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mit dem Heiligenschein geschmückten Kirche gegenüber steht die Synagoge, das
Judentum, von Christus abgewandt, eine geknickte Gestalt, der die köstliche Krone
vom gebeugten Haupte sällt. Das Spruchband in ihrer Rechten verkündigte wohl
den Grund davon. Die alttestaincntliche Gemeinde ist vorgestellt durch die fünf
Figuren, von denen drei bärtige mit dem spitzigen Hute, den die Juden im
Mittelalter zum Abzeichen tragen mußten, bezeichnet sind. Zwei halten das
Spruchband, ans dem die Verwerfung des einst auserwählten Volkes nm seines
Unglaubens willen gestanden sein wird. Wie die vorderste Figur der neutesta-
mentlichen Gemeinde wundernd, lobend, dankend die rechte Hand erhebt, so hebt
die vorderste Figur der alttestamentlichen Gemeinde den Finger, um zu zeigen,
wie das Drohwort schauerlich sich erfülle: „Eure Stätte soll wüste gelassen werden."
Auf dem von der rechten Hand Christi niederschwebenden Bande stand ein Spruch
wie etwa: „Ihr seid die Gesegneten meines Vaters," auf dem zur Anken etwa:
„Jerusalem, ich habe deine Kinder sammeln wollen, wie die Henne ihre Kichlein
unter ihre Flügel."
Die andere Abteilung des Gemäldes, welches in unserer Nachbildung einer von
Herrn Maler Loosen uns freundlich mitgeteilten trefflichen Zeichnung um des Raumes
willen in zwei Stücke entzweigebrochen ist, zeigt unten jenen Vorgang der Auferstehung,
welchen das Evangelium Matthäi Kap. 27, 52. erzählt: „Und die Erde erbebete, und
die Felsen zerrissen, und die Gräber thaten sich auf und stunden auf viele Leiber der
Heiligen, die da schliefen." Aus dem offenen Grabe, worin die Frau noch schläft,
erhebt sich betend der kraft Jesu Todesüberwindung bereits zum Leben erweckte
Mann. Zwei prophetische Gestalten mit Spruchbändern in der Linken deuten
mit der rechten Hand auf denjenigen, nm dessen willen sich das ohne Zweifel auf
den Spruchbändern gestandene Prophetenwort zu erfüllen begonnen hat: „Aber
deine Toten werden leben und mit dem Leichnam auferstehen; — aber das Land
der Toten wirst du stürzen," Jes. 26, 19. Und nach diesem, am Karfreitag den
Ostertag voraus verkündenden Vorgang kommt die Auferstehung Jesu selbst. Christus
mit der kreuzgeschmückten Siegesfahne in der Rechten und in der Linken mit dem
Spruchbande, worauf das Wort gestanden sein wird: „Ich bin die Auferstehung
und das Leben," erhebt sich senkrecht aus der Gruft. Die zwei Jünger, Petrus
und Johannes auf seiner linken, die zwei Marien auf der rechten Seite deuten
je mit der rechten Hand aus den Herrn, dessen Sieg über Tod und Grab ihre
Spruchbänder mit Worten der Schrift verkündeten. Unterhalb des Grabes Jesu
aber, neben dem, wie neben dem andern Grabe, der abgehobene Deckel allerdings
länger als das Grab selbst gezeichnet ist, liegt die Wache in gutem Schlafe, ganz
nach der mittelalterlichen Darstellung, welche aus dein Worte der Judenältesten:
„Saget, seine Jünger kamen des Nachts und stahlen ihn, dieweil sie schliefen,"
ein wirkliches Eingeschlafcnsein der zur Bewachung Befohlenen gemacht hat. Der
Kriegsknccht hat den Spitzhelm und den Kettenpanzer des 12. Jahrhunderts von:
Kopf bis zu den Zehen, sein Mantel liegt, den leeren Raum füllend, zu seinen Füßen.
Neben der eigentümlichen und seltenen Verbildlichung — von Gethsemane,
von der Christen- und der Judengemeinde, von Gott Vater, von der Karfreitags-
Totenerstehung — zieht das Gemälde an durch den Adel der Figuren, wie durch
 
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