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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 11.1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.7189#0032
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— 218 —

Kelche und Geräthſchaften zum Einſchmelzen abſchickt, möge man
ſie Leuten zeigen, welche über deren Kunſtwerth urtheilen können.
Aber ſelbſt in dem Falle, daß alte ſilberne Kelche oder
Ciborien keinen beſondern Kunſtwerth haben, iſt es nicht prak-
tiſch, ſie einſchmelzen zu laſſen. Noch vor einiger Zeit wurde
mir ein Kelch zugeſchickt, deſſen ſilberne Kuppe eingeſchmolzen
werden ſollte. Der Fuß beſtand aus Kupfer. Die Kuppe war
ſechs Thaler werth; die Reſtauration und neue Vergoldung des
Kelches koſtete acht Thaler. Eine dürftige Kirche erhielt ſo für
14 Thaler einen Kelch, der eben ſo ſchön und dauerhaft, als
ein neuer war und welcher, wenn er neu geſchaffen wäre, gegen
30 Thaler gekoſtet haben würde. Auf dieſe Weiſe habe ich
mehreren armen Kirchen eben ſo wohlfeile als gute Geräth-
ſchaften beſorgt. Zum Schluſſe die Verſicherung, daß der
ſümmtliche ,,alte Plunder'', den ich bisher in der Paderborner
Diöceſe entdeckt habe, einen faſt eben ſo großen Werth hat,
als ſämmtliche im Gebrauche ſich befindenden ueieri Para-
mente und Geräthſchaften und bitte deshalb die Herren Geiſt-
lichen, auch den ,,alten Plunder'' nicht außer acht zu lafſen.
Dr. Giefeis.

Mittheilungen.

Schönheit der griechiſchen Architektur und die durch kühne
Bogenconſtruetionen und logiſche Gliederung ſich auszeichnende
Bauthätigkeit der Römer. Das Aufleben der Baukunſt auf
deutſchem Boden, die zuerſt im alten Sachſenlande gepflegt
wurde, wo ſie, wie faſt allenthalben, nachdem die Völker
Mitteleuropas nach den Stürmen der Völkerwanderung dahin
gelangten, wieder ſelbſtthätig ſchaffend aufzutreten, anfangs aus
den Reſten zerſtörter Römerwerke Neues herzuſtellen ſuchte,
dann auch in Nachahmung derſelben den romaniſchen Stil
hervorbrachte, gab dem Redner Gelegenheit zu intereſſanten
Mittheilungeu, welche die- Zuhörerſchaft erſt recht feſſelte, als
der gothiſche Stil in ſeinen erſten Spuren aus dem granen
Mittelalter vor ihrem geiſtigen Blicke auftauchte. Die ,Jsle
de France'', das Gebiet auf welche das heutige Paris liegt,
bezeichnete Herr Reichensperger als die Wiege der Gothik. Aber
deshalb ſei dieſelbe gerade ſo wenig eine franzöſiſche Schöpfung,
wie Karl der Große ein franzöſiſcher Kaiſer. Das deutſche
Frankenland, aber nicht das romaniſche Frankreich haben dieſen
Stil erzeugt. Auf Details können wir hier füglich nicht ein-
gehen, doch ſei noch erwähnt, daß der Redner der laienhaften
Anſicht, welche den Spitzbogen zum hervorſtechenden Merkmal
der Gothik macht, mit unanfechtbaren Beweiſen entgegentrat,
um ,,des Cirkels Maß und Gerechtigkeit'', das organiſche Her-
vorwachſen gothiſcher Formen aus geometriſchen Grundfiguren
als die Grundidee des in Rede ſtehenden Stils zu vertheidigen.
Auf die ,,Kunſt des Volkes'', wie Herr Reichensperger die
Gothik ſehr bezeichnend nannte, folgte die ,,Kunſt des Hofes'',
die Renaiſſance, die bei ihrem erſten Auftreten die vollendete
Technik des Mittelalters zur Herſtellung claſſiſcher Ornamente
und Conſtructionen verwenden konnte, ſpäter aber immer tiefer
ſank, nm im Roccoco, dem halben Wahnſinn, im ,,Zopf''
dem vollſtändigen Delirium zu verfallen. Dieſer Erſchöpfung
folgte die Reaction, welche wieder von vorne beginnen mußte
und in ihrer anfänglichen Rathloſigkeit die imperialiſtiſche Ca-
ſerne, den nackten Utilitätsbau hervorbrachte. Schinckel in
Berlin verpflanzte dem ſonnigen Hellas entnommene Stecklinge
an die Spree, wo dieſelben ſich zwar in einzelnen Exemplaren
recht anſehnlich entfalteten, aber immerhin exotiſche Gewächſe
geblieben ſind, die unter unſerem kälteren Himmel und inmitten
einer ſehr nüchtern in die Welt hineinſchauenden Bevölkerung
als achtungswerthe Verſuche alle Anerkennung, jedoch ſchwerlich
das richtige Verſtändniß finden. Jn neuerer Zeit iſt die Gothik
wieder zu Ehren gekommen. England iſt friſchweg zu den herr-
lichen Vorbildern der früheren großen Generationen zurück-
gekehrt. Der Redner wollte es nicht entſcheiden, ob das äußer-
lich rege Leben, welches gegenwärtig durch die Künſtlerwelt geht,
ein letztes Aufflackern vor dem gänzlichen Erlöſchen, oder der
Beginn einer neueren und beſſeren Periode ſei. Das aber con-
ſtatirte er, und wir müſſen ihm bezüglich dieſes Punktes un-
bedingt beipflichten, daß unſere Zeit betrübend arm iſt an
Kunſtideen, großen ſowohl wie kleinen, daß ihr Schaffen
auf dem Kunſtgebiete faſt durchweg entweder in mißlungener
Nachahmung einer unverſtandenen Vergangenheit, oder in der
Erfindung und geſchickten Verwendung von Surrogaten, Trug-
und Täuſchungsmitteln beſteht. Trotzdem hofft er, und wir mit
ihm, das Beſte, denn er hält dafür, daß der germaniſche Geiſt
und die ihn veredelnde Kraft des Chriſtenthums zwar vorüber-
gehend niedergehalten, aber niemals unterdrückt und zerſtört
werden könne. — Das zahlreiche und gewählte Auditorium
dankte dem geſchätzten Redner, deſſen Wort in einer katholiſchen
Geſellſchaft ſtets von doppeltem Werthe iſt, durch lebhafte
Zeichen des Beifalls. (G.)

