DER KUNSTMÄRKT — von den Auktionen
VON AUKTIONEN, FÄLSCHUNGEN
UND ÄNDEREN DINGEN1
In einem umfangreichen, gut ausgeftatteten
Werk hat Günther Koch mit Glück ein Thema
behandelt, das bisher von anderen Äutoren, wie
von Frimmel in feiner „Gemäldekunde“ und
Donath in feiner „Pfychologie des Kunftfam-
melns“ nur geftreift oder allzu oberflächlich be-
handelt worden war. Die Ereigniffe der lebten
Jahre auf dem Kunftmarkt forderten geradezu
gebieterifch eine ernfthaftere monographifdie
Behandlung diefes Themas. Koch ift im großen
und ganzen feiner recht fchwierigen Aufgabe
durchaus gerecht geworden. Die Arbeit zeugt
von außerordentlichem Fleiß und Gründlichkeit
Freilich, ganz erfchöpft hat Koch fein Thema
nicht, was einen aber bei einem erften folchen
ernfthaften Verfuch nicht erftaunen kann. Ich
möchte in folgendem auf verfchiedenePunkte hin-
weifen, die von dem Verfaffer nicht oder nicht ge-
nügend berückfichtigt worden find, die aber in einer
folchen Monographie durchaus nicht fehlen dürfen.
Was die Auktionen anlangt, fei bemerkt, daß
nicht immer, wie Koch meint, die „mise en
scene“ notwendig ift, um große Erfolge zu er-
zielen; Beifpiel: Viele der Auktionen der legten
Jahre bei Chriftie, über deren recht befremdliche
Organifation im „Cicerone“ fchon wiederholt
einiges zu lefen war. Die Auktionskataloge
werden dort nicht nur äußerft fchlecht ausge-
ftattet, mit gar keinen oder genz wenigen Ab-
bildungen und erft ganz kurz vor den Auktionen
ausgefchickt. Es wird möglichft fo eingerichtet,
daß nur ein kleiner Händlerring bei den ganz
wichtigen Auktionen dabei ift, die fich fo in den
legten Jahren mehr wie einmal faß unter Aus-
fchluß der großen Öffentlichkeit abgefpielt haben.
Daß dann die Bilder in den Händen einiger be-
vorzugter Händler bleiben, hindert ja nicht, daß
die Preife fehr hoch hinauf gehen; ja gerade
bei diefem engeren Wettbewerb find oft fenfa-
tionelle Refultate erzielt worden.
Bei dem Abfchnitt „Auktionsfaifon“ hätte hin-
zugefügt werden können, daß in Paris Mai und
Juni die Hauptmonate find, daß dort auch die
Auktionsfaifon bisher ungefähr mit dem „Grand
Prix“ abfchloß. In Amerika, vor allem in New-
York, ift Dezember bis Februar die Hauptfaifon.
Die großen Auktionen werden in New-York
abends gewöhnlich im Ballfaal des Plaza-Hotels
abgehalten, wobei das Publikum in großer
Toilette erscheint!
1 Günther Koch, Kunftwerke und Bücher am Markte
(Äuktion Fälfchungen — Preife und was fie lehren),
Eßlingen a. N., Paul Neff Verlag (Max Schreiber) 1915.
Mit 34 Kunftbeilagen.
Zum Kapitel der Preife dürfte man hinzu-
fügen, daß es bei dem Kunftfpekulantentum, wie
es fich leider in den legten Jahren fo ftark ein-
geftellt hat, Leute gibt, die regelrecht ä la hausse
fpekulieren; als ein typifches Beifpiel dafür darf
man den bekannten Parifer „Sammler“ Pelerin
betrachten: Er begann Cezanne zu kaufen als
diefer fchon nicht mehr billig war, und kaufte
auch weiter auf den großen Auktionen, fo auf
der der Sammlung Nemes, Gemälde Cezannes
zu fehr hohen Preifen, um fo den Marktwert
diefer Bilder noch mehr zu fteigern und dem,
zweifelsohne beabßchtigten, Verkaufe feiner
großen Cezanne-Sammlung einen möglichft
günftigen Boden vorzubreiten. Man munkelte
in Paris vor dem Ausbruch des Krieges, daß die
große Cezanne-Verfteigerung Pelerins in diefem
Jahre ftattfinden follte; wie nun die Verhältniffe
liegen, dürften wohl ficher noch zwei Jahre
darüber ins Land gehen; daß fie kommen wird,
fcheint mir keinem Zweifel zu unterliegen; und
ich möchte hinzufügen, daß für viele der Bilder,
der großen und bleibenden Bedeutung Cezannes
entfprechend, Pelerin in feinen Erwartungen
wohl nicht getäufcht werden wird.
