein zaͤrtliches Va-
terherz. Wirklich wurde dadurch der Widerwille gegen den Ba-
ron etwas gemildert, und als die Tochter mit einem hellen
Thraͤnlein im Auge hereintrat, war ſeine widerſtrebende Strenge
ganz zu Ende; er kuͤßte das liebe Kind innig und ſagte —:
du biſt eine Perle, wer dich fiſchen will, muß mir nicht in
der Flut der Alltaͤglichkeit untergehen: ja, Herr Baron, wol-
len ſie meine Philippine gluͤcklich machen, hofft ſie es mit
Ihnen zu werden, immerhin! mit den Wuͤnſchen meiner Toch-
ter zieht mein Seegen; nur — das ſage ich Ihnen, Sie muͤſ⸗
ſen zu meiner Tochter niederſteigen, muͤſſen Kaufmann wer-
den, wie ich, und den Baron an den Naͤgel haͤngen — an-
ders nicht! und ſo mit nahm er die Tochter bei der Hand
und fuͤhrte ſie ſtraͤubend mit ſich fort, indem ſie noch einige
ſuͤße Blicke ihrem geliebten Taͤnzer zuruͤck warf.
Wer malt ſich das Erſtaunen des Baron! Ein Gefuͤhl
der Empoͤrung ſtieg ihm zum Herzen. Fort, fort! war der
erſte Gedanke, und mit Sturmes⸗-Eile gings die Treppen hinab;
zu langſam kamen die in Haſt beſtellten Pferde, und eine
entſetzlich lange Stunde war kaum vergangen, als er bereits
 
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