DIE FÄYENCEFÄBRIK IN JEVER
Mit 9 Abbildungen und einer Markentafel Von O. RIESEBIETER-Oldenburg
Die Gefchichte der Jeverfchen Fayencefabrik habe ich ausführlich in meinem Auffatj
„Beiträge zur Gefchichte der Fayencefabrikation in Jeverland und Oftfriesland“ in
Heft XVI der Berichte über die Tätigkeit des Oldenburgifchen Vereins für Altertums-
kunde und Landesgefchichte (Gerh. Stalling, Oldenburg) auf Grund vorhandener Akten
befchrieben und auch über die Erzeugniffe der Fabrik dafelbft berichtet. Auf Wunfch
faffe ich das Ergebnis diefer noch in einigen Punkten zu ergänzenden Darftellung
auch für einen weiteren Leferkreis zufammen.
I. GESCHICHTE
Wie im 18. Jahrhundert faft jeder kleine Staat, wollte auch Jever, das von 1667
bis 1783 eine Zerbftifche Enklave bildete, eine keramifche Fabrik haben. Hier war es
aber nicht, wie oft fonft, der Landesfürft, der folche Pläne erwog, fondern der Vorftand
der Zerbftifchen Regierung in Jever, insbefondere ihr derzeitiger Präfident v. Cappell-
mann. Das erfcheint um fo begreiflicher, als einmal auch im Fürftentum Anhalt-Zerbft
fchon feit 1721 in Zerbft eine ftaatliche Fayence-Manufaktur beftand1, fodann aber
im Lande felbft, in den Gemeinden Sillenftede und Schortens, fich die zur Fabrikation
erforderliche „Potterde“ befand.
Wie im benachbarten Oftfriesland bildete auch im Jeverland ihre Ausfuhr zu Schiff
nach Holland und insbefondere nach Delft einen Erwerbszweig für manche Einwohner.
Für die Zeit von 1633 —1696 ergeben, da das Graben von „Potterde“ als ein dem
Fürften zuftehendes Regal galt und infolgedeffen für jedes Fuder 9 Schillinge abgeführt
werden mußten, die Rentkammerauszüge hierüber die näheren Einzelheiten. Darnach
war die Ausfuhr eine fo beträchtliche, daß jedenfalls ein großer Teil der Delfter
„Plateelbakker“ zur Anfertigung der Vafen, Schüffeln, Fliefen ufw. Jeverfche oder
Oftfriefifche Tonerde mit verwandt haben muß.
Im Frühjahr 1760 erfcheint in Jever eine der bekannteren keramifchen Wander-
geftalten des 18. Jahrhunderts, der Porzellanarbeiter und Maler Friedrich Samuel
Taennich oder Toennich, wie er fich hier nannte (auch Tönnius, Tonniges, Tönnjes).
Nach einem Bericht des Regierungspräfident v. Cappellmann in Jever an feinen Fürften
war Taennich in Sachfen geboren und hatte zunächft in der Meißner und dann in der
Straßburger Fabrik gearbeitet. Wie J. Brinckmann in dem Jahresbericht 1909 des
Mufeums für Kunft und Gewerbe in Hamburg mitteilt, ift Taennich zu Ende der
fünfziger Jahre bei der unter Hannongfcher Leitung ftehenden Porzellan-Manufaktur
in Frankenthal tätig gewefen, wo er (nach feiner von Gutmann veröffentlichten Eingabe
anläßlich feiner Bewerbung vom 4. März 1774 um die Fayence-Manufaktur zu Mos-
bach) während 21/» Jahren die „Direktion über das Maler-Chor der Frankenthaler
Porzellaine Fabrique“ geführt hat, als der „Rath Hannong von Straßburg felbige“ hatte.
Auch Brinckmann vermutet, daß Taennich fchon früher bei den Hannongs in Straßburg
befchäftigt gewefen fei.
1759 erfcheint Taennich in der Kreisftadt Wittmund, als Herrfchaft gleichen Namens
zum ehemaligen Fürftentum Oftfriesland gehörig (nur 8 km von Jever entfernt). Hier
hatte fich nach Ausweis älterer Aktenverzeichniffe im königlichen Staatsarchiv zu Auridi
im Jahre 1759 der Burggraf Hammerfchmid um ein Privilegium zur Anlegung einer
1 Vgl. hierüber Stieda, „Die keramifche Induftrie im Herzogtum Anhalt während des 18. Jahr-
hunderts“ und Riefebieter, „Zerbftifche Fayencen“ im Cicerone 1910, S. 711 ff.
