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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 40-51 (April 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0209

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

Nio 48. Mittwoch den 1. April 182.

Verantwortlicher Redakteur und Herausgeber: Friedrich Karl Freiherr von Erlach.

An die Freundin.

Roch dieſes Lied, eh' mir die Harfe ſinket,
Seuy dir du Gute, Liebliche, geſungen,
Vom Herzen iſt's dem Herzen zugeklungen,
Das nur mit dir den Kelch der Wonne trinket.

Dem Drange folg' ich, der zu Höh'rem winket,
Da, wo der Geiſt durch ſeine Daͤmmerungen
Den langverhüullten Lichttag ſich errungen,
Wo ihm der Wahrheit Sonnentempel blinket.

Doch nicht allein darf ich mit meinem Weſen
Vor den erhab'nen, großen Meiſter treten,
Mit meinem frommen Engel muß ich kommen,

ö Mit ihm des Lebens ernſt're Deutung leſen.
Du warſt der Engel, der mich kam zu retten,
Als mir die Nacht den ſreien Blick benommen,

Viel Herrliches entſchwand aus meinem Leben,
Der Liebe zartes, frommes Bild nur nicht‚,
Wie eine Luna lenkte ſie mein Streben,
Beſchwichtigte der Stunden Zorngericht,
Und Himmelsbilder ſah vorbei ich ſchweben,
Ich durfte ſonnen mich in ihrem Licht,

und aufwaͤrts hob's mich, wenn die Sinne riefen,

Und drang mit mir in unerſpaͤhte Tiefen.

Drum wird auch nie der Zug in mir erſterben

In dem ich ewig mich an dich geſchmiegt,
Das Alter mag einſt unſ're Locken faͤrben,
Doch weiß ich, daß die Lieb' ihm nicht erliegt.
Was bliebe denn, wenn ſchmahliches Verderben
Auch der erhab'nen Liebe Glauben trügt?
Es kann nur ſterben, was der Erd' entſproſſen,
Der Liebe ſind die Himmel aufgeſchloſſen.

Darum zum Himmel hinan Vertrauen, u. Auge gewendet,
Was uns die Liebe verhieß wird uns dort oben gewaͤhrt.
Laſſe den Sturm du droh'n; er wüthet, und tobt, und
verhallet,
Doch es erſcheinet der Tag nach der durchwitterten
Nacht.
Alſo ſchwebt es vor mir in duͤſterer Tage Betrachtung,
Wenn nach Vereinigung ſich ſehnet das trauernde
Herz,
Ja ſie nahet gewiß die Stunde des ſuͤßen Entzuckens,
Wo das vergangene Leid wie ein Triumph uns er-
ö ö ſcheint; ö
Ein Triumph, den unſre Treue, und Tugend errungen,
Ueber des Schickſals Gebot, über Verſpottung, und Liſt.
Dann, dann ſchlagen ſich unſere Buſen in trauter Um-
armung
Ewig entgegen, und klar wird, was uns dunkel

rſchien.
erſch I.
 
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