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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 2 (Februar 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0077
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christlichen Jonabilder. Wertvoll für die Kunstgeschichte ist dann vor allem die Unter-
suchung über die Herkunft der Vorstellung der Hölle als eines aufgesperrten Rachens,
die ja auf so vielen Weltgerichts- und Höllenfahrtsbildern eine naive Verkörperung
gefunden Hal; wer in Zukunft über die Darstellung der Hölle im Mittelalter schreiben
will, wird Schmidts Buch zu Rate ziehen müssen. Eine besonders lehrreiche Einzel-
heit aus dem reichen Stoffe sei noch erwähnt, weil sie ein ganz überraschendes Bei-
spiel gibt, wie uralte mythologische Vorstellungen, die sonst vergessen zu sein scheinen,
noch in der Kunst weiterleben können. Unter den charaktervollen Reliefgestaiten der

Relief-Platten aus der Burg Hohenzollcrn
Aus: Die romanische Steinplastik in Schwaben. Verlag P. Neff-Schreib e.r
Propheten und Apostel im Ostchore des Bamberger Domes (13. Jahrh.) befindet sich
eine besonders auffallende, ein bartloser Mann mit vollständig kahlem Schädel.
Weese hat diesen richtig als Jona gedeutet, weil auch das Volksschauspiel vorschreibt,
daß Jona kahlköpfig dargestellt werden solle. Was aber ist der Grund dafür? Schmidt
bildet eine bisher noch nicht beachtete Malerei aus der ältesten Armenbibel ab: Jona
wird in voller Kleidung als lockiger Jüngling in den Fischrachen geworfen, und nackt
und kahlköpfig wieder ausgespien; er hat also im Bauche des Fisches sein Haupt-
haar verloren. Davon ist zwar weder in der Bibel noch in der sonstigen christlichen Lite-
ratur irgend etwas zu lesen. Wohl aber lautet eine griechische Sage, daß Herakles, beim
Kampfe um Hesione von dem Meerungeheuer verschlungen, seine Haare eingebützt
 
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