Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

DOI Kapitel:
No 131-143 (November 1824)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0556

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nie 133. Sonnabend den 6. November 182.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Hütten! —

Blanka und Iſabelle.
Hiſtoriſche Novellenach Legouvé.

Von Franz Frhrn. v. Keller.

(Fortſetzung.!]
„Liebe und Krone, verſetzte Blanka, beides bringt ſie euch
im Augenblicke dar; ſie iſt Koͤnigin von Sizilien. Ich
ſelbſt habe nur unter ihrem Namen den Sieg errungen,
um ihr jetzt ihren Namen und ihre Erbſchaft zuruͤckzu-
geben. Morgen werde ich die Großen dieſes Reichs hier
verſammeln, um ihnen ein Geheimniß zu entdecken das
nur von meinem Vater und euch gekaͤnnt iſt.“ — Bei dieſer
Rede hatte Staunen, Ruͤhrung und Bewunderung zugleich
Peters Seele ergriffen, und er fand nicht Worte um Blanka
ſeine Gefühle auszudrücken, von denen er durchdrungen
war. Aus dieſem Schweigen erwachte er nur mit einem
Schmerzausrufe, als in dem Augenblick, ein Offizier ein-
trat, der von Blanka befehligt war, Eliſabeth frei zu ma-
chen; nun aber die Nachricht brachte, daß dieſe Prinzeſſin
ſich nicht mehr in Palermo befaͤnde. „Als ich mich an den
Ort ihrer Gefangenſchaft begeben hatte — fuhr er zu be-
richten fort — machte mir der Kerkermeiſter zu wiſſen, daß
Heinrich ſie ſchon vor einigen Tagen aus dieſer Stadt habe
wegbringen laſſen; und daß der Grauſame ſie vielleicht-
ſchon ſeiner Rache geopfert haben dürfte.“

Eine ſolche Nachricht machte Peter und Blanka tief be-
ſtürzt; denn in beiden dieſen edelmüthigen Seelen litten
Liebe und Freundſchaft auf gleiche Weiſe. Nun ließ
Blanka die teutſchen Gefangenen uͤber Eliſabeths Schickſal
ausforſchen, und einer von ihnen antwortete, daß ihr Mo-
narch dieſe Prinzeſſin auf ein benachbartes Schloß hätte
bringen laſſen, das von einer ſtarken Beſatzung bewacht
würde. Da rief Peter aus: „Soldat, führe mich gegen
jene Feſtung; mir genügen meine Leute, um mich bald zum
Meiſter davon zu machen; und wer ſonſt ſoll ſie befreien
als nur Eliſabeths Verlobter?“ — Blanka wollte dem hel-
denmüthigen Prinzen das Vergnuͤgen nicht rauben, ſeine
Geliebte zu retten; ſie begnügte ſich die Schaaren ſeiner
Provenzalen mit einer Anzahl Sizilianiſcher Truppen zu
verſtaͤrken, die nun ſeinem Zuge folgten. Peter beſchleu-
nigte aus Leibeskraͤften ſeinen Marſch, und erreichte nach
einigen Stunden das Schloß. An deſſen Fuße ließ er ſo-
gleich Sturmleitern gegen die Mauern anlegen, und beſtieg
ſolche zuerſt, das Beil in ſeiner Hand. Da warf man ihm
ein geſchriebenes Blatt vom Walle herab, worin ihm der
Befehlshaver dieſer Burg zu wiſſen that, daß wenn Peter
uicht augenblicklich von dannen zoͤge, Eliſabeth ſterben
müßte, indem das Schwert ſchon über ihrem Haupte
ſchwebe. Dieſe Drohung verdoppelt Peters Eifer; er naht
ſich der Zugbrucke, haut mit dem Beil eine ihrer Schließ-
ketten entzwei; die Brücke fällt ſich oͤffnend herab, Peter
 
Annotationen