AUSSTELLUNGEN
es [ich wie bei den Landfehaftern vom Schlage
eines Blechen darum handelt, die Schönheit der
Natur momentan zu erhafchen.
Es muß hervorgehoben werden, daß in diefer
Abteilung das Meifte von den Kupferftichkabi-
netten in München und Weimar und manches
aus Privalbefiß hergeliehen worden ift, fo vor
allem die koftbaren Handzeichnungen von fln-
felm Feuerbach, die an diefer Stelle unmittel-
bar zu Ludwig von Hofmann hinüberleiten,
dem einige Säle nebenan eine befonders aus-
gedehnte Kollektion koftbarer Kohlezeichnungen
und Paftelle eingeräumt wurde.
Unter den Ausländern verdienen in erfter Linie
die Engländer Bone und Pennell Erwähnung,
die, als Perfönlichkeiten wohl ungeheuer diffe-
renziert, doch beide ausgezeichnete Gradmeßer
unferer künftlerifchen Kultur find. Von Pennell
fieht man neben Lithographien die letzten Ra-
dierungen, die kürzlich an diefer Stelle abgebildet
wurden; von Bone eine Anzahl feiner ebenfo
klaren wie vergeiftigten Landfchaftsradierungen,
die bekanntlich zu den großen Seltenheiten des
Kunftmarktes gehören. Von den Franzofen find
Forain, Renoir und Cezanne charakteriftifch
vertreten, während von Gauguin eine Folge
gelbgetönter Lithographien gezeigt wird, zum
Teil mit Motiven der Bretagne, zum Teil mit
folchen von Martinique, die manchem neu fein
dürften. Von Piffarro und Signac fieht man
einige charakteriftifdie Aquarelle, von Emile
Zoir ebenfo typifche Radierungen.
Von ihrem verdorbenen Ehrenmitglied Jozef
Israels hat die Sezeffion eine größere Kollek-
tion von Handzeichnungen und Radierungen,
darunter markante Studien, ausgeftellt, von
Anders Zorn ähnlich eine Zahl radierter Por-
träts. Indes mehr als der Schwede Zorn inter-
effiert vielleicht der Finne Axel Gallen oder
der Belgier Odilon Redon, obwohl weder der
eine noch der andere als feft umfehriebene Per-
fönlichkeit vor uns fteht. Aber im ganzen laffen
gerade diesmal die Ausländer verhältnismäßig
kalt. Sie wirken weniger intereffant als die
deutfehen Meifter des 19. Jahrhunderts in ihrer
eigentlichen Werkftatt, von denen jeder einzelne
im Hinblick auf die moderne Kunft zu inter-
effanten Folgerungen und Schlüffen verleiten
könnte. Doppelt bei diefem nahen Beieinander
und der hohen Qualität, die die Arbeiten der
Modernen auszeichnet. Das „Hohe Lied“ von
Lovis Corinth, das demnächft bei Paul Caffirer
erfcheint, ift eine freudige Bekanntfchaft für alle
Freunde diefes gefunden künftlerifchen Tempe-
ramentes, das fich hier von einer faft diskreten,
man möchte fagen, empfindfamen Seite zeigt
(viel beffer als bei der „Judith“) und im Sinne
feiner Aufgabe durchaus biblifch anfpricht. Sie-
vogts kleine radierte Blätter, darunter ein
Selbftbildnis und einigeD’Andrade-Studien, über-
rafchen nicht minder und zeugen von königlicher
Reife. Liebermann hat Aquarelle aus Holland
und eine intereffante Bleiftiftfkizze mit feinem
Selbftbildnis beigefteuert. Dazu die prachtvolle
Radierung vom Uhlenhorfter Fährhaus. Vom
Dresdner Sterl fieht man vortreffliche aqua-
rellierte Studien. Orlik, Walfer, Pottner,
Brockhufen (der immer kräftiger wird), Kar-
dorff, Ulrich Hübner, Max Beckmann,
Tu di, W. Rösler treten überaus reich und
mannigfaltig als die vollwertigften Repräfen-
tanten der Berliner Sezeffion auf, während
