VON AUKTIONEN, FÄLSCHUNGEN UND ANDEREN DINGEN
erklären, daß die betreffenden Händler bei dem
betreffenden Kauf fchon einen Kunden für den
Gegenftand an der Hand haben, daß alfo diefe
Unternehmen ein ebenfo ficheres wie gutes Ge-
fchäft wie eine fabelhafte Reklame darftellen.
So erklären fich eine ganze Reihe der fenfatio-
nellen Mantegna-, Rembrandt- und Raffael-,
Porzellan- und Gobelinverkäufe der legten Jahre.
Freilich kommen zuweilen auch unerwartete Dinge
dazwifchen und es ließe fich hier manch amüfante
Änekdote erzählen.
Koch hätte auch einen anderen Punkt be-
achten und ihn des näheren erörtern dürfen:
den Umftand, daß amerikanifche Kunftliebhaber
nur zu ganz gewiffen Händlern volles Vertrauen
haben. Wie ßdi die betreffenden Händler das
Vertrauen erwerben und wie pe es feftzuhalten
verftehen, ift von ganz außerordentlichem Inter-
effe und erschließt ganze Seiten der menfchlidien
Pfychologie.
Zu dem großen Kapitel „Fälfchungen“ fei be-
merkt, daß der Handel mit Kopien nach fchon
in früherer Zeit verkauften Originalen doch eine
weit größere Rolle fpielt, daß gewiffenlofe Eigen-
tümer, die oft der belferen Gefellfchaftsfchicht
angehören, folche Kopien doch weit häufiger
als Originale an den Mann zu bringen fuchen,
wobei Dokumente eine große Rolle fpielen, die
fehr wohl authentifch fein können, anftands-
halber jedoch mit dem bereits früher verkauften
Original das Haus des betreffenden in Geldver-
legenheit geratenen Verkäufers hätten verlaßen
müffen. Damit komme ich zu einem weiteren
Punkt, der gleichfalls von Koch nicht ausgiebig
genug behandelt worden ift; zu der großen
Rolle, die das fogenannte Pedigree fpielt.
Mag ein altes Bild noch fo gut fein, fo halten
viele Käufer darauf, ganz genau zu wiffen, aus
welcher Familie es ftammt, ja noch mehr, fie
wünfchen die Gefchichte des betreffenden Kunft-
gegenftandes zu kennen von dem Tag an, da
er die Werkftatt des Künftlers verließ. Je
länger, je romantifcher dann der Stammbaum
ift, defto beffer. So erklärt es fich, daß nicht
nur gar manches Mal auf der Rückfeite alter
Bilder alle möglichen Siegel aufgedrückt werden,
fondern daß auch in mehr als einem Falle künft-
liche Stammbäume für alte Bilder konftruiert
werden. Ein mittelmäßiges Bild, das nachweis-
lich aus einer berühmten Sammlung ftammt, ift
oft Sammlern lieber und wird von ihnen unver-
hältnismäßig teurer bezahlt, als fehr gute Ge-
mälde, die keine Familiengefchichte befigen. Die
Auktion Steengracht hat in jüngfter Zeit dafür
einige ganz befonders draftifche Beifpiele ge-
liefert.
Auch auf gewiffe Ausartungen und Gefahren
der Literaturangaben in Katalogen und auch
bei einfachen Verkäufen von Händlern wäre
hinzuweiferi gewefen. Daß ein Bild bei dem
und jenem Schriftfteller erwähnt ift, in dem oder
jenem berühmten Werk aufgeführt wird, befagt
an und für pch noch gar nichts; es kommt fehr
darauf an, was im einzelnen über das Bild ge-
fagt ift. Ich greife nur ein fehr typifches Bei-
fpiel heraus: Ein Händler verkauft ein Bild als
Hobbema mit dem Hinweis, daß die betreffende
Landfchaft in dem bekannten Catalogue Rai-
sonne von Smith unter Nr. foundfoviel regiftriert
fei. Der Käufer fühlt pch natürlich zunächft nicht
veranlaßt, ein folches fo präzis gegebenes und
wichtiges Zitat nachzuprüfen, zumal da ihm ja
das Bild wirklich ein echter Hobbema zu fein
fcheint. Als er aber, faft durch einen Zufall,
dazu gebracht wird, das Zitat nachzuprüfen,
muß er zu feinem Schrecken finden, daß das
Bild wohl unter der betreffenden Nummer unter
Hobbema angeführt ift, jedoch mit dem aus-
drücklichen Zufag von Smith, daß diefes in der
bekannten Sammlung Soundfo bepndliehe Bild
nicht von Hobbema, fondern von feinem Nach-
ahmer XYZ. ftammt!
