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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 18.1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.7196#0005
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erdiöceſe reiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 175.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1879.

Umſchau in den Kirchen des Elzthales.

Der an Naturſchönheiten ſo reiche Breisgau erhält durch
unſer herrliches Thal in Nordoſten einen prachtvollen Ab-
ſchluß. Mit bekanntem Scharfblicke gründeten ſchon die alten
Römer hier eine Colonie nnd ſchützten ſie durch ein befeſtigtes
Lager — die Caſtelburg bei Waldkirch. Sehr frühe fand hier
das Chriſtenthum Eingang; auf dem Mauracher (,Mauer'')
Berglein an der Stelle, wo die Elz eine entſchiedene Wen-
dung nach Nordoſt macht, wurde das erſte chriſtliche Kirch-
lein zu Ehren des hl. Severin erbaut. Auf viele Meilen
in der Runde war dieſes kleine Heiligthum damals und
noch lange Zeit nachher das einzige chriſtliche Gotteshaus.
Alle rauhen Bergſchluchten um den Kandelſtock herum und
durchbraust von der Elz, dem Reichenbach, der Lutter oder
Glotter und anderen kleineren Bergflüſſen ſandten hierher
ihre Beter. Der Paſtorationsſprengel des Severinuspfarrers
muß alſo bei der Zerſtreuung ſeiner Heerde ebenſo beſchwer-
lich wie ausgebreitet geweſen ſein.
Mit lebhaften Farben entwirft unſer vaterländiſcher
Dichter L. Hoppenſack in ſeinem ,,kleinen Majordomus''
ein ausführliches Bild dieſes deutſchen Urkirchleins. Wir
wollen dem Fluge ſeiner Phantaſie hier nicht folgen, wiſſen
wir doch aus der Geſchichte, daß von kirchlicher Kunſt in
Deutſchland zu jener Zeit noch nicht die Rede ſein konnte.
Erſt ſeit Gründung des Kloſters Waldkirch durch Herzog
Burghart J. von Allemanien und deſſen Gattin Reginlinde
zwiſchen 912- 920 entwickelte ſich in dem geſegneten Länder-
ſtriche zwiſchen dem Fuße des Kandels und des Rohrhards-
berges ein reiches Culturleben und gedieh im Laufe der Zeit
zu hoher Blüthe.
Zeugniß davon legen die Denkmäler kirchlicher Kunſt ab,
die heute noch das Elzthal ſchmücken. Alle Arten kirchlichen
Bauſtiles finden wir da vertreten und zwar in örtlich wie
chronologiſch ſich entſprechender Aufeinanderfolge.
Das Chor der Pfarrkirche zu Elzach iſt 1522 erbaut
und zwar, wie aus dem Wappen über der Eingangsthüre
zu ſchließen, von Propſt Balthaſar Merklin in Waͤldkirch.

Der feine Geſchmack dieſes hochbegabten Prälaten wählte
die ſchönſten Formen des gothiſchen Stiles. Prachtvoll iſt
das Sternengewölbe, reich und mannigfaltig das Maßwerk
der fünf Chorfenſter, ſelbſt die Liſenen der Außenſeite zeigen
Sorgfalt in der Behandlung. Das Sacramentshäuschen mit
ſeinen gewundenen Säulen dürfte ſich mit dem in Salem
vergleichen laſſen, wenn es auch nur in kleinerem Maßſtabe
ausgeführt iſt. Die mittleren Fenſterſchalter ſind mit Glas-
gemälden von 1574 (St. Georg, St. Nicolaus u. A.) ge-
ziert und legen heute noch Zeugniß ab, wie man es damals
verſtanden hat, bildliche Darſtellungen in wirkungsvoller
Gluth und wohlthuender Harmonie auf die Ferne für's
Auge darzuſtellen; die ſpätere Zeit war nicht im Stande,
die defecten Stückchen zu ergänzen. Der Unverſtand hat
ſogar das Fenſter am öſtlichen Abſchluſſe des Chores der
unteren Hälfte nach zugemauert, während die obere durch
einen ungeheuren Rococo⸗Altar verdeckt wurde; von der
Symbolik, die in der Dreizahl der Chorfenſter liegt, ſcheint
man keine Ahnung gehabt zu haben.
Das Plafond des ſpäter angebauten Langhanſes zeigt
eine verunglückte Nachahmung des Sterngewölbes im Chore,
während die Fenſter im Rundbogenſtile gehalten ſind. Von
Bedeutung ſind nur die Gemälde der zwei Seitenaltäre, die
in je zwei Gruppen Scenen aus dem Leben Mariens dar-
ſtellen. Gewandung, Gruppirung und Geſichtsausdruck dürften
auf einen Meiſter aus der niederländiſchen Schule ſchließen
laſſen. Jm Jahre 1828 hat man für gut befunden, maſſiv
aus rothen Sandſteinen in romaniſchem Stile einen Thurm
auf der Weſtſeite des Langhauſes aufzuführen; er ſtellt einen
traurigen Beleg dafür dar, daß man im Anfange unſeres
Jahrhunderts keinen Sinn für kirchliche Architektur mehr
hatte; ohne jede Verjüngung ſitzt die flache Abdachung auf
der dicken Mauer. Das Ganze ſieht äußerſt plump aus —
von ,,himmelanſtrebender'' Symbolik keine Spur!
Viel freundlicher repräſentirt ſich die Pfarkirche in Ober-
winden, welche 1840 44 in romaniſchem Stile erbaut wurde.
Schade, daß man die Stileinheit durch gothiſche Nebenaltäre
ſtörte. Es gab eben eine Zeit der Gothomanie, in welcher
 
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