Klemm und vornehmlich Willi Geiger mit
den Radierungen feiner Tauromachie (das be-
liebte und doch fo ganz anders behandelte
Goya-Motiv) für fich als Vertreter füddeutfehen
Schaffens genannt werden müffen. Hans Meid
mit einem Othello-Zyklus, der Schweizer Her-
mann Huber, der ftark unter Hodlers Einfluß
fteht, der Oftpreuße Mefeck und der Bremer
Matthes treten außerdem vielbedeutend und
zum Teil als neue Erfcheinungen aus dem rei-
dien Rahmen der Veranftaltung hervor, ähnlich
wie der fenfible Hermann Struck mit feinen
venezianifchen Veduten, wie Käthe Kollwiß
mit kraftvollen Studien, Zille mit feinen Ber-
liner Typen und Balufchek mit einem Dußend
Kohlekartons, die freilich nirgends die Linie der
guten Illuftration überfchreiten und im Motiv
nirgends künftlerifch vertieft find. Diefe kleine
Auswahl aus dem überreichen und hochinter-
effanten Inhalt mag die Veranftaltung ungefähr
umfehreiben, die überall zum Studium im Detail
verlockt, das doppelt wertvoll ift, weil die hier
gezeigten Skizzen, Lithographien, Aquarelle und
Radierungen viel unmittelbarer in die Werkftatt
der Schadenden hineinführen, als es fonft wohl
möglich ift. Hier ift alles intim und deshalb
doppelt lehrreich. G. B.
BÄSEL In der KUNSTHALLE war als zweite
Herbftkollektion eine fehr verfchiedenartige
Gruppe von Malern und Graphikern vereinigt.
Darunter zuerft Erneft Bieler aus Saviese. Seine
Köpfe und Typen find mit Augen des Graphikers
erfaßt, im leßten Detail der Struktur, der ganzen
Kraft der Linie feftgehalten; die Farbe tritt als er-
gänzender Schmuck hinzu, herb und raffig wie
die ganze Erfcheinungswelt der Bergbevölkerung,
der Bieler feine liebevolle Aufmerkfamkeitwidmet.
— Neben diefer zeichnenden Kunft brachte ein
größeres Oeuvre Adolf Thomanns (München),
der vor allem mit malerifchen Mitteln Land-
fchaften und Tiere in einer fchweren dunftigen
886
es [ich wie bei den Landfehaftern vom Schlage
eines Blechen darum handelt, die Schönheit der
Natur momentan zu erhafchen.
Es muß hervorgehoben werden, daß in diefer
Abteilung das Meifte von den Kupferftichkabi-
netten in München und Weimar und manches
aus Privalbefiß hergeliehen worden ift, fo vor
allem die koftbaren Handzeichnungen von fln-
felm Feuerbach, die an diefer Stelle unmittel-
bar zu Ludwig von Hofmann hinüberleiten,
dem einige Säle nebenan eine befonders aus-
gedehnte Kollektion koftbarer Kohlezeichnungen
und Paftelle eingeräumt wurde.
Unter den Ausländern verdienen in erfter Linie
die Engländer Bone und Pennell Erwähnung,
die, als Perfönlichkeiten wohl ungeheuer diffe-
renziert, doch beide ausgezeichnete Gradmeßer
unferer künftlerifchen Kultur find. Von Pennell
fieht man neben Lithographien die letzten Ra-
dierungen, die kürzlich an diefer Stelle abgebildet
wurden; von Bone eine Anzahl feiner ebenfo
klaren wie vergeiftigten Landfchaftsradierungen,
die bekanntlich zu den großen Seltenheiten des
Kunftmarktes gehören. Von den Franzofen find
Forain, Renoir und Cezanne charakteriftifch
vertreten, während von Gauguin eine Folge
gelbgetönter Lithographien gezeigt wird, zum
Teil mit Motiven der Bretagne, zum Teil mit
folchen von Martinique, die manchem neu fein
dürften. Von Piffarro und Signac fieht man
einige charakteriftifdie Aquarelle, von Emile
Zoir ebenfo typifche Radierungen.
