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dert, eigentlich in Fluß gebracht morden; so hat er der Luisenheil-
anstatt über kritische Zeiten hinweggeholsen. Und mit diesem hin-
gebenden und hilsbereiten Interesse für öffentliche Dinge verband sich
eine vornehme Wohltätigkeit, bei der nie die eine Hand von der
anderen wußte. Als man ihn hinaus zur Ruhe trug und zahlreiche
Kränze an feiner Bahre von verschiedenen Seiten niedergelegt wur-
den, stimmten alle Redner in dem einen Gedanken überein, daß man
einen edlen und guten Mann verloren, der ein Vorbild bescheidener, aber
weithin wirkender Bürgertugend für kommende Geschlechter gewesen sei.
Der zweite schwere Verlust in einem Jahre wurde dem hiesigen
Gymnasium durch den frühen Tod von Prof. Dr. Adolf Aus feld am
15. August bereitet; in feinem Hingang beklagte es das Abscheiden
eines bedeutenden Gelehrten und Lehrers; daß dieser an Gesundheit
und Lebenskraft vorbildliche Mann mitten aus einem an Erfolgen und
Absichten reichen Leben gerissen wurde, während Familie, Wissenschaft
und Schule noch auf ihn für lange Zeit rechneten, ist ein Schicksal,
-das wir nicht verstehen können, aber beklagen dürfen. Adolf Aus-
feld, ein Urenkel des großen Pädagogen Salzmann, war 1855 ge-
boren, kurz bevor er beide Eltern verlor. Sein Pflegevater und
Onkel, der Bruder seines Vaters, erzog ihn wie sein eigenes Kind.
Er besuchte das Gymnasium in Fulda und studierte in Jena und
Leipzig, wo er noch Rietschel hörte, klassische Philologie und deutsche
Sprache. Nach bestandenem Staats- und Doktorexamen und kurzer
Dienstzeit in Lothringen trat er in den badischen Staatsdienst über und
wirkte als Professor in Donaueschingen, Bruchsal und Baden-Baden,
von wo er 1902 nach Heidelberg versetzt wurde. Ausfeld war ein
uortresflicher Philologe, der mit besonderer Energie der Entstehung
und Entwicklung der Sagen um Alexander dem Großen nachforschte;
er war zugleich ein äußerst anregender Lehrer, der die Jugend mächtig
anzog, voll tiefen Gefühls, auch fähig dieses dichterisch auszu-
sprechen; er stand im Aufgang einer vielversprechenden Laufbahn, auf
deren Weg man bei seiner festen Konstitution vertrauen konnte. Da
erfaßte ihn eine Blinddarmentzündung, der er nach einer versuchten
Operation in wenig Tagen erlag: ein tragisches Geschick, dem die
wehmütige Teilnahme aller derer, die ihn kannten, gefolgt ist.
 
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