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jener in der deutschen Kriegsgeschichte durch Blüchers Sieg über die Franzosen
berühmten Stadt, die in der- Ebene von Jsle-de- France auf einem großen
Hügel sich erhebt. Laon besaß schon im 12. Jahrhundert eine zahlreiche wohl-
habende, aber unruhige und freiheitsliebende Bevölkerung, die nach vielfältigen
Empörungen 1191 von Philipp August die Bestätigung ihrer Freiheiten erhielt.
Es scheint, als ob die Bischöfe durch schlaffe Nachgiebigkeit diesen Geist der Bürger-
schaft genährt hätten, statt daß es ihre Aufgabe gewesen wäre, ihn zu läutern
und zu bannen. .Gaben sie doch sogar ihre Kirche zur Abhaltung von Narren-
festen her. Auch verräth dieselbe einen etwas weltlichen Sinn, so daß sie
einem Saale für bürgerliche Versammlungen ebensowohl gleicht, als einer
Kirche. Im Ganzen ist es eine Nachahmung der Kathedrale von Nopon in
größeren Verhältnissen (Viollet-le-Duc 2, 305; 7, 166; Schnaase 5,87.) Die
wesentlichste Verschiedenheit besteht in der bedeutenden Länge und großartigen
dreischiffigen Ausbildung des Querhauses und dessen Ausschmückung mit fünf
Thürmen, wovon je zwei an den Enden und einer, der Hauptthurm, über der mitt-
leren durch ein hohes achtrippiges Gewölbe ausgezeichneten Vierung steht. Dazu
kommen dann noch zwei Thürme an der Westseite des Langhauses (Fergusson
1, 497; Viollet-le-Duc 1, 22; 3, 387; 4, 371). Diese Thürme zeichnen sich
durch ihre kräftige Strebepfeilerarchitektur mit offenen Säulengehäufen vor-
theilhaft aus und geben, weil ihre Dächer noch fehlen, der Kirche ein burg-
artiges Ansehn. Die Chorrundung ist später durch einen geradlinigen Abschluß
ersetzt worden. Hauptsächlich interessirt uns dieser Dom hier wegen der
Gleichheit der Arcadenpfeiler, welche, zwei Paare ausgenommen, durchweg die
Form stämmiger Säulen besitzen. In dieser Beziehung hat er der Kathedrale
von Paris als Vorbild gedient. Während man aber in Laon noch den sechs-
rippigen Gewölben dadurch gerecht zu werden suchte, daß man auf die Säulen-
kapitäler abwechselnd fünf oder nur drei Säulchen aufsetzte, um die Schild-,
Kreuz-, Gurt- und Mittelrippen der Gewölbe zu unterstützen, ist in Paris die
Gleichheit schon bis zu diesen Säulchen vorgedrungen. Dieß berechtigt mich
zu dem Schluffe, daß auch die Gewölbeanfänge gleich werden sollten, d. h. der
Pariser Baumeister wollte, meines Erachtens, zu der altfranzösischen Anlage
rechteckiger Kreuzgewölbe zurückkehren und bequemte sich dann schließlich nur
aus Rücksichten der Sparsamkeit zur Anordnung der Rippen nach deutscher
Weise.
Die Kathedrale Notre Dame zu Paris (Viollet-le-Duc 2, 287. 289—291;
7, 162—164. 507; Schnaase 5, 90; Fergusson 1, 484 f.) ist 1163 begonnen,
der Chor war 1196, das Langhaus 1223 vollendet. Dieser Bau übertrifft seine
Vorgänger durch die Verdoppelung seiner Seitenschiffe, welche sich um die
Chorrnndung herum fortsetzen, durch die Höhe der über den inneren Abseiten
hinlaufenden Emporen, deren Dachräume sich gegen das Hauptschiff in großen
Kreisfenstern öffneten, durch die Consequenz in der Anwendung des Spitzbogens
und durch ein mächtiges complicirtes Strebebogenschstem, welches freilich, gleich
den Strebepfeilern und Fenstern, in späteren Perioden durchgreifende Verän-
derungen erlitten hat (vgl. u. a. Viollet-le-Duc 6, 319). Interessant ist es zu
sehen, wie diese riesenhafte Kathedrale, in welcher die scharfen Begriffsunter-'
 
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