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Christlicher Kunstverein der Erzdiözese Freiburg [Hrsg.]
Christliche Kunstblätter: Organ des Christlichen Kunstvereins der Erzdiözese Freiburg — 19.1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.7197#0013
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Chriſtliche

Kunſtblätter.

Organ des chriſtlichen Kunſtvereins der Erzdiöceſe Freiburg
(Beilage zum Freiburger Kirchenblatt.)

Nro. 182.

Domine dilexi decorem domus tuae. Ps. 25, 8.

1880.

Der neue Hochaltar in der Pfarrkirche zu Bollſchweil.
8* Es war im Mai vorigen Jahres, da die Kunſt-
blätter einen größeren Aufſatz über den neuen gothiſchen
Hochaltar in Staufen brachten. Derſelbe war das erſte
bedeutendere Altarwerk, welches im Atelier Marmons nach
dem Tode ſeines vortrefflichen Meiſters erſtellt worden.
Nach Jahresfriſt ſchon ſind wir in der angenehmen Lage,
ebenfalls einen größeren Altar aus derſelben Werkſtätte zu
regiſtriren, welcher die nachbarliche Kirche zu Bollſchweil
ziert. Der Bollſchweiler Hochaltar bildet einen romaniſchen
Schrein, in deſſen Mitte dem Tabernakel eine beſondere
Sorgfalt gewidmet iſt. Der ganze Altar iſt aus Eichenholz
gefertigt; ſein Höhe beträgt vom Podium bis zur Spitze
des Kreuzes über dem Kuppeldache des Schreines 5,5 M.
Der architektoniſche Aufbau des Altares macht ſich ſehr gut
und iſt überall eine ſtrenge, detailirte künſtleriſche Durch-
führung wahrzunehmen. Aus drei Bruſtbildern im Ante-
pendium (Abel, Abraham und Melchiſedek) und vier ganzen
meterhohen Statuen (Petrus, Paulus, Eliſabeth und Bar-
bara) im Schrein beſteht der figürliche Theil, der in ſeiner
ſchönen, jedoch nicht allzureichen Polhchromie aus dem ein-
fachen, würdigen und ernſten Maßwerk angenehm ſich präſentirt.
Der Totaleindruck, den jeder Beſchauer zweifelsohne empfängt,
iſt ein ſehr günſtiger. Die Wirkung wird indeß geradezu
brillant werden, wenn auch der Chor, deſſen weiße Tünche
die Farben faſt tödtet, ein anderes Gewand tragen wird.
Wir können darum nur aufrichtig wünſchen, daß die Skizze
zur Chorbemalung, die uns vorlag, recht bald zur Aus-
führung gelange.
Gehen wir nun in's Detail über. Wir beginnen mit
den Bruſtbildern im Antependium. Dieſelben, noch mehr
aber die Figuren im Schrein ſind in ihrer Jndividualiſirung
ſehr gut gehalten. Abel, Abraham und Melchiſedek ſind die
Prototypen Chriſti, ſeines blutigen Opfers am Kreuze und
des unblutigen in der hl. Meſſe. Wir finden ſie mit Recht
an der Menſa des chriſtlichen Altares. — Abel als jüngerer
Bruder Kains erſcheint zunächſt in der chriſtlichen Kunſt als
Vorbild des unſchuldigen, am Kreuze geſchlachteten Lammes;

er hat deshalb und mit Bezug auf ſeinen Hirtenſtand als
Attribut ein Lamm, das er im Arme trägt. Dieſe proto-
typiſche Darſtellung iſt eine ſehr alte. Sie erſcheint ſchon
in den Katakomben. Dort iſt Abels Opfer wohl als Symbol
des Chriſtenthums im Gegenſatz zu dem durch Kains Opfer
dargeſtellten Heidenthum zu betrachten. Auf unſerem Haut-
Reliefbilde an der Menſa des Bollſchweiler Altares erſcheint
nun Abel in jugendlicher Schönheit mit dem Attribut des
Lammes in der doppelten Eigenſchaft, wohl nämlich als
Vorbild des wahren Opferlammes und des guten Hirten,
der im euchariſtiſchen Geheimniſſe gnadenreich und barm-
herziglich ſeine Schäflein, die erlösten Seelen, ſegnet, leitet
und nähret. Jm mittleren Felde des Antependiums tritt
uns die ehrwürdige Geſtalt des Patriarchen Abraham ent-
gegen, in der Hand das Opfermeſſer haltend. Abrahnm
erſcheint ſo als Opferer und gilt deshalb als irdiſches
Abbild Gottes, der gleich Abraham ſeines einzigen Sohnes
nicht geſchont. Sein Opfer ſelbſt aber iſt Prototyp des
blutigen Kreuzesopfers, das auf dem kathol. Altare täglich
unblutiger Weiſe dargeſtellt wird. Melchiſedek, Salems
hoheprieſterlicher König, ſchmückt das dritte Feld im Ante-
pendium. Sein Opfer iſt Vorbild des heiligen Meßopfers
(J Moſ. 14, 18). Melchiſedek iſt auf unſerem Altare ein
recht hübſches Haut-Relief und als Prototyp des ewigen
Königs der Gerechtigkeit und des Friedens fordert er alle
jene, die dem Altare ſich nahen, auf, ebenfalls zu kämpfen
und zu ſiegen, um von Chriſtus, dem ewigen Friedens-
fürſten, geſpeiſet und geſegnet zu werden.
Damit verlaſſen wir das Antependium und richten unſern
Blick auf den figürlichen Theil des Altarſchreines. Zunächſt
dem Tabernakel ſtehen die Apoſtelfürſten, links Petrus und
rechts Paulus. Erſterer hält in der Hand als Attribut den
Schlüſſel und letzterer Schwert und Buch. Unter allen
Apoſteln hat die chriſtliche Kunſt dieſe beiden am meiſten
plaſtiſch dargeſtellt und am häufigſten zuſammengeſtellt und
zwar zunächſt neben Chriſtus, ſo namentlich auf den Moſaik-
bildern der altchriſtlichen Baſiliken. Der Kirchengeſchicht-
ſchreiber Euſebius verſichert, daß ächte Bildniſſe dieſes
Apoſtelpaares von bekehrten Heiden in Rom angefertigt
 
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