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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 19.1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.7197#0005
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen unſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg.

(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 180.

Domine ilexi decorem domus iuae. Ps. 25, 8.

1880.

Beichtſtühle und Kirchenbänke.

eingebrochen. Ein Scaramellianer, wie man ſolche Leute bei
uns zu nennen pflegt, könnte freilich vielleicht auf den Ge-
danken kommen, ſo ein Marterwerkzeug noch zu rechtferti-
gen, indem er ſagt: Chriſti Sitz am Kreuze war auch nicht
bequem und die Pönitenten kommen, um Buße zu thun,
alſo —; aber die Richtigkeit dieſer Application negire ich
in dieſem Falle und es bleibt dabei: Beichtſtühle, welche
für den Confeſſarius oder Pönitenten oder Beide unbequem
ſind, tragen gar nichts zur Förderung der Frömmigkeit bei,
ſondern ſie ſind lediglich eine Marter derer, die ſie gebrauchen,
und ein ſtehendes Zeugniß der Unwiſſenheit und
Ungeſchicklichkeit derer, die ſie machen. Leider
findet man nicht wenige der Art in den Kirchen landauf
und landab. Das Traurigſte aber iſt, daß auch jetzt noch
ſolche neuverfertigt werden. Wenn der ſelige Pater Roh
recht hatte, wenn er die Beicht die Executive in der Re-
ligion nannte, dann iſt es gewiß nicht unwichtig, wenn
auch das Confeſſionale eine würdige, zweckentſprechende
Geſtalt hat.
Es gibt übrigens noch mehrere Marterwerkzeuge in
unſeren Kirchen und eine Art derſelben iſt es hauptſächlich,
die mir die Feder zu dieſem Artikel eigentlich in die Hand
gedrückt hat. Jch meine die Kirchenbänke oder Kirchenſtühle.
Deren gibt es im Lande wahrhaftig eine Unmaſſe, die den
Namen Marterwerkzeuge mit dem größten Rechte verdienen,
und das Traurigſte dabei iſt, daß immer noch neue der
Art gefertigt werden. Wir haben hievon an verſchiedenen
Orten uns perſönlich überzeugen reſp. die nicht angenehme
Probe machen können. Da gehe einmal Einer, der der Er-
holung wegen in Lichtenthal ſich aufhält, in die ſchöne neue
Pfarrkirche hinauf und wohne dort einem Gottesdienſte bei
— er wird von den Kniebänken genug bekommen. Jm neuen
herrlichen Münſter zu Bühl, ſagte man mir, ſeien ſie gerade
ſo. Oder man probire die Kniebänke in dem netten Kirch-
lein zu Ziegelhauſen am Neckar — man wird dieſelbe Er-
fahrung machen. Und wenn man wahre Muſtermarterwerk-
zeuge für Kniee und Magen bewundern will, ſo nehme man
die neuen Bänke in der neuen Neckarkirche in Mannheim in
Augenſchein. Dieſe wenigen Beiſpiele total verfehlter Kirchen-

8 Aus einem Capitel am Neckar, 24. Juni.
Sie haben da in Nr. 26 des Kirchenblattes einen Artikel
aus dem N. Augsb. Paſtoralblatt über ,,die Roſe an alt-
deutſchen Beichtſtühlen zur Kenntniß gebracht, welcher recht
intereſſant iſt. Am Schluſſe heißt es dann noch, manche
Beichtſtühle ſeien ſo unpractiſch verfertigt, daß man glauben
könnte, ſie ſeien beſtimmt, Marterwerkzeuge zu ſein. Das
kommt in der That nicht ſelten vor und auch wir halten
es für eine unſinnige Sache, die nicht ſo zu ſein braucht.
Es kann ein Mal vorkommen, daß Beichtſtühle improviſirt
werden müſſen, wie z. B. bei Miſſionen, bei Concurſen,
Wallfahrtstagen, da kommt es wenig auf die Art des Beicht-
ſtuhles an, die Stimmung der Pönitenten und Confeſſare
iſt dabei eine außerordentliche und hilft über ſolche Unbequem-
lichkeit hinweg. Jch habe das ſchon perſönlich erfahren. Als
ich einmal in einer rheiniſchen Stadt bei Kapuzinern beichten
wollte, da war in dem Raum, wo das vorgehen ſollte, nur
ein kleines Tiſchlein. Worauf der Kapuziner ſaß, weiß ich
nicht mehr; aber unvergeßlich hat ſich mir mein Knieſchemel
eingeprägt. Der Kapuziner holte mir in der Geſchwindig-
keit ein Scheit Holz und legte es vor das Tiſchlein, daß
ich darauf kniee. Das Uebrige läßt ſich denken. Ein anderes
Mal habe ich in einer Stadt am Neckar gelegentlich der
Anweſenheit des hochſeligen Biſchofs von Mainz im Beicht-
ſtuhl ausgeholfen. Es ging von Morgens 4 Uhr bis Mittags
3 Uhr; da ſaß ich auch in einem ſolchen Marterwerkzeug,
das für Pönitenten und mich eher einem ergastulum glich
oder einem equuleus, wie man ſie einſtens unter Diocletian
zur Beförderung der Staatsreligion in Anwendung brachte,
als einem thronus gratiae; aber es ging doch, denn die
guten Leute, die herumſtanden, waren weit hergekommen
und wollten nicht unverrichteter Sache wieder fort und —
was die Hauptſache war — neben mir ſaß in einem noch
elenderen Kaſten der berühmte Biſchof in ſeinem flammen-
den Seeleneifer und unverwüſtlicher Ausdauer. Da that es
auf einmal einen gewaltigen Krach, ſo daß alles ordentlich
in der Kirche erſchrack; der Beichtſtuhl war unter dem Biſchof
 
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