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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 1 (Januar 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0012
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Soweit ich sehe, findet der leidenschaftliche Christns-Typus Gebhardts mit
seinem doiichozephalen Germanenkopf, dem brennenden Äuge, der effektvollen Be-
wegung den meisten Beifall bei aller Ablehnung seiner sonstigen mittelalterlichen
Gewandungstheorie. Unsere Leser mögen an unseren Knnstblättern selbst ihre
Studien machen.
Fahrenkrog ist neuestens für einen bartlosen Christus eingetreten und hat
einen interessanten Typns gestaltet. Aber seine Theorie läßt sich geschichtlich
nicht halten, wie unser Artikel von litt, ttwoll Schmid nachweist. Ich will
aber doch darauf Hinweisen, daß mir Uhde wiederholt sagte, ein bartloser
Christus habe ihm immer vorgcschwebt. Jedenfalls ist der OruciüxuZ von
Fahrenkrog ein Meisterwerk voll seelischer Kraft und plastischer Größe. Wir
geben deshalb das schöne Bild unfern Lesern auch ans Kunstdruckpapier.
Es liegt mir ferne, je über einen Christustypns entscheiden zu wollen.
Wer einen neuen Christustypns schaffen will, muß ein Meister der religiösen
Psychologie und ein Meister seiner Technik zugleich sein. Dann wird er immer
Leute finden, die seinen Typns verstehen und lieben. Ob es gelingt, je einen
wesentlich von der Tradition sich unterscheidenden Typus zu finden, scheint mir
zweifelhaft. Das Volk wird immer eine gewisse Normalgestalt, einen idealen
Menschen in der bildenden Kunst verlangen. Und für diese Forderung ist der
überlieferte Typns mit Bart sehr adäquat. Aber auch innerhalb dieses Normal-
Typus kann der geniale Meister edelstes Menschentum iu höchster Vollendung
mit den Mitteln des modernen Realismus gestalten. Ich glaube, daß Stein-
hansen in seiner ersten Schaffensperiode diesem Typus am nächsten gekommen
ist, z. B. auf den Bildern vom reichen Jüngling, ooin Blinden, Christus und
die Griechen und vor allem in der Lithographie: „Der nicht Hai, da er sein
Haupt hinlcgt". Doch — später mehr über dieses Christusproblem. Ich bin
mit I)r. Friedrich Naumann in eine Kontroverse darüber gekommen, ob es einen
deutschen Christustypns geben kann. Ich glaube: Ja. —Ein Christus des Fran-
zosen Burnand hat einen andern Typus, als der Christus eines deutschen Künst-
lers. Doch auch darüber später. Man kann nnr mit Bildermaterial sich ver-
ständigen.
Die christliche Kunst, der wir dienen, trägt ganz charakteristische deutsche
Züge, denn sie soll Volkskunst sein, vom Volk miterlebt und nachgefühlt.
Diese deutschen Züge muß vor allem die Kunst des christlichen Wandschmuckes
bergen, der unsere Häuser zieren und unsere Herzen feierlich stimmen soll.
Ans dem Gebiete des christlichen Wandschmucks gibt es noch große Lücken.
Heute nur soviel, daß wir auch weiter mithelfen wollen, diese Lücken zu
schließen.
Der alte Titel unserer Zeitschrift hat auch die Schule in den Gesichtskreis
gezogen. Wir haben in den letzten vier Jahren Schnlhaustypen gebracht, die
dann durch alle Fachzeitschriften gingen. Also haben wir ein auch nach der tech-
nischen Seite erworbenes Recht, über den Schulhausbau zu reden. Der Gründer
des modernen Schulhausbaus, Theodor Fischer, hat uns denn auch seine neueste
Dorfschule zum netten Eingang zur Verfügung gestellt.
 
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