DIE SÄMMLUNG HOOGENDIJK IM RIJKS-
MUSEUM Mit 13 Abbildungen / Von RUDOLF BANGEL
Im Jahre 1907 überließ Mr. C. Hoogendijk im Haag aus seiner reichen Sammlung von
Gemälden alter Meifter 86 Bilder aller Schulen dem Rijksmufeum in Ärnfterdam zur
leihweifen Aufhellung. Nach feinem im Jahre 1912 erfolgten Tode zogen die Erben
die Leihgabe zurück, machten aber 36 der beften Werke daraus der Galerie zum Ge-
fchenk. Die übrigen wurden mit dem Reft der Kollektion bei Frederik Müller & Co.
in Ärnfterdam verfteigert (14. Mai 1912).
Ein Teil der neuerworbenen Gemälde ift in dem Jahresbericht des Mufeums von
1912 reproduziert1 2, dabei aber nur der Name der Künftler und der Titel der Bilder
verzeichnet. In dem foeben erfchienenen Supplementheft des Galeriekataloges wurden
die Befchreibungen der Gemälde hinzugefügt. Eine kritifche Betrachtung der Sammlung,
wie fie jeßt im Rijksmufeum figuriert, ift meines Wiffens bis jeßt noch nicht erfolgt.
Dem holländifchen Publikum ift die Kollektion Hoogendijk nicht unbekannt. Ab-
gefehen von der fünfjährigen Leihausftellung im Rijksmufeum waren bereits im Jahre
1899 Teile der Sammlung in Rotterdam und im Haager Pulchri Studio zu fehen. Über
die leßte Ausftellung erfchien im „Dagblad“ vom 10. Januar 1899 eine Befprechung3 4
von fachkundiger Seite. Die dort und im Exemplar des im Mauritshuis bewahrten
Katalogs niedergelegten Meinungen von Dr. Bredius und Dr. Hofftede de Groot werden
wir bei unferen Betrachtungen jeweils heranziehen.
Das ältefte Stück wird um 1440 angefeßt und gehört der deutfchen Schule an. Es
ftellt einen Chriftus am Kreuze in bergiger Landfchaft vor. Zur Seite Maria mit den
Frauen, Johannes, fchreiende Soldaten und Schriftgelehrte. Links der hl. Kofmian,
rechts St. Damian. Der Katalog (1912, Suppl. 359a) fchreibt das Bild, nicht mit Un-
recht, der Kölner Schule zu. Zwei Fragmente aus einer Anbetung der Könige, —
die Halbfigur eines der Könige, der in der Rechten einen goldnen Kelch trägt und mit
der Linken gen Himmel weift in bergiger Landfchaft, und der Negerkönig mit feinem
Diener, der dem Herrn mit ehrerbietiger Bewegung einen Hornkelch reicht, in ähnlicher
Landfchaft3 — ftammen aus der Niederrheinifchen Schule um 1480 (Kat. 1912,
Suppl. 17b u. c). Um diefelbe Zeit entftand eine „Verkündigung“ auf Goldgrund, die
der Süddeutfchen Schule angehört (Kat. 17d). Der Engel mit Stab und Banderolle,
Gott Vater in den Wolken. Maria kniet vor einem Betftuhl. Südbayrifch um 1490
ift ein Chriftus am Kreuz mit Maria, den Frauen, Johannes, Soldaten und Schrift-
gelehrten; der Himmel vergoldet (Kat. 17 e).
In das 16. Jahrhundert treten wir mit dem reizenden „Bildnis einer vornehmen
jungen Frau“ von Bartholomäus Brugn dem Alteren (Kat. 656a, Abb. 1). Firmenich-
Richarß kannte das Bildnis weder in feinem Buche* noch in feinem Auf faß über den
Meifter im Künftlerlexikon von Thieme-Becker. (V, 154 ff.) Hoogendijk hatte es (nach
freundlicher Mitteilung von Jhr. v. Riemsdijk) bei Sedelmeger erworben. Anordnung
und koloriftifche Durchführung erinnern an ähnliche Arbeiten des Künftlers. Das
Braunfehweiger Bruftbild einer jungen Frau (Kat. 1910, Nr. 15, dat. 1539) aus der
1 Verslagen omtrent 's Rijks Verzamelingen. XXXV. 1912. Die vorliegenden Abbildungen ver-
danke ich dem Entgegenkommen des Direktors des Rijksmufeums, Jhr. B. W. F. van Riemsdijk.
2 In der Folge als „Krit. Dgbl.“ zitiert.
3 Das zweite Bild in feiner Anordnung und der eigenartigen blau in blauen Malweife mit
etwas Violett und Grün erinnerte mich an Jakob Cornelisz. van Ooftzaanens „Chriftus als Gärtner
und Maria Magdalena“ in Kaffel, das aber fpäter ift (1507).