An einen allgemeinen Preisrückgang, an ein
Schwinden der Riefenpreife, wie wir fie im letzten
Jahre erlebt haben, glaube ich ebenfowenig wie
der Verfaffer. Die legten Ereigniffe im ameri-
kanifchen Kunftleben, der Verkauf von Teilen
der Morganfchen Sammlungen zu Senfations-
preifen — es werden ganz ficher auch die
anderen Teile diefer Sammlung verkauft wer-
den, und namentlich die Bronzen unerhörte Preife
bringen zeigen im Gegenteil, daß wir ficher
noch mit einem weiteren Steigen der Preife
rechnen dürfen, fehr verftändlich, da die Ameri-
kaner erft zu kaufen begonnen haben, und
das Kunftliebhabertum in Amerika immer wei-
tere Kreife zieht. Nur wird der Krieg das Gute
bringen, daß man nicht mehr für drittklaffige
Dinge erftklafpge Preife zahlen muß, wie dies
in den legten Jahren der Fall war, da aus ver-
fchiedenen Gründen wieder eine größere Anzahl
erftklafpger Werke auf dem Markt erfcheinen
werden.
Bei der „Praxis der Kunfthändler“ wäre das
Moment des Sehenlaffens der Bilder zu berück-
fiditigen. Es gibt Händler, die ihre Ware be-
reitwillig jedermann zeigen und andere, die mit
dem Sehenlaffen äußerft zurückhaltend find, da
fie die Anficht vertreten, es fchade dem Verkauf
des betreffenden Kunftwerkes, wenn die ganze
Welt davon weiß. Zu betonen ift auch, daß
fehr häupg die Riefenpreife, die Händler auf
Auktionen und fonft anlegen, fich nur dadurch
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VON AUKTIONEN, FÄLSCHUNGEN
UND ÄNDEREN DINGEN1
In einem umfangreichen, gut ausgeftatteten
Werk hat Günther Koch mit Glück ein Thema
behandelt, das bisher von anderen Äutoren, wie
von Frimmel in feiner „Gemäldekunde“ und
Donath in feiner „Pfychologie des Kunftfam-
melns“ nur geftreift oder allzu oberflächlich be-
handelt worden war. Die Ereigniffe der lebten
Jahre auf dem Kunftmarkt forderten geradezu
gebieterifch eine ernfthaftere monographifdie
Behandlung diefes Themas. Koch ift im großen
und ganzen feiner recht fchwierigen Aufgabe
durchaus gerecht geworden. Die Arbeit zeugt
von außerordentlichem Fleiß und Gründlichkeit
Freilich, ganz erfchöpft hat Koch fein Thema
nicht, was einen aber bei einem erften folchen
ernfthaften Verfuch nicht erftaunen kann. Ich
möchte in folgendem auf verfchiedenePunkte hin-
weifen, die von dem Verfaffer nicht oder nicht ge-
nügend berückfichtigt worden find, die aber in einer
folchen Monographie durchaus nicht fehlen dürfen.
Was die Auktionen anlangt, fei bemerkt, daß
nicht immer, wie Koch meint, die „mise en
scene“ notwendig ift, um große Erfolge zu er-
zielen; Beifpiel: Viele der Auktionen der legten
Jahre bei Chriftie, über deren recht befremdliche
Organifation im „Cicerone“ fchon wiederholt
einiges zu lefen war. Die Auktionskataloge
werden dort nicht nur äußerft fchlecht ausge-
ftattet, mit gar keinen oder genz wenigen Ab-
bildungen und erft ganz kurz vor den Auktionen
ausgefchickt. Es wird möglichft fo eingerichtet,
daß nur ein kleiner Händlerring bei den ganz
wichtigen Auktionen dabei ift, die fich fo in den
legten Jahren mehr wie einmal faß unter Aus-
fchluß der großen Öffentlichkeit abgefpielt haben.
