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sten Kämme liegt ein kleines Dörflein, Hohenbirkach oder auch Großbirkach ge-
nannt. Eine Stunde davon gegen Norden liegt in einem von prachtvollen Wäl-
dern eingerahmten Thal die alte Abtei Kloster Ebrach, jetzt Gefangenenanstalt,
dreiviertel Stunden südlich davon der uralte kleine Marktflecken Geiselwind, wo
eine der 14 von Karl d. Gr. gebauten Slavenkirchen steht, drei Stunden süd-
östlich davon der Markt Burghaslach, dessen ursprüngliche Kirche die Sage so-
gar aus Pipin zurückführt. Einige Stunden weiter gegen Südosten liegt Lonner-
stadt, gleichfalls eine der 14 Kirchen, die Karl zur Bekehrung der ins verödete
Land gerufenen heidnischen Slaven oder Wenden (Geiselwind, Burgwindheim
u. s. w.) erbauen ließ.
Die Kirche in Hohenbirkach soll im Jahr 815, also ein Jahr nach Karls
Tod eingeweiht worden sein. In späterer Zeit stund nicht weit davon, da wo
jetzt das Pfarrhaus steht, eine Beguinenklause (mit 6 Schwestern und einer
Meisterin), welche 1422 vom Bischof Johannes von Würzburg aufgehoben wurde.
Das Langhaus der Kirche ist jünger als der Turm und hat ein romanisches
Portal; der Turm, dessen oberes Geschoß gleichfalls jünger ist als das untere,
hat altromanische Fenster, dessen Säule mit einer Doppelkonsole abschließt, welche
in ihrem äußeren Sattel oben ein herunterschauendes Gesicht trägt. An der
Südseite des Turmes sind hoch oben zwei Figuren eingemauert, welche vielleicht
die früher an dieser Stelle verehrten slavischen Götzenbilder waren. In
dem Kirchlein selbst aber fand ich an der Nordseite
des im Turm stehenden Altares ein uraltes, in dem
feinkörnigen grünlichgelben an Ort und Stelle vor-
kommenden Schilfsandstein gearbeitetes 56 em breites,
82 em hohes Bildwerk eingemauert, das nach einer-
ganz genauen Zeichnung hier im kleinen abgebildet
ist. Johannes der Täufer, in ausgeprägt byzantinischer
Weise, übernatürlich groß und hager, mit Heiligen-
schein in Form eines weiten Reises um das Haupt,
hält an diesem mit beiden Händen das Lamin, auf
welches der unnatürlich lange Zeigefinger der rechten
Hand, als aus das Gottes Lamm deutet, das der
Welt Sünde trägt. Das lang herabhängende Haar ist gescheitelt, der Bart geteilt als
Zwickelbart, die Ohren stehen unnatürlich und häßlich hoch am Kopf. Mit beiden
Füßen steht er auf einem Tier, Fratzenkopf, welcher vielleicht den überwundenen
Satan oder das überwundene Heidentum bezeichnen soll. Der breite Kreisbogen,
auf dem die Tierfratze angebracht ist, ist gestreift, als sollte er einen Regen-
bogen (?) vorstellen. Dem Täufer zu Seiten sind zwei ihm nur bis an die
Brust reichende, mit Stiefeln, einem Hemd oder Rock und einem verbrämten
Mantel bekleidete bartlose Männer. Ihre Vorderarme sind mit Ringen oder
geringelten Armschienen bedeckt, das kurz gehaltene Haar ist einfach zurückgestrichen,
der eine hat die rechte, der andere (offenbar nur der zeichnerischen Gleichmäßig-
keit halber) die linke Hand zum Schwur erhoben. Beide schreiten zu Johannes
herab auf einem Boden, der wie sanft bewegtes Wasser aussieht, das vielleicht

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