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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 14.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.7192#0009
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Kunſtblätter.

Chriſtliche

Organ des chriſtlichen Kunſtverems der Erzdiöceſe reiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 153.

Domine dilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1875.

J. Der hl. Conrad, Biſchof von Conſtanz, in der Kunſt
und iteratur des Mittelalters und der Neuzeit.

noch auf die Gläubigen der Diöceſe eine Einwirkung äußerte.
Nehmen am 26. Noy. 1876 an der neunten Centenarfeier des
Todes des hl. Conrad die Diöceſanen von Conſtanz einen leb-
haften Antheil und legen ein aufrichtiges Jntereſſe an den Tag,
ſo iſt auch zu hoffen und iſt eine gewiſſe Bürgſchaft gegeben,
daß ihnen die Geſchicke und traurigen Schickſale dieſer Diöceſe
in der Gegenwart nicht gleichgiltig ſind. Möge es zum klaren
und lebendigen Bewußtſein der Diöceſanen gebracht werden,
was ein himmliſcher Patron einer Diöceſe zu bedeuten habe
und was ſeine Bitte in bedrängten Zeiten für eine ſolche
vermöge.
Die Perſon des hl. Conrad, ſein Privatleben, ſowie ſeine
Regierung als Landesfürſt und ſeine oberhirtliche Wirkſamkeit
ſind ganz geeignet geweſen, ihn zu einer populären Geſtalt und
zu einem beim Volke gefeierten Helden zu machen. Die Be-
handlung ſeiner Lebensgeſchichte war ferner für den Dichter,
Redner und Dramatiker äußerſt reich, lohnend und anregend.
Auch heute noch kann man fruchtbar und vielſeitig das Leben
des hl. Conrad in der Kunſt und Poeſie, ſowie in der Kanzel-
beredſamkeit und Geſchichtſchreibung verwerthen. Denn' Jdeale
altern bekanntlich nicht. Wer aber möchte im Ernſte bezweifeln,
daß der hl. Conrad dem Jdeal eines Fürſten und eines Biſchofes
am nächſten kommt, ſoweit man in menſchlichen Dingen von
einer Annäherung an das Jdeal ſprechen kann! Werfen wir
darum einen Blick auf die hiſtoriſche Perſönlichkeit Conrads!
Aus einer ſehr vornehmen Familie entſproſſen, die im ganzen
Mittelalter eine Stütze des Papſtthums war, zu einem der
erſten Kirchenfürſten Dentſchlands erhoben, lebte er an den
Ufern des gaſtlichen lieder- und ſängerreichen Bodenſees, wo
ſich die berühmteſten epiſchen Dichter vom 12.—15. Jahr-
hundert in den Klöſtern (Salem z. B.) und Burgen (Hohen-
ems, Mainau) aufhielten. Hier lernten die deutſchen Minne-
ſinger und Epiker die franzöͤſiſchen Sagen und Epen kennen.
Er lebte in der Gegend, wo die Handſchriften der deutſchen
Dichter abgeſchrieben wurden, und wo bedeutende Geſchicht-
ſchreiber des Mittelalters geboren waren und ihre Werke ver-
faßten. — Der Reichthum ſeiner Familie und ſein eigenes
großes Vermögen umgaben ſeine Perſon bei den Zeitgenoſſen,
wie bei der Nachwelt, mit einem gewiſſen Glanze. Betrug

Ueber das Grab und die Reliquien des hl. Conrad
wurde theils ſchon Einiges bekannt gemacht, theils bezügliche
Hinweiſungen veröffentlicht. Es bleibt noch übrig, auch davon
zu ſprechen, wie ſein Andenken im katholiſchen Volke und in
der Conſtanzer Kirche und wie die Erinnerung an jenen außer-
ordentlichen Kirchenfürſten durch das Mittelalter hindurch bis
in die Neuzeit ſich erhalten haben. Schon der Umſtand ver-
anlaßt zu dieſer Erörterung, daßjener Heilige der Patron
unſerer Erzdiöeeſe iſt, wie er ehedem für die Conſtanzer es
über 650 Jahre (von 1123—1813) geweſen. Auch die im
Jahre 1876 in Ansſicht ſtehende neunte Centenarfeier ſeines
Todes mahnt daran, die Frage zu erörtern, wie lebte die
Erinnerung an ihn im Mittelalter und in der Neuzeit im
Conſtanzer Sprengel in der Kunſt und Poeſie fort? Sie ſchien
uns faſt ebenſo wichtig, als die: war der hl. Conrad wirklich
ein ſo außerordentlicher Mann, Prieſter, Landesfürſt, Biſchof
und Heiliger, als welchen ihn die Menſchen im 12. Jahr-
hundert bewundert haben? Was ſollte es bedeuten oder was
wollte man damit ausdrücken, daß man ihn zum Patron der
Conſtanzer Kirche machte? — Man könnte auch fragen, was
hat das Volk ſeiner Diöceſe aus ihm im Mittelalter und in
der Neuzeit gemacht? Die eingehende Beantwortung dieſer
Geſichtspunkte erforderte eine Kirchen- oder Culturgeſchichte der
Diöceſe Conſtanz. Es verſteht ſich ſomit von ſelbſt, daß hier
nur ſkizzenartig jene Fragen erörtert werden können.
Da dieſer Aufſatz nur ein Verſuch iſt, ſo macht er keinen
Anſpruch auf Vollſtändigkeit, wohl aber auf eine nachſichtige
Beurtheilung und rechtfertigt die Bitte an alle Geſchichtsfreunde
und die hochw. Geiſtlichen der Erzdiöceſe wie des alten Bis-
thums Conſtanz, ſie möchten Berichtigungen, Zuſätze, Nachträge
u. ſ. w. gefälligſt an die Redaction des Blattes gelangen laſſen.
Nur durch eine allſeitige Unterſtützung wird es möglich werden,
das Material zuſammenzubringen, um nachzuweiſen, wie der
hl. Conrad im Mittelalter in der kirchlichen Kunſt, den Hymnen,
Predigten, dem Schauſpiele und der Geſchichtſchreibung aufge-
faßt wurde und wie ſeine Perſönlichkeit Jahrhunderte hindurch
 
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