Daß dann die Bilder in den Händen einiger be-
vorzugter Händler bleiben, hindert ja nicht, daß
die Preife fehr hoch hinauf gehen; ja gerade
bei diefem engeren Wettbewerb find oft fenfa-
tionelle Refultate erzielt worden.
Bei dem Abfchnitt „Auktionsfaifon“ hätte hin-
zugefügt werden können, daß in Paris Mai und
Juni die Hauptmonate find, daß dort auch die
Auktionsfaifon bisher ungefähr mit dem „Grand
Prix“ abfchloß. In Amerika, vor allem in New-
York, ift Dezember bis Februar die Hauptfaifon.
Die großen Auktionen werden in New-York
abends gewöhnlich im Ballfaal des Plaza-Hotels
abgehalten, wobei das Publikum in großer
Toilette erscheint!
1 Günther Koch, Kunftwerke und Bücher am Markte
(Äuktion Fälfchungen — Preife und was fie lehren),
Eßlingen a. N., Paul Neff Verlag (Max Schreiber) 1915.
Mit 34 Kunftbeilagen.
Zum Kapitel der Preife dürfte man hinzu-
fügen, daß es bei dem Kunftfpekulantentum, wie
es fich leider in den legten Jahren fo ftark ein-
geftellt hat, Leute gibt, die regelrecht ä la hausse
fpekulieren; als ein typifches Beifpiel dafür darf
man den bekannten Parifer „Sammler“ Pelerin
betrachten: Er begann Cezanne zu kaufen als
diefer fchon nicht mehr billig war, und kaufte
auch weiter auf den großen Auktionen, fo auf
der der Sammlung Nemes, Gemälde Cezannes
zu fehr hohen Preifen, um fo den Marktwert
diefer Bilder noch mehr zu fteigern und dem,
zweifelsohne beabßchtigten, Verkaufe feiner
großen Cezanne-Sammlung einen möglichft
günftigen Boden vorzubreiten. Man munkelte
in Paris vor dem Ausbruch des Krieges, daß die
große Cezanne-Verfteigerung Pelerins in diefem
Jahre ftattfinden follte; wie nun die Verhältniffe
liegen, dürften wohl ficher noch zwei Jahre
darüber ins Land gehen; daß fie kommen wird,
fcheint mir keinem Zweifel zu unterliegen; und
ich möchte hinzufügen, daß für viele der Bilder,
der großen und bleibenden Bedeutung Cezannes
entfprechend, Pelerin in feinen Erwartungen
wohl nicht getäufcht werden wird.
An einen allgemeinen Preisrückgang, an ein
Schwinden der Riefenpreife, wie wir fie im letzten
Jahre erlebt haben, glaube ich ebenfowenig wie
der Verfaffer. Die legten Ereigniffe im ameri-
kanifchen Kunftleben, der Verkauf von Teilen
der Morganfchen Sammlungen zu Senfations-
preifen — es werden ganz ficher auch die
anderen Teile diefer Sammlung verkauft wer-
den, und namentlich die Bronzen unerhörte Preife
bringen zeigen im Gegenteil, daß wir ficher
noch mit einem weiteren Steigen der Preife
rechnen dürfen, fehr verftändlich, da die Ameri-
kaner erft zu kaufen begonnen haben, und
das Kunftliebhabertum in Amerika immer wei-
tere Kreife zieht. Nur wird der Krieg das Gute
bringen, daß man nicht mehr für drittklaffige
Dinge erftklafpge Preife zahlen muß, wie dies
in den legten Jahren der Fall war, da aus ver-
fchiedenen Gründen wieder eine größere Anzahl
erftklafpger Werke auf dem Markt erfcheinen
werden.
Bei der „Praxis der Kunfthändler“ wäre das
Moment des Sehenlaffens der Bilder zu berück-
fiditigen. Es gibt Händler, die ihre Ware be-
reitwillig jedermann zeigen und andere, die mit
dem Sehenlaffen äußerft zurückhaltend find, da
fie die Anficht vertreten, es fchade dem Verkauf
des betreffenden Kunftwerkes, wenn die ganze
Welt davon weiß. Zu betonen ift auch, daß
fehr häupg die Riefenpreife, die Händler auf
Auktionen und fonft anlegen, fich nur dadurch
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