Koch weift wohl auf die Erfcheinung der
„Kunftmoden“ hin. Er geht jedoch, nament-
lich was Gemälde anlangt, zu wenig auf recht
wichtige Einzelheiten ein. So fei nur einiges
bemerkt: Koch hätte gerade in diefem Buch er-
klären müffen, wiefo es kommt, daß für Por-
träts der englifchen Schule des 18. Jahrhunderts
jegt Millionenpreife bezahlt werden, die in gar
keinem Verhältnis zu dem wirklichen Wert der
Bilder ftehen. Englifche Händlerpolitik und
amerikanifcher Snobismus reichen fich hier in
höcbft eigenartiger Weife die Hand. Hier auf
Näheres einzugehen, bleibt mir bei einer Buch-
rezenpon verfagt. Nur fei noch bemerkt, daß
bei diefen englifchen Frauenporträts der Preis
mitunter nicht unwefentlich davon abhängt, ob
die betreffende Dame einen Hut auf hat oder
nicht, und welches die Farbe des Haarbandes
ift. Es ift dies ja keine vereinzelte Erfcheinung,
denn es werden ja auch die Männerporträts von
Franz Hals mit Hut ganz anders bezahlt als die
ohne Hut.
Im einzelnen möchte ich nur noch zu Kochs Buch
bemerken, daß der Verfaffer die bekannte Sedel-
meytTfche Brofchüre über den angeblichen Rem-
brandt, „Chriftus und die Ehebrecherin“, ganz
bedeutend überfchägt; von einem „wuchtigen
Tatfachenmaterial“ kann da gar keine Reue fein.
Über diefes Bild pnd die Meinungen nach wie
vor noch recht geteilt. Koch hätte aber an diefe
Brofchüre fehr wohl ein Kapitel vom „Schrei-
benden Kunfthändler“ anfchließen können, zu
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erklären, daß die betreffenden Händler bei dem
betreffenden Kauf fchon einen Kunden für den
Gegenftand an der Hand haben, daß alfo diefe
Unternehmen ein ebenfo ficheres wie gutes Ge-
fchäft wie eine fabelhafte Reklame darftellen.
So erklären fich eine ganze Reihe der fenfatio-
nellen Mantegna-, Rembrandt- und Raffael-,
Porzellan- und Gobelinverkäufe der legten Jahre.
Freilich kommen zuweilen auch unerwartete Dinge
dazwifchen und es ließe fich hier manch amüfante
Änekdote erzählen.
Koch hätte auch einen anderen Punkt be-
achten und ihn des näheren erörtern dürfen:
den Umftand, daß amerikanifche Kunftliebhaber
nur zu ganz gewiffen Händlern volles Vertrauen
haben. Wie ßdi die betreffenden Händler das
Vertrauen erwerben und wie pe es feftzuhalten
verftehen, ift von ganz außerordentlichem Inter-
effe und erschließt ganze Seiten der menfchlidien
Pfychologie.
Zu dem großen Kapitel „Fälfchungen“ fei be-
merkt, daß der Handel mit Kopien nach fchon
in früherer Zeit verkauften Originalen doch eine
weit größere Rolle fpielt, daß gewiffenlofe Eigen-
tümer, die oft der belferen Gefellfchaftsfchicht
angehören, folche Kopien doch weit häufiger
als Originale an den Mann zu bringen fuchen,
wobei Dokumente eine große Rolle fpielen, die
fehr wohl authentifch fein können, anftands-
halber jedoch mit dem bereits früher verkauften
Original das Haus des betreffenden in Geldver-
legenheit geratenen Verkäufers hätten verlaßen
müffen. Damit komme ich zu einem weiteren
Punkt, der gleichfalls von Koch nicht ausgiebig
genug behandelt worden ift; zu der großen
Rolle, die das fogenannte Pedigree fpielt.
