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(Düsseldorf), welches die geschichtliche Begebenheit ins Polnische überträgt, in seiner
Art poetisch und charakteristisch erfaßt ist und nicht unwesentliche malerische Vor-
züge besitzt, aber doch im ganzen als verfehlt betrachtet werden muß. Ansprechend
ist desselben Künstlers „Flucht der heiligen Familie." Da ist Joseph in frühester
Morgenstunde im Begriff, das Hofthor zu öffnen und Maria mit dem Kinde
auf dem Esel herauszuführen. — Auch sei gleich hier noch eines schönen Stimmungs-
bildes gedacht, der „Flucht nach Ägypten" von H. Dudley (London), welches
zwar die heilige Familie nur als kleinere Nebenfiguren in der Landschaft zeigt,
aber gerade letztere, in ihrer abendlichen Stimmung, Ruhe und Feinheit besonders
wirksam in Verbindung mit den Figuren bringt.
Ein eigenartiger Künstler, der künstlerische und poetische Schaffenskraft in
hervorragendem Maße besitzt, der aber trotz aller eingehenden Beobachtung und
Ausführung seiner Arbeiten im Publikum wenig Anklang findet, weil er fremd
altertümelnd, reizlos arbeitet, ist H. Thoma (Frankfurt a. M.). Von ihm ist
die „Versuchung des Herrn auf dem Berge" und „Christus am Ölberge" in
mäßig großen Bildern gemalt. Der Ernst des Vortrages, die Vertiefung in den
Gegenstand, die eigene malerische Wirkung, die aus ihnen sprechen, sind ganz
außerordentliche und lassen über manche Härten in Zeichnung, Bewegung und
Färbung leicht hinwegsehen. — H. Neuhaus (München) malte das Gleichnis
vom „verlornen Sohn" in Form eines Triptychons und ferner, vielleicht im
Hinblick auf den barmherzigen Samariter der Schrift, ein Bild mit dem Titel
„liebe deinen Nächsten wie dich selbst." In beiden offenbart der Künstler eine
tüchtige Darstellungskraft, beide sind, obgleich in Auffassung und Ausführung
Uhde'scher Art verwandt, doch ungleich durchgebildeter und formenvollendeter, als
das bei Uhde zu finden ist. Auch will uns die Übersetzung der Gleichnisse in
unsere zeitgemäße Formensprache nicht so befremden als etwa da, wo der Herr-
in Person bei der Handlung beteiligt ist. Bei aller äußeren Trefflichkeit der
Schilderung aber, die sich in beiden Bildern kundgiebt, fehlt ihnen doch wieder
das, was zur rechten Erbauung notwendig ist, — das Herausheben aus der
alltäglichen Wirklichkeit. Gewiß ist in dem reuig zerknirschten Sauhirten auf der
Mitteltafel des ersten Bildes eine fesselnde Wirklichkeit erreicht, ja sogar durch
die im Abendsonnenglanz liegende Landschaft ein sehnsüchtiges Verlangen nach
Frieden ausgesprochen, gewiß ist in dem Alten, der seinen verlumpten, vor ihm
niedergeknieten Sohn aufzurichten sucht, die unaustilgbare Vaterliebe nicht zu ver-
kennen. Weshalb aber die Formen des Ganzen nicht edler, schöner, der Würde
des Gegenstandes angemessener gegeben sind, will nicht einleuchten. Auch ver-
steht man nicht, warum der wichtigste Augenblick des Gleichnisses, die Wieder-
annahme des Sohnes, nicht auf der Mitteltafel, sondern auf der rechten Seiten-
tafel des dreiteiligen Altarbildes Platz finden konnte, ja schließlich, warum dem
Ganzen überhaupt solche Form gegeben ist, da es doch kaum eine Kirche geben
dürfte, welche dieses Werk schon nach dem hier Angedeuteten als Altarblatt auf-
stellen würde, abgesehen ganz von dem linken Flügel, welcher den Jüngling bei
den Dirnen darstellt, und über welchen der Maler vorsichtiger Weise eine dunkle,
braune Farbenbrühe ausgegossen hat, die das Widerliche mildthätig verschleiert. —
(Düsseldorf), welches die geschichtliche Begebenheit ins Polnische überträgt, in seiner
Art poetisch und charakteristisch erfaßt ist und nicht unwesentliche malerische Vor-
züge besitzt, aber doch im ganzen als verfehlt betrachtet werden muß. Ansprechend
ist desselben Künstlers „Flucht der heiligen Familie." Da ist Joseph in frühester
Morgenstunde im Begriff, das Hofthor zu öffnen und Maria mit dem Kinde
auf dem Esel herauszuführen. — Auch sei gleich hier noch eines schönen Stimmungs-
bildes gedacht, der „Flucht nach Ägypten" von H. Dudley (London), welches
zwar die heilige Familie nur als kleinere Nebenfiguren in der Landschaft zeigt,
aber gerade letztere, in ihrer abendlichen Stimmung, Ruhe und Feinheit besonders
wirksam in Verbindung mit den Figuren bringt.
