Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0420
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No 92-104 (August 1824)
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- Einband
- [Vorbemerkung]
- Inhalt
-
No 1-13 (Januar 1824)
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No 14-25 (Februar 1824)
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No 26-39 (März 1824)
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No 40-51 (April 1824)
-
No 52-65 (Mai 1824)
-
No 66-78 (Juni 1824)
-
No 79-91 (Juli 1824)
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No 92-104 (August 1824)
-
No 105-117 (September 1824)
-
No 118-130 (Oktober 1824)
-
No 131-143 (November 1824)
-
No 144-157 (Dezember 1824)
- Einband
- Maßstab/Farbkeil
Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.
Nio 100. Sonnabend den A. Auguſt 18.
Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! —
Friede und Segen den Hütten! —
Morgenſtrahlen.
18. Waſſerfahrt.
Meinem FIFreunde G.
Still war die Nacht, ich ſaß mit meinem Bruder
Gewiegt in einem leichten Schifferkahn,
Er führte mit gewandter Kraft das Ruder
Durch eines Weihers ſpiegelglatten Plan.
Am Ufer lispelten die ſchlanken Rohre,
Bewegt von naͤchtig kuͤhlem Odemzug
Und fernhin rauſchte fort im Nebelflore
Verſcheucht noch eines Vogels duͤſtrer Flug.
Die Sterne blickten von dem Himmelsbogen
Und zitterten in ihrer goldnen Pracht,
Und ſpiegelten in unſern dunkeln Wogen
Und tiefes Schweigen herrſchte durch die Nacht.
Ich ſah empor und glaubt in alle Ferne
In leiſem Schweben fort und fort zu ziehn,
Als ſaͤnken nieder alle Himmelsſterne, ‚
Als fühlt ich unter mir die Erde fliehn.
Und tief bewegt von Ahndung tief ergriffen
Schloß ich in ſüßem Traum die Augen zu,
Und waͤhnte nach dem Zauberland zu ſchiffen,
Wo noch die Liebe lebt und Seelenruh.
Da ſprach ich ſtille, zu mir ſelbſt in Schweigen:
O Himmel, find' ich meine Liebe dort,
So gieb mir das ſo lang erſehnte Zeichen,
Sprich mir dein tief geheimnißvolles Wort! —
Ein warmer Hauch, ein ſtiller Himmelsſegen,
Ein milder Kuß, o nie gefuͤhlte Luſt!
Berührten mich, ich flog dem Kuß entgegen —
Dich, lieben Freund, ſchloß ich an meine Bruſt.
19. Mitternacht.
Wie iſt es ſtill und feierlich
In hoher Mitternacht!
Da ſchwebt der Geiſt der Liebe,
Der ſeine Welt bewacht.
Da lenkt ein Wink des Ewigen
Das wankende Geſchick,
Er ſegnet ſeine Kinder
Mit liebevollem Blick.
Ich ahnd ihn jetzt, den Heiligen,
Ich fühle ſeine Macht,
In dieſer ſtillen Feier,
In hoher Mitternacht.
Nio 100. Sonnabend den A. Auguſt 18.
Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! —
Friede und Segen den Hütten! —
Morgenſtrahlen.
18. Waſſerfahrt.
Meinem FIFreunde G.
Still war die Nacht, ich ſaß mit meinem Bruder
Gewiegt in einem leichten Schifferkahn,
Er führte mit gewandter Kraft das Ruder
Durch eines Weihers ſpiegelglatten Plan.
Am Ufer lispelten die ſchlanken Rohre,
Bewegt von naͤchtig kuͤhlem Odemzug
Und fernhin rauſchte fort im Nebelflore
Verſcheucht noch eines Vogels duͤſtrer Flug.
Die Sterne blickten von dem Himmelsbogen
Und zitterten in ihrer goldnen Pracht,
Und ſpiegelten in unſern dunkeln Wogen
Und tiefes Schweigen herrſchte durch die Nacht.
Ich ſah empor und glaubt in alle Ferne
In leiſem Schweben fort und fort zu ziehn,
Als ſaͤnken nieder alle Himmelsſterne, ‚
Als fühlt ich unter mir die Erde fliehn.
Und tief bewegt von Ahndung tief ergriffen
Schloß ich in ſüßem Traum die Augen zu,
Und waͤhnte nach dem Zauberland zu ſchiffen,
Wo noch die Liebe lebt und Seelenruh.
Da ſprach ich ſtille, zu mir ſelbſt in Schweigen:
O Himmel, find' ich meine Liebe dort,
So gieb mir das ſo lang erſehnte Zeichen,
Sprich mir dein tief geheimnißvolles Wort! —
Ein warmer Hauch, ein ſtiller Himmelsſegen,
Ein milder Kuß, o nie gefuͤhlte Luſt!
Berührten mich, ich flog dem Kuß entgegen —
Dich, lieben Freund, ſchloß ich an meine Bruſt.
19. Mitternacht.
Wie iſt es ſtill und feierlich
In hoher Mitternacht!
Da ſchwebt der Geiſt der Liebe,
Der ſeine Welt bewacht.
Da lenkt ein Wink des Ewigen
Das wankende Geſchick,
Er ſegnet ſeine Kinder
Mit liebevollem Blick.
Ich ahnd ihn jetzt, den Heiligen,
Ich fühle ſeine Macht,
In dieſer ſtillen Feier,
In hoher Mitternacht.