Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

DOI Heft:
Nr. 1 (Januar 1908)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0013
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Und nun noch ein letztes Gebiet — ein Acker, der noch ungepflügt ist:
Das kirchliche Kunstgcwcrbe.
Wer seine Kirchs von einem Künstler erbauen läßt, hat auch im kunstge-
werblichen Teil (Vnsn, suoru, kurumonts usw.) Kunstwerte zu erhoffen. Er
übertrage auch diese Entwürfe demselben Künstler. Das gibt geschlossene Ein-
heiten im Jnncnraum der Kirche.
Die alte christliche Kunst und die noch sehr im argen liegende Kunst der
Restauration kommt bei dieser Fülle moderner Aufgaben bei uns zu kurz. Wir
wollen das ehrlich zugestehen. Aber so ganz schlimm scheint es doch nicht zu
sein. Wenigstens sagte mir neulich ein katholischer Landeskonservator, daß ihm
unser Eintreten für moderne Anbauten an alten Bauten sehr willkommen sei,
da er dadurch auch leichter in seinem Lande Bresche schießen könne.
Nun denk ich, daß wir das Heer der Aufgaben vor uns sehen in Waffen-
rüstung. Wir müssen selbst mit ihnen ringen, deutsche Künstler, Wissenschaftler
und Laien. Ich hoffe, wir werden den Sieg gewinnen.
Ein bartloser Christustypus
Von llo. tllsol. R. Schmid
Mit 2 Bildern
Der Berliner Maler Fahrenkrog ist seit einigen Jahren bemüht, einen neuen
Christustypus zu schaffen, dessen hervorstechendstes Kennzeichen die Bartlosigkeit
ist. Nun tritt er auch im Dezemberheft 1906 des Türmers mit einer längeren
Betrachtung auf, in der er sein Unternehmen begründet. Wenn er dabei be-
sonders das Stürmische, Schroffe und Harte im Wesen Jesu hervorhebt, die
eiserne Energie seiner sittlichen Forderungen, seines Lebenskampfes, und sagt:
„Dieser Mann, der unter dem Sternendome Gethsemanes seine Nächte zubrachte,
der einsam an wüsten Orten oft und viel den Vaier suchte, der Wahrheitsliebe,
glühender Gottesliebe voll, dem Kinde, dem reuigen Zöllner, der büßenden
öffentlichen Dirne voll wahrhaft großer Liebe den Weg zum Himmelreich wies,
dessen Worte Gewalt waren und dessen Geistesmacht Jahrhunderte bewegte, dessen
Leben und Leiden dem Inhalt seiner Lehre gleich war, dieser Mensch sollte durch
jenen oft wunderlich süßen, mit langen Locken und wohlgepflegtem Spitzbart, durch
jenen durch die Tradition geheiligten Christustyp verkörpert werden können?" —
so wird man ihm dabei nur zustimmen müssen. Er hat in der Kritik des
Herkömmlichen ebenso recht, wie in der Forderung, es solle der Künstler seinen
Jesus, so wie er ihu zu schauen und zu erfassen imstande ist, darstellen. „Die
geistlose Maske, das bequeme Scheina wird fallen; denn Geist wird nur vom
Geiste geboren." Aber anders steht es mit den übrigen Behauptungen, die
darin gipfeln, daß Jesus tatsächlich keinen Bart getragen habe. Der Beweis
für dieses historische Urteil wird folgendermaßen geführt:
Jesus kann keinen Bart getragen haben, weil geistreiche Leute das überhaupt
nicht tun. Der Bart sei für den Mann, was der Kamm für den Hahn, die
Mähne für den Löwen, das Abzeichen des Geschlechtscharakters. Nun komme
 
Annotationen