Von ihrem verdorbenen Ehrenmitglied Jozef
Israels hat die Sezeffion eine größere Kollek-
tion von Handzeichnungen und Radierungen,
darunter markante Studien, ausgeftellt, von
Anders Zorn ähnlich eine Zahl radierter Por-
träts. Indes mehr als der Schwede Zorn inter-
effiert vielleicht der Finne Axel Gallen oder
der Belgier Odilon Redon, obwohl weder der
eine noch der andere als feft umfehriebene Per-
fönlichkeit vor uns fteht. Aber im ganzen laffen
gerade diesmal die Ausländer verhältnismäßig
kalt. Sie wirken weniger intereffant als die
deutfehen Meifter des 19. Jahrhunderts in ihrer
eigentlichen Werkftatt, von denen jeder einzelne
im Hinblick auf die moderne Kunft zu inter-
effanten Folgerungen und Schlüffen verleiten
könnte. Doppelt bei diefem nahen Beieinander
und der hohen Qualität, die die Arbeiten der
Modernen auszeichnet. Das „Hohe Lied“ von
Lovis Corinth, das demnächft bei Paul Caffirer
erfcheint, ift eine freudige Bekanntfchaft für alle
Freunde diefes gefunden künftlerifchen Tempe-
ramentes, das fich hier von einer faft diskreten,
man möchte fagen, empfindfamen Seite zeigt
(viel beffer als bei der „Judith“) und im Sinne
feiner Aufgabe durchaus biblifch anfpricht. Sie-
vogts kleine radierte Blätter, darunter ein
Selbftbildnis und einigeD’Andrade-Studien, über-
rafchen nicht minder und zeugen von königlicher
Reife. Liebermann hat Aquarelle aus Holland
und eine intereffante Bleiftiftfkizze mit feinem
Selbftbildnis beigefteuert. Dazu die prachtvolle
Radierung vom Uhlenhorfter Fährhaus. Vom
Dresdner Sterl fieht man vortreffliche aqua-
rellierte Studien. Orlik, Walfer, Pottner,
Brockhufen (der immer kräftiger wird), Kar-
dorff, Ulrich Hübner, Max Beckmann,
Tu di, W. Rösler treten überaus reich und
mannigfaltig als die vollwertigften Repräfen-
tanten der Berliner Sezeffion auf, während
Klemm und vornehmlich Willi Geiger mit
den Radierungen feiner Tauromachie (das be-
liebte und doch fo ganz anders behandelte
Goya-Motiv) für fich als Vertreter füddeutfehen
Schaffens genannt werden müffen. Hans Meid
mit einem Othello-Zyklus, der Schweizer Her-
mann Huber, der ftark unter Hodlers Einfluß
fteht, der Oftpreuße Mefeck und der Bremer
Matthes treten außerdem vielbedeutend und
zum Teil als neue Erfcheinungen aus dem rei-
dien Rahmen der Veranftaltung hervor, ähnlich
wie der fenfible Hermann Struck mit feinen
venezianifchen Veduten, wie Käthe Kollwiß
mit kraftvollen Studien, Zille mit feinen Ber-
liner Typen und Balufchek mit einem Dußend
Kohlekartons, die freilich nirgends die Linie der
guten Illuftration überfchreiten und im Motiv
nirgends künftlerifch vertieft find. Diefe kleine
Auswahl aus dem überreichen und hochinter-
effanten Inhalt mag die Veranftaltung ungefähr
umfehreiben, die überall zum Studium im Detail
verlockt, das doppelt wertvoll ift, weil die hier
gezeigten Skizzen, Lithographien, Aquarelle und
Radierungen viel unmittelbarer in die Werkftatt
der Schadenden hineinführen, als es fonft wohl
möglich ift. Hier ift alles intim und deshalb
doppelt lehrreich. G. B.
BÄSEL In der KUNSTHALLE war als zweite
Herbftkollektion eine fehr verfchiedenartige
Gruppe von Malern und Graphikern vereinigt.
Darunter zuerft Erneft Bieler aus Saviese. Seine
Köpfe und Typen find mit Augen des Graphikers
erfaßt, im leßten Detail der Struktur, der ganzen
Kraft der Linie feftgehalten; die Farbe tritt als er-
gänzender Schmuck hinzu, herb und raffig wie
die ganze Erfcheinungswelt der Bergbevölkerung,
der Bieler feine liebevolle Aufmerkfamkeitwidmet.
— Neben diefer zeichnenden Kunft brachte ein
größeres Oeuvre Adolf Thomanns (München),
der vor allem mit malerifchen Mitteln Land-
fchaften und Tiere in einer fchweren dunftigen
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