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aus dein Leben gerissen wurde. In ihm starb einer der ersten und
ältesten Ärzte der Stadt, der über ein halbes Jahrhundert in Heidel-
berg mit einem Erfolg gewirkt hatte, wie ihn wenige zu erringen im
stände sind. Was er geworden war durch Wissenschaft, Erfahrung
und Kunst, verdankte er der eigenen Kraft und Arbeit. In Michel-
feld am 8. Januar 1830 geboren, als Sohn des Tuchfabrikanten
Sigm. Oppenheimer, war es ihm nicht ganz leicht geworden, sich aus
einfachen Verhältnissen emporzuarbeiten, obgleich feine Familie
bedacht war, ihm eine sorgfältige Bildung zuteil werden zu lassen.
Auch die Zeitverhältnisse mit ihren tiefgehenden politischen Be-
wegungen erfaßten den Heranwachsenden. Er hatte gerade das
Karlsruher Gymnasium absolviert, als die Revolution des Jahres
1848 ausbrach und auch ihn mit ihrer Erregung berührte; erst 1849
konnte er aus der Schweiz, in die er geflüchtet war, zurückkehren,
um in Heidelberg und Würzburg seins medizinischen Studien zu
machen und sie, einer Neigung der Zeit folgend, durch einen Aufent-
halt in Paris abzuschließen. Dann wurde er nach bestandener
Staatsprüfung erster Afsistent an der hiesigen Klinik des Professor
Hasse und bald auch Dozent an der Universität, um Heidelberg nicht
wieder zu verlassen; zugleich begann seine sich rasch mehrende Tätig-
keit als praktischer Arzt, die mit den Jahren die lehrende und wissen-
schaftliche zurückdrängte, wenn auch die letztere nie rnhte, fondern
sich ununterbrochen neben der fast erdrückenden Last einer immer
mehr sich ausdehnenden Praxis fortsetzte und ihn gerade in den
Tagen des Alters mit den tiefsinnigsten Problemen der modernen
Medizin beschäftigt zeigte. Der ärztliche Berus, den er wie ein
Meister zu üben gewußt hat, brachte ihn mit allen Kreisen, auch über
die ihm zur Heimat gewordene Stadt hinaus, in enge Berührung
und erwarb ihm dankbare Anhänglichkeit in steigendem Maße; man
verehrte die Schärfe seines ärztlichen Urteils und die teilnehmende
menschliche Gesinnung, die seine Kunst dnrchdrang. Dnrch weite
Schichten der Bevölkerung wird man seiner dauernd gedenken, aber
auch die Wissenschaft wird, wie an seinem Sarge betont wurde,
seinen Namen nicht vergessen.
 
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