Ein eigenartiger Künstler, der künstlerische und poetische Schaffenskraft in
hervorragendem Maße besitzt, der aber trotz aller eingehenden Beobachtung und
Ausführung seiner Arbeiten im Publikum wenig Anklang findet, weil er fremd
altertümelnd, reizlos arbeitet, ist H. Thoma (Frankfurt a. M.). Von ihm ist
die „Versuchung des Herrn auf dem Berge" und „Christus am Ölberge" in
mäßig großen Bildern gemalt. Der Ernst des Vortrages, die Vertiefung in den
Gegenstand, die eigene malerische Wirkung, die aus ihnen sprechen, sind ganz
außerordentliche und lassen über manche Härten in Zeichnung, Bewegung und
Färbung leicht hinwegsehen. — H. Neuhaus (München) malte das Gleichnis
vom „verlornen Sohn" in Form eines Triptychons und ferner, vielleicht im
Hinblick auf den barmherzigen Samariter der Schrift, ein Bild mit dem Titel
„liebe deinen Nächsten wie dich selbst." In beiden offenbart der Künstler eine
tüchtige Darstellungskraft, beide sind, obgleich in Auffassung und Ausführung
Uhde'scher Art verwandt, doch ungleich durchgebildeter und formenvollendeter, als
das bei Uhde zu finden ist. Auch will uns die Übersetzung der Gleichnisse in
unsere zeitgemäße Formensprache nicht so befremden als etwa da, wo der Herr-
in Person bei der Handlung beteiligt ist. Bei aller äußeren Trefflichkeit der
Schilderung aber, die sich in beiden Bildern kundgiebt, fehlt ihnen doch wieder
das, was zur rechten Erbauung notwendig ist, — das Herausheben aus der
alltäglichen Wirklichkeit. Gewiß ist in dem reuig zerknirschten Sauhirten auf der
Mitteltafel des ersten Bildes eine fesselnde Wirklichkeit erreicht, ja sogar durch
die im Abendsonnenglanz liegende Landschaft ein sehnsüchtiges Verlangen nach
Frieden ausgesprochen, gewiß ist in dem Alten, der seinen verlumpten, vor ihm
niedergeknieten Sohn aufzurichten sucht, die unaustilgbare Vaterliebe nicht zu ver-
kennen. Weshalb aber die Formen des Ganzen nicht edler, schöner, der Würde
des Gegenstandes angemessener gegeben sind, will nicht einleuchten. Auch ver-
steht man nicht, warum der wichtigste Augenblick des Gleichnisses, die Wieder-
annahme des Sohnes, nicht auf der Mitteltafel, sondern auf der rechten Seiten-
tafel des dreiteiligen Altarbildes Platz finden konnte, ja schließlich, warum dem
Ganzen überhaupt solche Form gegeben ist, da es doch kaum eine Kirche geben
dürfte, welche dieses Werk schon nach dem hier Angedeuteten als Altarblatt auf-
stellen würde, abgesehen ganz von dem linken Flügel, welcher den Jüngling bei
den Dirnen darstellt, und über welchen der Maler vorsichtiger Weise eine dunkle,
braune Farbenbrühe ausgegossen hat, die das Widerliche mildthätig verschleiert. —