Der Cicerone, VII. Jahrg., Heft 23/24 33
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Mit 9 Abbildungen und einer Markentafel Von O. RIESEBIETER-Oldenburg
Die Gefchichte der Jeverfchen Fayencefabrik habe ich ausführlich in meinem Auffatj
„Beiträge zur Gefchichte der Fayencefabrikation in Jeverland und Oftfriesland“ in
Heft XVI der Berichte über die Tätigkeit des Oldenburgifchen Vereins für Altertums-
kunde und Landesgefchichte (Gerh. Stalling, Oldenburg) auf Grund vorhandener Akten
befchrieben und auch über die Erzeugniffe der Fabrik dafelbft berichtet. Auf Wunfch
faffe ich das Ergebnis diefer noch in einigen Punkten zu ergänzenden Darftellung
auch für einen weiteren Leferkreis zufammen.
I. GESCHICHTE
Wie im 18. Jahrhundert faft jeder kleine Staat, wollte auch Jever, das von 1667
bis 1783 eine Zerbftifche Enklave bildete, eine keramifche Fabrik haben. Hier war es
aber nicht, wie oft fonft, der Landesfürft, der folche Pläne erwog, fondern der Vorftand
der Zerbftifchen Regierung in Jever, insbefondere ihr derzeitiger Präfident v. Cappell-
mann. Das erfcheint um fo begreiflicher, als einmal auch im Fürftentum Anhalt-Zerbft
fchon feit 1721 in Zerbft eine ftaatliche Fayence-Manufaktur beftand1, fodann aber
im Lande felbft, in den Gemeinden Sillenftede und Schortens, fich die zur Fabrikation
erforderliche „Potterde“ befand.
Wie im benachbarten Oftfriesland bildete auch im Jeverland ihre Ausfuhr zu Schiff
nach Holland und insbefondere nach Delft einen Erwerbszweig für manche Einwohner.
Für die Zeit von 1633 —1696 ergeben, da das Graben von „Potterde“ als ein dem
Fürften zuftehendes Regal galt und infolgedeffen für jedes Fuder 9 Schillinge abgeführt
werden mußten, die Rentkammerauszüge hierüber die näheren Einzelheiten. Darnach
war die Ausfuhr eine fo beträchtliche, daß jedenfalls ein großer Teil der Delfter
„Plateelbakker“ zur Anfertigung der Vafen, Schüffeln, Fliefen ufw. Jeverfche oder
Oftfriefifche Tonerde mit verwandt haben muß.
Im Frühjahr 1760 erfcheint in Jever eine der bekannteren keramifchen Wander-
geftalten des 18. Jahrhunderts, der Porzellanarbeiter und Maler Friedrich Samuel
Taennich oder Toennich, wie er fich hier nannte (auch Tönnius, Tonniges, Tönnjes).
Nach einem Bericht des Regierungspräfident v. Cappellmann in Jever an feinen Fürften
war Taennich in Sachfen geboren und hatte zunächft in der Meißner und dann in der
Straßburger Fabrik gearbeitet. Wie J. Brinckmann in dem Jahresbericht 1909 des
Mufeums für Kunft und Gewerbe in Hamburg mitteilt, ift Taennich zu Ende der
fünfziger Jahre bei der unter Hannongfcher Leitung ftehenden Porzellan-Manufaktur
in Frankenthal tätig gewefen, wo er (nach feiner von Gutmann veröffentlichten Eingabe
anläßlich feiner Bewerbung vom 4. März 1774 um die Fayence-Manufaktur zu Mos-
bach) während 21/» Jahren die „Direktion über das Maler-Chor der Frankenthaler
Porzellaine Fabrique“ geführt hat, als der „Rath Hannong von Straßburg felbige“ hatte.
Auch Brinckmann vermutet, daß Taennich fchon früher bei den Hannongs in Straßburg
befchäftigt gewefen fei.
1759 erfcheint Taennich in der Kreisftadt Wittmund, als Herrfchaft gleichen Namens
zum ehemaligen Fürftentum Oftfriesland gehörig (nur 8 km von Jever entfernt). Hier
hatte fich nach Ausweis älterer Aktenverzeichniffe im königlichen Staatsarchiv zu Auridi
im Jahre 1759 der Burggraf Hammerfchmid um ein Privilegium zur Anlegung einer
1 Vgl. hierüber Stieda, „Die keramifche Induftrie im Herzogtum Anhalt während des 18. Jahr-
hunderts“ und Riefebieter, „Zerbftifche Fayencen“ im Cicerone 1910, S. 711 ff.
Der Cicerone, VII. Jahrg., Heft 23/24 33
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