4 Bartholomaeus Bruyn und feine Schule, Leipzig 1891. In „Beiträge z. Kunftgefch.“ N. F. XIV.
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MUSEUM Mit 13 Abbildungen / Von RUDOLF BANGEL
Im Jahre 1907 überließ Mr. C. Hoogendijk im Haag aus seiner reichen Sammlung von
Gemälden alter Meifter 86 Bilder aller Schulen dem Rijksmufeum in Ärnfterdam zur
leihweifen Aufhellung. Nach feinem im Jahre 1912 erfolgten Tode zogen die Erben
die Leihgabe zurück, machten aber 36 der beften Werke daraus der Galerie zum Ge-
fchenk. Die übrigen wurden mit dem Reft der Kollektion bei Frederik Müller & Co.
in Ärnfterdam verfteigert (14. Mai 1912).
Ein Teil der neuerworbenen Gemälde ift in dem Jahresbericht des Mufeums von
1912 reproduziert1 2, dabei aber nur der Name der Künftler und der Titel der Bilder
verzeichnet. In dem foeben erfchienenen Supplementheft des Galeriekataloges wurden
die Befchreibungen der Gemälde hinzugefügt. Eine kritifche Betrachtung der Sammlung,
wie fie jeßt im Rijksmufeum figuriert, ift meines Wiffens bis jeßt noch nicht erfolgt.
Dem holländifchen Publikum ift die Kollektion Hoogendijk nicht unbekannt. Ab-
gefehen von der fünfjährigen Leihausftellung im Rijksmufeum waren bereits im Jahre
1899 Teile der Sammlung in Rotterdam und im Haager Pulchri Studio zu fehen. Über
die leßte Ausftellung erfchien im „Dagblad“ vom 10. Januar 1899 eine Befprechung3 4
von fachkundiger Seite. Die dort und im Exemplar des im Mauritshuis bewahrten
Katalogs niedergelegten Meinungen von Dr. Bredius und Dr. Hofftede de Groot werden
wir bei unferen Betrachtungen jeweils heranziehen.
Das ältefte Stück wird um 1440 angefeßt und gehört der deutfchen Schule an. Es
ftellt einen Chriftus am Kreuze in bergiger Landfchaft vor. Zur Seite Maria mit den
Frauen, Johannes, fchreiende Soldaten und Schriftgelehrte. Links der hl. Kofmian,
rechts St. Damian. Der Katalog (1912, Suppl. 359a) fchreibt das Bild, nicht mit Un-
recht, der Kölner Schule zu. Zwei Fragmente aus einer Anbetung der Könige, —
die Halbfigur eines der Könige, der in der Rechten einen goldnen Kelch trägt und mit
der Linken gen Himmel weift in bergiger Landfchaft, und der Negerkönig mit feinem
Diener, der dem Herrn mit ehrerbietiger Bewegung einen Hornkelch reicht, in ähnlicher
Landfchaft3 — ftammen aus der Niederrheinifchen Schule um 1480 (Kat. 1912,
Suppl. 17b u. c). Um diefelbe Zeit entftand eine „Verkündigung“ auf Goldgrund, die
der Süddeutfchen Schule angehört (Kat. 17d). Der Engel mit Stab und Banderolle,
Gott Vater in den Wolken. Maria kniet vor einem Betftuhl. Südbayrifch um 1490
ift ein Chriftus am Kreuz mit Maria, den Frauen, Johannes, Soldaten und Schrift-
gelehrten; der Himmel vergoldet (Kat. 17 e).
In das 16. Jahrhundert treten wir mit dem reizenden „Bildnis einer vornehmen
jungen Frau“ von Bartholomäus Brugn dem Alteren (Kat. 656a, Abb. 1). Firmenich-
Richarß kannte das Bildnis weder in feinem Buche* noch in feinem Auf faß über den
Meifter im Künftlerlexikon von Thieme-Becker. (V, 154 ff.) Hoogendijk hatte es (nach
freundlicher Mitteilung von Jhr. v. Riemsdijk) bei Sedelmeger erworben. Anordnung
und koloriftifche Durchführung erinnern an ähnliche Arbeiten des Künftlers. Das
Braunfehweiger Bruftbild einer jungen Frau (Kat. 1910, Nr. 15, dat. 1539) aus der
1 Verslagen omtrent 's Rijks Verzamelingen. XXXV. 1912. Die vorliegenden Abbildungen ver-
danke ich dem Entgegenkommen des Direktors des Rijksmufeums, Jhr. B. W. F. van Riemsdijk.
2 In der Folge als „Krit. Dgbl.“ zitiert.
3 Das zweite Bild in feiner Anordnung und der eigenartigen blau in blauen Malweife mit
etwas Violett und Grün erinnerte mich an Jakob Cornelisz. van Ooftzaanens „Chriftus als Gärtner
und Maria Magdalena“ in Kaffel, das aber fpäter ift (1507).
4 Bartholomaeus Bruyn und feine Schule, Leipzig 1891. In „Beiträge z. Kunftgefch.“ N. F. XIV.
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