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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 11.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.7189#0013
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erʒdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 124.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1872.

Eine Entwürdigung deutſcher Kunſt.

Jn der Ecke des Blattes befindet ſich eine an das Kreuz
geſchlagene mit 7 Schwertern durchbohrte Mönchscarrikatur mit
der Jahrzahl 1872. Blatt Nro. 4. Ein nackter Bube mit
der päpſtlichen Tiara auf dem Kopfe ſteckt durch den Mund der
Geſichtsmaske Chriſti ſeine Hand hindurch, welche einen Bündel
Blitzſtrahlen hält. Daß dieſe Blitzſtrahlen nicht zu fürchten
ſeien, wird durch vier andere nackte Buben illuſtrirt, deren
einer ihm lachend die Blitzſtrahlen aus dem Bündel rauft,
während die drei übrigen Buben Geberden machen, wie ſie in
einer anſtändigen Geſellſchaft und darum auch in einem an-
ſtändigen Blatte nicht wiederzugeben ſind. Blatt Nro. 3. Ge-
krönte Häupter — darunter ein nicht zu mißkennendes, in
bayeriſchen Bilderläden auch ſonſt häufig ausgeſtelltes Portrait
— ſämmtliche Phyſiognomien natürlich earrikirt — ſind von
einer Cravatte umſchlungen, mit der Aufſchrift ,,Concordat'',
und alle unter einen mit dem Roſenkranz und verkehrtem Kreuz
umſchlungenen Pfaffenhut gebracht. Motto des Meiſters:
,,Wird Euch der große Wurf gelingen,
Die Könige unter einen Hut zu bringen?
Gott verdamm die Jeſuiten.''

Unter der Rubrik ,,Kunſt und Literatur'' brachten die ,,M.
Neueſten Nachrichten'' unlängſt folgenden Fingerzeig für ihr
ſcandalſüchtiges Publikum: ,,Die neueſten Begebenheiten auf
kirchlich⸗politiſchem Gebiet, die leider ebenſo ,,gefahrdrohend für
die Ruhe und den Frieden des Landes als unbegreiflich für
den geſunden Menſchenverſtand'' ſind, haben unſerm Altmeiſter
Wilhelm v. Kaulbach Anlaß zu einer Reihe von ,,fliegenden
Blättern'' gegeben, welche ſoeben bei Hrn. Hanfſtängel hierſelbſt
erſchienen ſind. Mit dem ihm eigenen, geradezu vernichtenden
ſarkaſtiſchen Humor zeichnet hier der berühmte Künſtler in Bild
und Wort allegoriſch die Armſeligkeit jeſuitiſcher Anmaßungen.
Die photographiſchen Bilder haben übrigens noch beſonderes
Jntereſſe durch ihre täuſchende Nachahmung der urſprünglichen
Federzeichnungen und der eigenhändigen Motto's des Meiſters.''
Nun, dieſe ,,fliegenden Blätter'' mit den eigenhändigen Motto's
des ,Meiſters'' liegen auch uns vor, aber wahrhaftig, nicht
der Humor war es, der uns dabei an erſter Stelle in's Auge
fiel, ſondern der ſataniſche Haß gegen den Gekreuzigten, ſeine
göttliche Stiftung auf Erden, die Träger ihrer Gewalt, wie
nicht minder gegen das weltliche Königthum, ſoweit es noch
den mit dem Kreuz beſiegelten Kronenreif als Zeichen einer von
Oben ihm gewordenen Aufgabe für die Menſchheit auf dem
Haupte trägt und ihn nicht ſelbſt bereits mit den Füßen tritt.
Neben dieſem wahrhaft antichriſtlichen Haß iſt es nur noch die
Frivolität, die alle Scham verachtet, welche in dieſen gemeinen
Carrikaturen um den Wettpreis ſtreiten, dieſelben zu wahren
Spottbildern auf den Namen ,,Kunſt'' machen. — Daß wir
nicht übertreiben, möge man aus der nachſtehenden gedrängten
Beſchreibung nur einiger Nummern dieſer Schandbilder er-
ſehen. Nro. 2. Jn einer mit Roſenkranz und Papſtkreuz ver-
ſehenen Mönchskutte ſteckt ein feiſter Hammel, auf dem Schafs-
kopfe die päpſtliche Tiara, neben dieſer Figur zwei Füchſe
gleichfalls in Möuchskutten, die dem gekrönten Schaf heuchleriſch
ihre Ergebenheit bezeugen und ihm ihre Rathſchläge in's Ohr
flüſtern. Darunter als Motto von des ,,Meiſters'' Hand:
,Tag und Nacht umflüſtern ſie ſein längliches Ohr ihm;
Endlich erlag ſein kindlich Gemuth den unfehlbaren Ränken.

Blatt Nro. 5. Vor Napoleon J. ſtehen mehrere Cardinäle
ſelbſtverſtändlich lauter Galgen- und Spitzbubengeſichter. Motto
des ,,Meiſters'':
Napoleon: Jhr ſeid Alle Spitzbuben
Kardinäle: Nicht Alle, aber ein guter Theil.*)
Genug! Nur mit Eckel und Abſcheu kann man ſich von
einer ſolchen Entwürdigung der Kunſt, deutſcher Kunſt, ab-
wenden. Nur zu bekannt ſind auch die jeder Bezeichnung ſpot-
tenden Darſtellungen dieſes ,,Altmeiſters'' auf ſittlichem Gebiet,
,,Liebesgötter'' rc.; im Zuſammenhange mit dieſen neueſten Pro-
dukten der entweihten Muſe dieſes Großmeiſters der antichriſt-
lichen Zeitſtrömung beweiſen ſie den tief beklagenswerthen Sturz
nicht blos der ,,deutſchen Wiſſenſchaft'', ſondern jetzt' auch der
,,deutſchen Kunſt'', wenn dieſe Richtung die Oberhand behält.
Was iſt doch aus der Münchener Kunſt und den Münchener
Künſtlern ſeit Ludwig J. geworden, wenn ſie gegen eine ſolche
Schändung der Kunſt nicht mit Entrüſtung Proteſt erheben?

*) Eine Verdrehung des bekannten Witzes: Non tutti, ma Baona
parte.
 
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