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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 11.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.7189#0037
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſvereins der Erzdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 131.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1872.

Das Kloſter Beuron und die St. Mauruskirche in
Hohenzollern.

ſtändiger Bedachung an dem durchaus einfachen Bau von läng-
licher Anlage aufgeführt; andere Gliederung oder ſonſtigen
architektoniſchen Schmuck entdeckt man weder außen noch innen,
dieſen haben durchaus Bilder, Jnſchriften und Decoration zu
erſetzen. Zuerſt ſtoßen wir an den Vorhallpfeilern auf mehrere
Figuren anbetender Engel, gleichſam als die erſten Thorwärter,
in edelſtrenger Weiſe gedacht und ausgeführt, mit weißen, reich-
verzierten Gewanden und goldener Kopfzierde. Das Hauptbild
in der Vorhalle bildet die Himmelskönigin, eine unbeſchreiblich
majeſtätiſche Geſtalt, ſitzend dargeſtellt mit dem Kinde, von
einer Lichtglorie ganz umgeben, in weißer faltenreicher Gewan-
dung und mit goldenem Diadem, auf einem prachtvollen Thronſitz,
ſchon unten von der Straße aus ſichtbar. Während ihr Auge
mit ſüßer Hoheit uns anblickt, ſcheint ſie mit der einen Hand
das göttliche Kind, es leicht umfangend, darzubieten und mit
der andern uns einzuladen. Der göttliche Sohn aber ſteht im
prieſterlichen Gewande aufrecht neben der Mutter auf dem
breiten Sitze des Thrones und erinnert, obgleich in Jünglings-
geſtalt, mit ſeinem männlichen Ausdrucke an ſeine unendliche
Würde, zeigt aber zugleich durch nicht weniger Milde in den
Zügen ſeine unbegrenzte Erlöſerliebe. Seine Rechte ſegnet voll
Kraft und Anmuth, die Linke hält die Weltkugel. Jede Spur
ſinnlicher Mutterliebe und kindiſcher Zärtlichkeit der modernen
Marienbilder iſt mit Recht hier verpönt. Jn dem die Gruppe
umgebenden Lichtkranze erſcheinen mehrere Jnſchriften, z. B.:
Qui me invenerit etc. An der Seite des Kindes ſteht die
Heldengeſtalt des Erzvaters Benedict und ihm gegenüber ſeine
Schweſter Scholaſtika, beide im ſchmuckloſen ſchwarzen Bene-
dictiner-Bußgewand, auf teppichartige Felder gemalt, die durch
kleine Palmenzweige mit den Bautheilen geiſtreich verbunden
werden. Benedict ſchaut mit den vor der Bruſt flach ausge-
ſtreckten Händen anbetend nach dem Jeſuskinde, ſein Abtsſtab
lehnt innen an die linke Schulter; Scholaſtika mit der weißen
Taube auf der Bruſt hält in der einen Hand eine Buchrolle,
wohl die Ordensregel des Bruders, und drückt ſie feſt an's
Herz, während die andere Hand gegen die Himmelskönigin
einladend ausgeſtreckt iſt.
Unter den Füßen der beiden Ordensheiligen zieht ſich ein
ſchmaler Fries uber die Portalwand hin, der aber in der Mitte

Die großen Verdienſte der Klöſter um die Pflege der
Kunſt ſind weltbekannt und dafür kann man bis auf die neueſte
Zeit herauf die thatſächlichſten Beweiſe liefern. Allerdings ließen
ſich auch alle Klöſter von den profanen Künſtlern mitreißen und
wirkten gleich dieſen ebenſo zum Verfalle der Kunſt mit, als
ſie einſt dieſelbe zu der ſchönſten Blüthe bringen halfen. Aber
bei dem neueſten großartigen Umſchwung zum Beſſern auf dem
Geſammtgebiete der Kunſt blieben auch die meiſten Klöſter nicht
gleichgültig und lenkten entſchieden in die beſſere Bahn ein, zwar
ſeltener in ihrer Geſammtheit, als ein geſchloſſenes Ganzes,
ſondern es wurde nur einzelnen Mitgliedern erlaubt, vom bis-
herigen Nihilismus abzugehen. Beuron aber ſcheint als ein
Ganzes in alter Weiſe mit aller Entſchiedenheit die Kunſt
pflegen zu wollen und nimmt daher gern angehende und aus-
gebildete Künſtler in ſeine Mauern auf. Das Kloſter ſelbſt
mit ſeiner Kirche im üppigen Zopfſtyl umgebaut und in
dieſem, der ſtrengen Regel des hl. Benedict nicht entſprechenden
Styl noch ziemlich gut erhalten, bot den eingetretenen Künſt-
lern kein erwünſchtes Feld, die alte Kloſterkunſt zu üben; daher
ward beſchloſſen, in der Nähe einen Neubau aufzuführen. Es
iſt dies die St. Mauruskirche. Ueber mehrere Stufen ſteigt
man von der Straße auf einen kleinen ebenen Platz empor und
dann ſteht man bald vor einer Vorhalle, die auf zwei Pfeilern
ruht und in der Mitte das Eingangsthor der Kirche erblicken läßt.
Die Decke dieſes einfach angelegten Vorbanes bildet der auch
nach vorn durchaus offene Dachſtuhl mit reicher Verzierung der
Balken. Die ruhige Bewegung der Giebelbalken ſchließt oben
entſprechend ein Werk der Bildhauerkunſt, bis jetzt das einzige
an der Außenſeite des formſtrengen Baues, ab: ein ſchwebender
Engel aus Bronze mit einem Kreuze; er wurde von Lenz
modellirt. Zur Aufnahme einer Glocke überragt die Abſchluß-
mauer auf der Rückſeite das Dach, ähnlich wie man dies an
vielen alten Kirchlein auf Burgen und Friedhöfen ſieht. Fenſter
in Form ſchmaler Lichtöffnungen finden wir zwei neben dem
Eingang und zwei andere, durch eine Art Säule getheilt, auf
jeder Langſeite. Auf der Rückſeite iſt eine Sacriſtei mit ſelbſt-
 
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