*Heidelberg. (Vom Berill.) Der Name des Steines
iſt uns ſo ziemlich ſelten geworden, daß wir ihn aber in Brille
alle Tage hören iſt gewiß. Bjovddog, ein meergrüner Stein,
ürſprünglich wohl nur überhaupt ein in Metall gefaßtes Glas.
Was das Mittelalter faſelte von dem Stein ,,geleich den
merwazzern', das haben wir im Hauptbuche der Natur des
Conrad v. Megenberg (Neue Ausgabe, Pfeiffer, S. 436. Stutt-
gart). Wichtig für uns iſt, daß er bei den ,,Gotzzierden''
des Mittelalters eine Rolle ſpielte. Wenn ich auf die Angabe
Megenbergs ,,er hochwir digt den, derintregt'' zurück-
kommen muß, ſo möchte ich fragen, ob nicht dieſe dem Mittel-
alter gang und gäbe Anſicht auch für die Verwendung beim
Kirchenſchmucke im Spiele geweſen ſei? Jedenfalls aber eignete
ſich die Farbe ſehr gut für die kirchlichen Zierrathen. — Mir
iſt eben eine Stelle zu Handen über den Kirchenſchmuck der
heil. Geiſtkirche zu Heidelberg. Laut einer Urkunde von 1411
(Mone IV, 257) dort befand ſich auch ,,eyn ſilberen onvergult
monſtrancie mit eyner barillen voll Heyligthums und oben
daruff unſers Herren martel. Jtem eyn hohe vergult crutz mit
eynem Barillen in cruczeswiſe und heyligthum darinne
und unſer Frauwen und ſant Johans Bild under der Ba-
rillen mit perlin und tables. Jtem ein gulden tefelin mit
2 Barillenflügeln darinn 2 Bilde wiß geſmelzet.'' Wir
ſehen aus dieſer Stelle deutlich, daß der Berill ſelbſt nicht ge-
meint ſein kann, ſondern ein Behälter von Glas. Oder
aber, das däucht mir eher, ſind es kranzartige Einfaſſungen
der Reliquien mit Berillſteinen.A B.
*Berlin, 13. Dez. Geſtern Abend hielt Herr Appella-
tionsgerichtsrath Dr. Auguſt Reichensperger im ,,Katho-
liſchen Geſelligen Verein' einen Vortrag über den Stil in
der Architektur und deſſen Entwickelung. Das co-
loſſale Material, welches für einen ſolchen Vortrag beſonders
einem ſo eminenten Kenner dieſes Gebietes, wie dem erwähnten
Redner, zur Verfügung ſteht, läßt es kaum möglich erſcheinen,
daſſelbe zu einem Vortrage überſichtlich zu gruppiren. Den-
noch gelang es Hrn. Reichensperger, in großen, charakteriſtiſchen
Zügen die Conturen eines meiſterhaft entworfenen Bildes mit
ſicherer Hand hinzuzeichnen. Von der durch ihre wuchtigen
Maſſen wirkenden Knnſt der Aegyptier und der denſelben
verwandten Aſſyrer ausgehend, ſchilderte er die claſſiſche

Verantwortliche Redaction: Dr. Stephan Braun — Druck und Verlag der J. Dilger' ſchen Buchdruckerei
 
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