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Christliches Kunstblatt für Kirche, Schule u. Haus — 50.1908

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Nr. 3 (März 1908)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44122#0092
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73

sah man, daß solches in den verschiedenen Kalksteinen, die seit Jahrhunderten das
Material für die vornehmere Denkmalkunst geliefert hatten, in reicher Fülle gegeben
war; auch die Marmorsorten sind ja Kalksteine.
Welches Material freilich im Einzelfalle zu wählen ist, das hängt
— abgesehen von der erst in zweiter Linie sprechenden Geldfrage — ganz von dem
künstlerischen Charakter des Denkmalentwurfes ab. Zierliche, antikisie-
rende Denkmale mit zarten Profilen, Akanthusornamenten und Lorbeerstäben, wie z. B.
Haiger Abb. 7 u. 8 verlangen ein geschlossenes, dichtes Material: Marmor, Sand-
stein, Kelheimer Kalkstein und allerfeinsten Euvillel Derbe Formen von
monumentalem wuchtigem Charakter mit skizzenhafter Zeichnung und großen Flächen
ohne Ornament fordern geradezu den
Muschelkalk. Dabei darf nur wenig
Schrift in großen Buchstaben von min¬
destens 5 om Höhe angebracht werden,
weil kleine nesterartige Löcher die
Steine durchziehen. lieber relativ
kleinporige Muschelkalke stehe unten.
Der französische Muschelkalk
aus Euville, ein ziemlich harter, in
Qualität la nur ganz feinporiger,
gelblichweiher, kristallinischer Stein ist
— das sei hier auf Grund bald drei¬
jähriger an ISODenkmälern gewonnener
Erfahrung gesagt—, vielleicht das ver¬
wendbarste und schönste Grabstein¬
material. Seiner Struktur nach in der
Mitte zwischen dem Marmor und den
Muschelkalken stehend, eignet er sich
auch für feinere, selbst figürliche Arbeit
vortrefflich und entbehrt doch der allzu
gleichmäßig glatten Oberfläche des
Sandsteines und Marmors; viele
unserer ersten Bildhauer geben ihm
seiner warmen Farbe wegen den Vor¬
zug vor dem letzteren. Der Preis ist
ziemlich niedrig, fast gleich dem des
Muschelkalks. Nur für wuchtige massige Formen ist er zu zart in Farbe und Korn.
Er läßt sich aber färben.
Der Muschelkalk, ein grauer, hellgrauer, graugrünlicher oder graurötlichor Stein ist
ein Material von größter natürlicher Schönheit und vorzüglicher Wetterbeständigkeit.
Seine grobporige Oberfläche wirkt auch an großen Flächen niemals tot, sondern
stets belebt und zwar durch die unregelmäßig verteilten Lücken, die der Laie, wenn
er den Stein in der Hand betrachtet, oft für unschön hält. Auch reiht er sich wie
kein zweiter Stoff in die Formenwelt der freien Natur ein und setzt eine feine Patina
an. Es gibt verschiedene Sorten, dichtere und grobmaschige, erstere wird man wählen,
wo es sich um bildhauerische Arbeiten handelt, letztere sind mehr für architektonische
Zwecke geeignet; doch erlaubt gerade seine porige Struktur eine malerische Behand-
lung der Plastik, die von hohem Reize sein kann. Feinporiger Muschelkalk wird in
Krensheim, Kirchheim am Main gebrochen; mit Rücksicht auf die Inschrift und
etwaige Ornamente wird man diese Sorten bei allen kleineren Denkmalen wählen.
Der Christus des Denkmals Pfeifer (Abb. 5) ist aus solchem Muschelkalk.
Der Dolomit der Firma Kü st Hardt, Hildesheim, hat den Vorzug großer
Billigkeit und gleichmäßiger Struktur: er kommt darin dem Euville nahe, weshalb

Abb. 1g. Alter Grabstein für Len Arzt
Or. Weidmann, Mainz, Sandstein
 
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