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immer wieder lockender, und was mehr, ebenso tiefsinniger als malerisch dank-
barer Aufgaben entsagen." W. L.

Chronik.
Nekrolog. Am 8. Mai 1867 starb in Berlin der Bildhauer Schievelbeiu, einer der tüch-
tigsten Genossen der von Ranch ansgehenden Schule. Früher in Petersburg beschäftigt, wo er
die 10 Fuß hohen Apostelstatnen für die Kirche in Helsiugör, wo sie in Zinkguß ansgefnhrt
stehen, modellirte, hat er in Berlin für einen der Höfe des neuen Museums einen Relieffries über
den Untergang von Pompeji verfertigt, zu dessen schönsten Partieen der Zug der geretteten
Christen nach dem Meere hin gehört. Für die Fayade der akademischen Anla von Königsberg
lieferte er die Figuren Luthers und Melanchthons. Für den Verein für religiöse Kunst hat er
eine nicht geringe Zahl von Skizzen und kleinen Figuren entworfen, von denen aber leider keine
ausgeführt ist. Am meisten ist dies zu bedauern von seinem Johannesbrnnnen: auf einer Brun-
nensänle steht Johannes der Täufer, unter ihm ergießt sich ans den Köpfen der vier symbolischen
Geschöpfe der Evangelisten das Wasser in weite Schalen, um ans denselben in noch weitere zu fließen.
Dazwischen sind vier große Figuren angebracht: der reuige Zöllner, der forschende Pharisäer, der sich
unterrichtende Krieger und die unbedingt gläubige Mutter, die ihr schlummerndes Kind in den
Armen hält. — Von großer Zartheit und Seelentiefe ist auch die 2'/o Fuß hohe Gestalt des
verspotteten Christus, nackt bis auf ein um seine Lenden geschlagenes Tuch; er steht gesenkten
Blicks mit wchmuthvoller Ergebenheit an einem Pfeiler, auf welchen er die gebundenen Hände
gelegt. Von Schievelbeins religiösen Darstellungen ist nur der Schutzengel zur Ausführung ge-
kommen, welchen Friedrich Wilhelm IV. an einer Stelle der Brandenburger Chaussee anfstellen
ließ, an der er, ohne einen Unfall zu erleiden, mit dem Wagen umgeworfen worden war; der
Engel ist einherschreitend im langen Pilgerkleid und hat den hohen Pilgerstab in der Linken,
während die Rechte wie zur Abwehr eines drohenden Mißgeschicks erhoben ist. — Geboren war
Schievelbeiu am 18. November 1817.
— Am 4. August 1867 verschied in Creuznach der Bildhauer Emil Caner, ein geborner
Dresdener, 86 Jahre alt, der die weitverbreiteten Statuetten Franz von Sickingens, Ulrich
Huttens, Karls V., Götz von Berlichingens, Handels, Mozarts, Beethovens, Mendelssohns n. A.
gefertigt hat. Auf dem religiösen Gebiete hatte er sich Anerkennung verschafft Lurch seine Gruppe
des segnenden Christus unter den Kindern, das Christkind auf der Weltkugel, umgeben von mn-
sicirenden Engeln, und Christus, die Mühseligen und Beladenen zu sich rufend.
— Der am 18. August 1867 in Paris verstorbene Raymund Rons Aisfre malte neben
Porträts auch verschiedene Andachtsbilder, darunter Christus, wie er die Verkäufer ans dem
Tempel treibt.
Ncrhiiltnist non Kirche nud Kunst, lieber dieses Thema verhandelten am 28. October 1867
auf der Aglasterhanser Pfarrconferenz die drei Diöcesen von Neckarbischofsheini, Neckargmünd
und Mosbach und vereinigten sich in dem Wunsche der Gründung eines christlichen Knnstvereins
für das evangelische Baden.
üirchcnlinu. Die evangelische Gemeinde zu Nazareth, an deren Spitze Pfarrer Zeller ans
Württemberg steht, hat einen Kirchenban unternommen, um dessen einleitende Schritte ein Lands-
mann des Pfarrers Zeller, Hr. Schick von Lndwigsburg, wesentliche Verdienste hat. Den Bau-
plan liefert der Erbauer der gothischen Elisabethkirche zu Basel, Hr. Ferdinand Stadler
in Zürich, der im Frühling dieses Jahrs das gelobte Land besuchte und dem Vorhaben der
Gemeinde zu Nazareth sein uneigennütziges Interesse zuwandte. Die Grundform der Kirche
bildet ein Kreuz. Ob der Thurm in einer Pyramide ansläuft, wird von den zu Gebote stehen-
den Mitteln abhängen. Die Kirche wird an erhöhter Stelle die ganze Gegend überschauen und
sich sehr malerisch ansnehmen.

Verantwortliche Redaction und Verlag von Ebner L Seubcrt in Stuttgart.
Schnellpressendruck von Aug. Wörner, vormals I. G. Sprandet, daselbst.
 
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