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Charis: rhein. Morgenzeitung für gebildete Leser (4) — 1824

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No 144-157 (Dezember 1824)
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https://doi.org/10.11588/diglit.22120#0632

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Rheiniſche Morgenzeitung fuͤr gebildete Leſer.

153. Mittwoch den 2. Dezember 1824.

Gehorſam den Regenten! — Achtung dem wahren Adel! — Allgemeinheit
dem echten Chriſtenthum! — Friede und Segen den Hütten! —

Der Grüblerin.

Ob ich dich liebe? — Darfſt du ſo wohl fragen?
Das kann dir nicht die fremde Lippe ſagen,
Die Antwort mußt du ſelbſt im Herzen tragen,
Und wird dir's, ach! in inn'rer Bruſt nicht tagen,
Wirſt du bei allem Reichthum dennoch klagen,
Daß Mangel hier, dort Froſt und Kaͤlte nagen.

Denk' jener Zeit, da noch bei frohen Spielen,
Wir kannten nur ein Wollen und ein Fuͤhlen;
Da Zweifel nie in unſern Himmel fielen,
Da leichte Wunde leichtlich war zu kuhlen,
Da wir uns betteten auf weichen Pfuͤhlen
Vertrauend heiter kindlichen Gefühlen.

Des Morgens Balſam wird uns nicht mehr thauen,

Hin iſt der Glanz der erſten Frühlingsauen,
Das Paradies, vom Sturme fern, dem rauhen,
Wo Kindesaugen alles kindlich ſchauen,
Doch willſt du Glück noch auf den Truͤmmern bauen,
O rette Lieben, Hoffen und Vertrauen!

Caroline Still.

Salomon und Morolf (Markolph).

Eine ergoͤtzliche Erzaͤhlung,
mitgetheilt von Albert Schulz.

(Sortſetzung.)
Fünftes Kapitel.
Wie Morolf dennoch nach Hofe kam, und Salomon ein Urtheil ſprach.

Eines Tages, da Morolf erfahren hatte, daß der König
ein groß Gericht halten wurde, begab er ſich auf den Weg
nach Jeruſalem, und kam an das Schloßthor. Kaum wa-
ren jedoch ſeiner die Knechte gewahr worden, als ſie mit
großem Laͤrm gegen ihn heran kamen, und die Hunde auf
ihn hetzten. Morolf hatte das wohl bedacht, und ließ zu-
gleich einen Haſen laufen, den er unter dem Gewande ver-
borgen gehalten hatte, und mit noch weit großerem Laͤrm
ſtͤrzten die Hunde dem fluͤchtigen Thiere nach, er aber
ging ungehindert in den Schloßhof, wo der Koͤnig vor
einer großen Volksmenge oͤffentlich Gericht hielt.
Es wurde uber zwei Weiber verhandelt, die beide zu
einem Kinde gekommen waren. Die Eine aber hatte ihr
kleines Kindlein in der Raſerei des Schmerzes getoͤdtet,
darum erhob ſie ſich in derſelben Nacht, ſtahl der Nachba-
rin ihr neugeborenes Kind im Schlafe, und legte ihr
 
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