Mag ein altes Bild noch fo gut fein, fo halten
viele Käufer darauf, ganz genau zu wiffen, aus
welcher Familie es ftammt, ja noch mehr, fie
wünfchen die Gefchichte des betreffenden Kunft-
gegenftandes zu kennen von dem Tag an, da
er die Werkftatt des Künftlers verließ. Je
länger, je romantifcher dann der Stammbaum
ift, defto beffer. So erklärt es fich, daß nicht
nur gar manches Mal auf der Rückfeite alter
Bilder alle möglichen Siegel aufgedrückt werden,
fondern daß auch in mehr als einem Falle künft-
liche Stammbäume für alte Bilder konftruiert
werden. Ein mittelmäßiges Bild, das nachweis-
lich aus einer berühmten Sammlung ftammt, ift
oft Sammlern lieber und wird von ihnen unver-
hältnismäßig teurer bezahlt, als fehr gute Ge-
mälde, die keine Familiengefchichte befigen. Die
Auktion Steengracht hat in jüngfter Zeit dafür
einige ganz befonders draftifche Beifpiele ge-
liefert.
Auch auf gewiffe Ausartungen und Gefahren
der Literaturangaben in Katalogen und auch
bei einfachen Verkäufen von Händlern wäre
hinzuweiferi gewefen. Daß ein Bild bei dem
und jenem Schriftfteller erwähnt ift, in dem oder
jenem berühmten Werk aufgeführt wird, befagt
an und für pch noch gar nichts; es kommt fehr
darauf an, was im einzelnen über das Bild ge-
fagt ift. Ich greife nur ein fehr typifches Bei-
fpiel heraus: Ein Händler verkauft ein Bild als
Hobbema mit dem Hinweis, daß die betreffende
Landfchaft in dem bekannten Catalogue Rai-
sonne von Smith unter Nr. foundfoviel regiftriert
fei. Der Käufer fühlt pch natürlich zunächft nicht
veranlaßt, ein folches fo präzis gegebenes und
wichtiges Zitat nachzuprüfen, zumal da ihm ja
das Bild wirklich ein echter Hobbema zu fein
fcheint. Als er aber, faft durch einen Zufall,
dazu gebracht wird, das Zitat nachzuprüfen,
muß er zu feinem Schrecken finden, daß das
Bild wohl unter der betreffenden Nummer unter
Hobbema angeführt ift, jedoch mit dem aus-
drücklichen Zufag von Smith, daß diefes in der
bekannten Sammlung Soundfo bepndliehe Bild
nicht von Hobbema, fondern von feinem Nach-
ahmer XYZ. ftammt!
Koch weift wohl auf die Erfcheinung der
„Kunftmoden“ hin. Er geht jedoch, nament-
lich was Gemälde anlangt, zu wenig auf recht
wichtige Einzelheiten ein. So fei nur einiges
bemerkt: Koch hätte gerade in diefem Buch er-
klären müffen, wiefo es kommt, daß für Por-
träts der englifchen Schule des 18. Jahrhunderts
jegt Millionenpreife bezahlt werden, die in gar
keinem Verhältnis zu dem wirklichen Wert der
Bilder ftehen. Englifche Händlerpolitik und
amerikanifcher Snobismus reichen fich hier in
höcbft eigenartiger Weife die Hand. Hier auf
Näheres einzugehen, bleibt mir bei einer Buch-
rezenpon verfagt. Nur fei noch bemerkt, daß
bei diefen englifchen Frauenporträts der Preis
mitunter nicht unwefentlich davon abhängt, ob
die betreffende Dame einen Hut auf hat oder
nicht, und welches die Farbe des Haarbandes
ift. Es ift dies ja keine vereinzelte Erfcheinung,
denn es werden ja auch die Männerporträts von
Franz Hals mit Hut ganz anders bezahlt als die
ohne Hut.
Im einzelnen möchte ich nur noch zu Kochs Buch
bemerken, daß der Verfaffer die bekannte Sedel-
meytTfche Brofchüre über den angeblichen Rem-
brandt, „Chriftus und die Ehebrecherin“, ganz
bedeutend überfchägt; von einem „wuchtigen
Tatfachenmaterial“ kann da gar keine Reue fein.
Über diefes Bild pnd die Meinungen nach wie
vor noch recht geteilt. Koch hätte aber an diefe
Brofchüre fehr wohl ein Kapitel vom „Schrei-
benden Kunfthändler“ anfchließen können, zu
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