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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 14.1875

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https://doi.org/10.11588/diglit.7192#0021
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Soll daher die Kunſt nicht zu einer bloßen Nachäfferei der
Natur herabſinken, ſo muß ſie ſich von dem geiſtigen Element
durchdringen laſſen; ſie muß geleitet ſein von der Jdee des
wahrhaft Schönen, Guten und Heiligen. Das wird aber
nur geſchehen, wenn die, welche von Gott als ,,Prieſter''
der Kunſt berufen ſind, die Weihe der Religiöſität und
Sittlichkeit an ſich tragen, was leider jetzt ſehr häufig nicht
der Fall. Jndeſſen haben Meiſter wie Overbeck, Cornelius,
Veit, Führich u. A. bereits einer beſſern Richtung Bahn
gebrochen.
Die Gemälde, die mich in der Sammlung des Palaſtes
Pitti am meiſten intereſſirten, ſind folgende: Jm erſten
Saal ein hl. Jakobus, von Gorofalo; die Vermählung der
heil. Katharina, von Tizian. Jm Saale Nr. 2 mehrere
Madonnenbilder von Murillo und Andrea del Sarto, welche
mir beſſer gefielen als die im folgenden Saale ſich befindende
berühmte Madonna della Seggiola von Rafael. Vortrefflich
ausgeführt iſt das Bildniß Leo's X. nebſt den Cardinälen
Medici und de Roſſi, in derſelben Stanze, gemalt von Rafael.
Der Sammt und Damaſt an des Papſtes Kleidung, das
offene Buch mit den Miniaturen auf den Pergamentblättern,
die auf dem Tiſch ſtehende goldene Klingel, — Alles iſt
täuſchend nachgemacht. Erwähnung verdient ferner die Dar-
ſtellung der Geſchichte Joſephs, von Andrea del Sarto, und
die ſchüchterne Rebbekka, von Guido Reni. Aus dem Saale
Jupiters zeichnete ich ,, die Verſchwörung Catilina's'' auf in
mein Tagebuch. Mit Uebergehung der folgenden Zimmer
nenne ich noch aus dem Saal ,,der Erziehung Jupiters'.
eine Kreuzabnahme von Tizian ſowie eine Auferſtehung von
Tintorello, und aus dem Saal des Ulyſſes eine hl. Familie
von Rubens.
So viel über die Kunſtſchäte do rcts Pitti. Der
hinter ich an ſchat-
tigen E orſtatuen und
ſchönen ? ſegnete Arno-
thal ns ſcheint er
mir dos von enthu-
ſiaſtiſch

nicht werden. Es iſt ſchon etwas Anderes mit den Fran-
zoſen, die den Jtalienern viel näher ſtehen und darum auch
in der ſogenannten Renaiſſance mehr leiſten können, als wir
Deutſche, welchen das wälſche Renaiſſancethum gegen die
innerſte Natur geht. Ja, die Südländer können ſchon eher
auf dem Gebiete der Renaiſſance etwas leiſten, als wir
Deutſche; wir müſſen dieſem Gebiete ferne bleiben. Nun
aber, meine Herren, iſt es ganz natürlich, daß, da in unſeren
Schulen durchaus nichts vorgetragen wird, was irgend eine
deutſche äſthetiſche Bildung fördert oder an's Tageslicht ſtellt,
das daraus hervorgehende Publicum auch von deutſcher Kunſt,
deutſchem Styl und deutſcher Kunſtfertigkeit kaum einen Begriff
hat. Gehen Sie in die Häuſer der Reichen, meine Herren,
ſo finden Sie meiſtens nr Modeſachen, Dinge, die keinen
Kunſtwerth haben; das geht ſo weit, daß — ich weiß das
ganz poſitiv — kaum noch ein größeres koſtſpieliges Werk
über Kunſt in Deutſchland verlegt werden kann (oh! oh!
— kaum noch ein größeres Werkl Jch mache mich anheiſchig,
hernach privatim Belege für dieſe Behauptung mitzutheilen.
Jn England hält jeder reiche Mann es ſchon für ſchicklich,
möchte ich ſagen, die beſten Werke in ſeiner Bibliothek oder
auf ſeinem Leſetiſch zu haben; bei uns iſt das nicht der Fall;
und das hängt damit zuſammen, daß die nöthige Vorbildung
fehlt, oder daß die Augen durch all' das äſthetiſche Durch-
einander, was ſie immer vor ſich haben, abgeſtumpft ſind
für das Aechte und Rechte.
Um nur noch ein Beiſpiel, was ganz nahe zur Hand
liegt, anzuführen: was ſoll man dazu ſagen, wenn neben
dem hieſigen alten Muſeum ein helleniſirender Tempel
aufgebaut worden iſt mit enormen Koſten, deſſen Fries die
Aufſchrift trägt: ,,Für deutſche Kunſt'? Haben denn die
Deutſchen keine Architekten gehabt? Haben ſie keine Baukunſt
geübt? Man kann doch wohl der deutſchen Kunſt keinen
größern Schlag in das Geſicht verſetzen, als indem man
einen griechiſchen Tempel — oder vielmehr einen griecheln-
den, denn ein griechiſcher Tempel iſt es nicht — aufrichtet,
um deutſche Kunſt zu bergen!
Das ſind einzelne Beiſpiele, die Jhnen indeß wohl ſchon
zur Genüge zeigen werden, wohin wir bereits gerathen ſind.
Man hat auf allen Gebieten herumgetaſtet; der Miniſter
Beuth hatte ſogar etruskiſche Vaſen den Kunſtjüngern als
Vorbilder hingeſtellt; dann iſt das Griechenthum gekommen;
ſo iſt nach und nach Alles, nur das Rechte nicht, verſucht
worden, und das Ende vom Liede war, daß wir uns in
dem traurigen Zuſtande befinden, wie ich denſelben im Ein-
gang meiner Rede, geſtützt auf die Autorität des Directors
unſeres Gewerbe⸗Muſeums, kurz geſchildert habe.
Meine Herren, ſo verführeriſch es auch für mich iſt, länger
über dieſen Gegenſtand, der nicht blos von hohem, idealem,
ſondern auch von pecuniärem, materiellem Jntereſſe für
Deutſchland iſt, zu ſprechen, ſo fühle ich doch, daß ich Jhre
Geduld nicht weiter in Anſpruch nehmen darf. Es iſt ja
auch hier der Ort nicht, um einen Vortrag über Aeſthetik
zu halten; das fühle ich ſehr wohl, und ich danke Jhnen
für die Aufmerkſamkeit, mit welcher Sie mich bisher angehört
haben. Jch ſchließe alſo mit dem Wunſche, daß man ja nicht
auf dieſe drei Geſetze zu große Hoffnungen bauen möge, daß
die deutſche Kunſt- und Jnduſtriewelt größere Anforderungen
als bisher an ſich macht, daß ſie ehrlich den Jrrwegen nach-
ſpürt, auf welchen ſie bisher meiſt gewandelt iſt, um endlich,
das hoffe ich zu Gott, wieder auf dem rechten Boden anzu-
gelangen und dort einen Kunſtbau aufzuführen, der in jeder
Beziehung, wie es früher der Fall war, als Vorbild für
die ganze übrige Welt dienen kann. (Bravo!)









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tephan Braun in Freiburg. — Druck von J. Dilger in Freiburg
 
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