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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Editor]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 14.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.7192#0013
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 154.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1875.

J. Kunſt und Kunſthandwerk.

Geſetzes ſei es bis jetzt nicht ſo recht gegangen, wie man es
allerdings wünſchen müſſe. M. H., ich halie dieſe Anſchau-
ungsweiſe im Weſentlichen für eine Jlluſion, und zwar für eine
gefährliche Jlluſion; deswegen erlaube ich mir, hier meine
abweichende Anſicht über die Tragweite und die zu erwartenden
Wirkungen dieſes Geſetzes auszuſprechen. Daß es mit unſerem
deutſchen Kunſtgewerbe ſchlecht, ſehr ſchlecht beſtellt iſt, m. H,
darüber glaube ich kann unter Kennern, welche der Entwickelung
dieſer Jnduſtrie gefolgt ſind, kaum ein Zweifel obwalten. Damit
ich aber nicht als Peſſimiſt oder vielleicht nach einer gewiſſen
Richtung hin als Fauatiker erſcheine, erlaube ich mir als Beleg
für das eben Geſagte nur ein paar Zeilen aus einer Schrift
vorzuleſen, deren Verfaſſer im Großen und Ganzen gewiß nicht
als Fanatiker meiner Richtung betrachtet werden kann; es
iſt die Schrift des Directors des hieſigen Gewerbemuſeums
Julius Leſſing; ſie iſt in neueſter Zeit als Bericht über die
Wiener Kunſtausſtellung erſchienen. Es heißt dort alſo:
,,Jn Paris konnte man bei dem traurigen Ausſehen der
deutſchen Ausſtellung ſich darauf berufen, daß Deutſchland
nicht hinreichend vertreten ſei. Jn Wien fällt dieſe Ausflucht
fort. Wir haben mit geringen Ausnahmen Alles, was Deutſch-
land zu leiſten im Stande iſt, dort gehabt und das Reſultat
iſt auf dem Gebiete des Kunſtgewerbes eine vollſtändige
Niederlage gegenüber den Leiſtungen nicht nur von Frank-
reich und England, ſondern auch von Oeſterreich.''
So reſumirt, meine Herren, der genannte Verfaſſer die Ein-
drücke, welche er zufolge eines ſorgfältigen Studiums jener Aus-
ſtellung mitgenommen hat und wenn Sie ſeine, meines Er-
achtens höchſt ſchätzbare Schrift leſen, ſo werden ſie auch die
ſpecielle Begründung dieſes allgemeinen Ausſpruches darin
finden. Das iſt, meine Herren, nach meinen Wahrnehmungen,
und ich bin den Bewegungen der Kunſtinduſtrie ſeit vielen
Jahren mit lebhaftem Jntereſſe gefolgt, nur all zu wahr und
es it ſehr bedenklich, wie ſchon bemerkt, weun man glaubt,
dieſer traurige Zuſtand unſerer Kunſtinduſtrie rühre lediglich
daher, weil wir kein Muſterſchutzgeſetz gehabt hätten. M. H.,
meiner Ueberzeugung nach liegt die Wurzel ganz wo auders.
Zunächſt bemerke ich, daß es in Deutſchland an der nöthigen

Ein Blatt, das, wie das unſerige, nicht bloß theoretiſche,
ſondern auch praktiſche Zwecke verfolgt, hat die Aufgabe, mög-
lichſt oft und eindringlich daran zu erinnern, daß das Kunſt-
handwerk, das in nnſern Werkſtätten leider ſo vielfach einer geiſt-
losſeichten Auffaſſung und Praxis gewichen iſt, wieder bei uns
heimiſch werde. Die trefflichen Winke, welche der verehrte
Reichstagsabgeordnete Hr. Dr. A. Reichensperger in einem
ſ. Z. von uns mitgetheilten Vortrage betreffs des Kunſthandwerkes
gab, ſind hoffentlich noch in beſter Erinnerung. Auch heute bringen
wir goldene Worte deſſelben — Worte, die zunächſt von der
Regierung, dann auch von allen Förderern von Kunſt und
Handwerk, vor allem aber von den ausübenden Künſtlern und
Handwerksmeiſtern beachtet werden ſollten. Er ſprach dieſelben
in der 30. Sitzung des deutſchen Reichstages (am 1N. Dec.
v. J.), in der es ſich unter anderm um den geſetzlich einzu-
führenden Schutz von Werken der bildenden Künſte rc. handelte.
Dr. Reichensperger ſprach:
,,Meine Herren! Es iſt ſo ziemlich in dieſem Hauſe her-
gebracht, daß man ſich in der Generaldebatte zur dritten Leſung
einigermaßen zu entſchädigen ſucht, wenn Einem während der
Spezialdebatten das Wort abgeſchnitten worden iſt. Obgleich
ich mich auch in dieſer Lage befinde, ſo iſt das doch nicht der
einzige Grund, der mich beſtimmt hat, noch einmal um das
Wort zu bitten. M. H., wir haben während der Debatten
über dieſe drei eſetzentwürfe vielfach vernommen, welche große
Hoffnungen auf dieſelben gegründet werden. Gleich beim Be-
ginn der Debatten hat uns z. B. der Herr Vertreter der Bun-
desregierungen eine,nene Aera'' auf dem Gebiete der geſamm-
ten Kunſtinduſtrie in Ausſicht geſtellt und nicht wenige der ge-
ehrten Redner haben in dieſen Ton eingeſtimmt. Wenn Sie
namentlich die Eingaben der Künſtler geleſen haben, die mit
einem ſehr anerkennenswerthen Jntereſſe ſich dieſen Geſetzen ge-
widmet haben, ſo werden Sie auch daraus erſehen haben, daß
auch die Künſtler glauben, ſobald das Geſetz angenommen ſei,
wäre dem deutſchen Kunſtgewerbe, der bildenden Kunſt und der
Photo graphie geholfen; nur wegen des Mangels eines ſolchen
 
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