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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

DOI Kapitel:
No 52-65 (Mai 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0278

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

0 65. Montag den . Mai 1824.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

Warnung und Weiſung.

Traue nicht der Hoffnung Truggebilde,
Bau' auf Hoffnung nicht dein Lebensglück.
Laͤchelt ſie auch noch ſo huld und milde
Mit der Liebe ſüßem Schmeichelblick;
Dennoch, dennoch darfſt du nimmer
Trauen ihrem Zauberſchimmer! —

Wähneſt du im Arme ſchon zu halten
Aller deiner Wünſche Wonneziel,
Glaubſt, daß nun belohnend ſich entfalten
Dir wird deines Sehnens dunkel Spiel,
Schwindet fort in weite Raͤume
Dir das Glück, gleich Glück der Träume.

Eines nur gilt ſeinen Preis im Leben:
Glück iſt, was der Augenblick uns beut;
Schnell gehaſcht, erhaͤlten, nicht gegeben,
Koſtet Bſut und Leben auch der Streit.
Einmal ſchlägt die Schäferſtunde
Jedem auf dem Erdenrunde.
Liebender, die Wonneſtund' erhaſche!
Flüchtig iſt ſie wie der Sturm der Zeit:
Nütz das Fünkchen glimmend in der Aſche;
Muth und Kraft hat niemand noch gereut.
Wer die Schäferſtund' verpaßte,

Nimmer mehr das Glück erfaßte( l

Glaubet mir, der auch gehofft, geliebet;
Glück nur bringt der ſüße Augenblick! —
Alles was gekraͤnkt euch und betrübet,
Bannet ſchnell das gegenwaͤrt'ge Glück! —
Doch — es berge treu die Kunde,
Wem ſie ſchlug die Schäferſtunde!
Freih. Otto v. Budberg.

Die beiden Ringe.

(Fortſetzun g.)
Zwey Begleiterinnen furs Leben waren Bertha zu Theil
geworden: eine gütige Natur und — ihre treffliche Mut-
ter. Die letztere hatte ihr einfach kindliches Gemüth fruͤh
zur Verehrung des hoͤchſten Weſens geleitet, von dem ja
Alles ſtammte, was die Kleine, Schönes und Liebes hatte.
Von der Natur war ihr Milde und Zartheit und neben
dieſen ein ruhiger feſter Sinn, ein ernſtes Streben nach
Schoͤnheit und Wahrheit; — ein leichtes Faſſungsvermoͤ⸗
gen; — eine ausgezeichnet ſchoͤne Geſtalt und eine dauer-
hafte Geſundheit als Pathengeſchenk, dargeboten worden.
— unter ihren Blumen und Singvoͤgeln war ſie aufgekom-
men in Ferneleben, und in reiner Sittlichkeit hatte ſich
das kindliche Gemuth geſpiegelt; denn es kannte ja nur
Gott, die Pflegemutter und Marie.
Mit ihren Blumen nach Buchenau verpflaͤnzt, konnte
ſle hoͤchſtens — ein deutſches Buch leſen. Ihrer Mutter,
 
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